Syltwind. Sibylle Narberhaus
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Читать онлайн книгу Syltwind - Sibylle Narberhaus страница 8
»Der Tote war übrigens Raucher, doch das ist in diesem Fall unerheblich. Genickbruch ist eindeutig die Todesursache. Jemand muss mit brachialer Gewalt gehandelt haben. Das Opfer muss sich gewehrt haben, denn ich habe erhebliche Abwehrmerkmale an dessen Oberkörper und außerdem Würgemale entdeckt sowie winzige Mengen von Fremd-DNA unter den Fingernägeln. Sie stammen vermutlich vom Täter. Der Tote hat nicht allzu lange im Wasser gelegen, denn die Nägel haben noch nicht begonnen, sich abzulösen.«
Uwe hielt mitten im Kauen inne, verzog angewidert das Gesicht und legte den angebissenen Schokoriegel beiseite. Angesichts dieser Vorstellung war ihm der Appetit gründlich vergangen.
»Dann könnte es im Vorfeld zu einem Streit gekommen sein, der anschließend in einer handgreiflichen Auseinandersetzung endete, in dessen Verlauf wiederum der tödliche Genickbruch erfolgte«, versuchte Nick, den Tathergang zu rekonstruieren.
»So könnte es gewesen sein, jedenfalls klingt es plausibel, wenn man die Verletzungen betrachtet«, stimmte Dr. Luhrmaier Nicks Theorie zu.
»Können Sie uns nähere Angaben zum Todeszeitpunkt geben?«, wollte Uwe wissen.
Dr. Luhrmaier antwortete nicht sofort, stattdessen konnte man im Hintergrund deutlich das Rascheln von Papier hören. »Meinen Untersuchungen zufolge ist der Tod in der Frühe eingetreten, ungefähr gegen fünf Uhr morgens. 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht. Ansonsten finden Sie alles ausführlich beschrieben in meinem Bericht, der Ihnen vorliegt. Wenn Sie für den Moment keine dringenden Fragen haben, würde ich unser Gespräch an dieser Stelle gern beenden. Ich muss gleich in die Klinik.«
»Oh, ich hoffe, Sie sind nicht erkrankt?«, bemerkte Uwe.
»Ich?« Dr. Luhrmaier gab einen kurzen Lacher von sich. »Nein. Ich muss ein Gutachten zu einem angeblichen Arbeitsunfall anfertigen.«
»Angeblich?«
»Richtig gehört, Herr Wilmsen. Die Verletzungen des Opfers stimmen nicht mit seiner Aussage überein.«
»Vermutlich will er die vereinbarte Versicherungssumme kassieren«, warf Nick ein.
»Möglich, in diesem Punkt sind die Leute erschreckend erfinderisch, daher ist an dieser Stelle meine Expertise gefragt. Im Übrigen habe ich nicht ausschließlich mit Toten zu tun, wenn Sie das bislang angenommen haben sollten. Zu meiner Klientel gehören sowohl die Lebenden als auch die Toten. Das bringt Abwechslung in den Alltag!« Ein erneuter Lacher entsprang seiner Kehle. »Nun dann. Viel Erfolg bei der Verbrecherjagd, die Herren!« Ehe die beiden Beamten etwas erwidern konnten, hatte Dr. Luhrmaier das Gespräch für beendet erklärt und aufgelegt.
»Was war denn mit unserem Doktor heute los?«, fragte Uwe verdutzt.
»Du kennst ihn doch, manchmal ist er eben etwas seltsam.«
»Etwas? Mir geht seine Besserwisserei auf die Nerven.« Uwe zog eine Grimasse und stopfte sich anschließend vor lauter Frust den Rest seines Schokoriegels in den Mund, den er mit einem Schluck Kaffee hinunterspülte.
»Wenden wir uns lieber unserem Fall zu.«
»Gute Idee. Was wissen wir bislang über das Opfer?«
»Der Mann heißt Richard Münkel, ist 47 Jahre alt, lebte in einer kleinen Wohnung zur Miete am Rande von Westerland. Vor ungefähr vier Monaten hat er sich arbeitslos gemeldet«, zählte Nick mit Blick auf seine Notizen die Fakten der Reihe nach auf.
»Familienstand?«, unterbrach ihn Uwe. »Vielleicht stammt der Täter aus dem familiären Umfeld?«
»Ich war noch nicht fertig. Münkel ist ledig und hat keine Kinder, die Eltern sind beide vor Jahren verstorben. Eine Lebensgefährtin oder -gefährten konnte ich ebenfalls nicht ausfindig machen. Keine Vorstrafen. Das ist alles, was sich in der Kürze der Zeit zusammentragen ließ.«
»Gut, gut«, grummelte Uwe vor sich hin und spielte gedankenverloren mit einem Kugelschreiber in seiner Hand. »Wovon hat er zuletzt gelebt? Gibt es Informationen zu seinem Job oder letzten Beschäftigungsverhältnis?«
»Und ob! Da kommst du nie drauf!«
»Nun lass die Ratespielchen, Nick, und komm auf den Punkt!«
»Er hat eine Ausbildung zum Butler absolviert.«
»Wie bitte?«
»Du hast richtig gehört, Richard Münkel ist von Beruf Butler, beziehungsweise er war es.«
»Das hätte ich in der Tat nicht erwartet. Ist dieser Beruf nicht längst aus der Mode gekommen?«, fragte Uwe, dem die Überraschung ins Gesicht geschrieben stand.
»Im Gegenteil. Butler sind momentan im Kommen, besonders in Nobelhotels und gut situierten Privathaushalten.«
»Echt? Ich weiß ja nicht«, erwiderte Uwe mit skeptischer Miene. »Ich mache mir meinen Kaffee lieber selbst.«
»Ich bezweifle, dass du dir von deinen Bezügen überhaupt einen Hausangestellten leisten könntest«, bemerkte Nick amüsiert. Dann wurde er ernster. »Zuletzt war Münkel bei einem Ehepaar in Kampen beschäftigt, sie heißen Insa und Gunnar Schröder.«
»Gunnar Schröder? Irgendwo habe ich den Namen schon einmal gehört. Ist gar nicht lange her. Das fällt mir sicherlich noch ein«, grübelte Uwe angestrengt.
»Im Zuge der Wohnungsdurchsuchung gestern Nachmittag haben wir einige der Nachbarn gesprochen. Allerdings ist dabei nichts Verwertbares herausgekommen. Niemand konnte nähere Angaben zu Münkel machen. Offenbar war er an einem nachbarlichen Austausch nicht sonderlich interessiert und hat sehr zurückgezogen gelebt. Besuch gab es nach Aussage einer aufmerksamen Nachbarin ebenfalls nicht, weder männlichen noch weiblichen«, setzte Nick nach und erntete ein Stirnrunzeln seines Kollegen.
»Klingt nach dem traurigen Leben eines Einsiedlerkrebses.«
»Die Fingerspuren, die die Kollegen gefunden haben, unterstreichen diese Annahme, denn außer seinen eigenen wurde keine Fremd-DNA gefunden. Allerdings waren die Kollegen überrascht, wie penibel aufgeräumt und sauber die Wohnung war. Der Mann hatte einen ausgeprägten Sinn für Sauberkeit und Ordnung.«
»Das ist vermutlich eine Grundvoraussetzung für seinen Job. Oder nimmst du an, jemand hat nach seinem Tod versucht, Spuren zu beseitigen, indem er Großreinemacht?«
Nick schüttelte den Kopf. »Nein. Irgendwelche Spuren hinterlässt jeder, da kann er noch so gründlich vorgehen, sei es bloß ein einzelnes Haar oder winzige Faserspuren der Kleidung. In solch einem Fall hätte die Spurensicherung etwas finden müssen. Zudem wurde nicht eingebrochen, da nichts entwendet oder durchwühlt wurde. Jedenfalls der Laptop und ein paar kleinere Wertgegenstände waren an ihrem Platz. Den Laptop haben die Kollegen übrigens mitgenommen. Mal sehen, ob sich darauf ein Hinweis auf den Täter finden lässt.« Nicks Telefon klingelte. Er sah kurz auf das Display und nahm das Gespräch an.
»Wer war das?«, drängelte Uwe, nachdem Nick aufgelegt hatte.
»Ich hatte die Kollegen gebeten, Münkels Vermögensverhältnisse zu durchleuchten. Dabei haben sie ein weiteres Mal seine Wohnung aufgesucht.«
»Und? Ist etwas Bahnbrechendes dabei herausgekommen?«, wollte