Schattenklamm. Mia C. Brunner

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Schattenklamm - Mia C. Brunner

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Tatort gefunden. Vielleicht erfahren die anderen später mehr.« Mit den »anderen« meinte er seine jüngere Tochter Susanne und seine Frau. Auch Jessica brannte bereits gespannt darauf, mehr zu erfahren. Vielleicht war dieser Hauptkommissar Forster bei ihrer Schwester etwas zugänglicher und rückte endlich mit mehr Informationen heraus. Gestern noch hatte sich Jessica ganz fürchterlich über diesen arroganten Schnösel von Kriminalbeamten geärgert. Der glaubte doch tatsächlich, er wäre etwas Besseres und er könne sie behandeln, wie es ihm beliebte. Doch jetzt schmunzelte sie beinahe über dieses steinzeitlich männliche Verhalten ihres Allgäuer Kollegen. Immerhin hatte er mit seiner überheblichen Art genau das erreicht, was er erreichen wollte, und dabei nur die nötigsten Informationen preisgegeben. Er war zwar unausstehlich, aber scheinbar wirklich ein Profi.

      Dem geballten mädchenhaft schüchternen Charme ihrer Schwester allerdings würde er kaum etwas entgegenzusetzen haben. Soweit sich Jessica erinnerte, gelang es ihrer Schwester bisher immer mühelos, jeden Mann in ihren Bann zu ziehen, um den Finger zu wickeln und schließlich mit dieser komplett gegensätzlichen Vorgehensweise genau wie Florian Forster alle Informationen zu bekommen, die sie haben wollte.

      »Susi macht das schon«, bestimmte Jessica schließlich und zwinkerte ihrem Vater wissend zu. Herbert Grothe brach in schallendes Gelächter aus.

      Während der wenigen letzten Tage des Besuches ihrer Eltern war der Mordfall immer noch Hauptgesprächsthema und wurde erst ad acta gelegt, als Elfriede Grothe wütend mit der Faust auf den Tisch schlug und verkündete, dass sie von dieser Sache jetzt wirklich genug hätte. Natürlich schlug sie nur verbal und auch das sehr gesittet, denn Elfriede Grothe widerstrebte jede Art von Kontrollverlust gänzlich, sodass lediglich ihre Augen sich zu schmalen Schlitzen verengten und ihre Worte streng, aber gewählt und bedächtig klangen. Und Jessicas Mutter hatte recht. Weitere Ermittlungen hatten ergeben, dass im Handy des Mordopfers die Rufnummernunterdrückung eingeschaltet war und niemals vom Festnetzanschluss der Familie Reuter ein Gespräch zu diesem Mobiltelefon getätigt wurde. Es gab also offensichtlich keine Verbindung ihrer Familie zu diesem armen Herrn Vollmer.

      Wie Jessica bereits vermutet hatte, war ihre Schwester Susanne nach ihrem Termin im Polizeirevier mit einigen neuen Erkenntnissen zur Sachlage nach Hause gekommen und hatte gänzlich Freude daran gehabt, Jessica und ihren Vater mit den neuen Informationen zu füttern.

      Klaus Vollmer war demnach auf dem Weg von seiner Arbeitsstelle nach Hause gewesen. Er hatte also im Baumarkt gearbeitet, war scheinbar nicht sonderlich reich gewesen und hinterließ eine Frau und drei kleine Kinder. Einen wirklichen Grund für die Tat konnten die Beamten bisher noch nicht ausmachen. Sie vermuteten eine Eifersuchtstat, doch seine Frau hatte ein Alibi und es gab auch keine Hinweise auf eine mögliche Geliebte. Geldsorgen waren bei dieser Familie das einzig erkennbare Problem und schlossen somit auch Mord aus Habgier und einen Raubüberfall aus. Trotz der Redseligkeit des Kommissars bekam Susanne leider keine Auskünfte über mögliche Spuren am Tatort oder Informationen über den Freundes- und Bekanntenkreis des Opfers, wie sie bedauernd, doch schelmisch grinsend ihren wissenshungrigen Angehörigen mitteilte. Susanne hatte, wie nicht anders erwartet, einen hervorragenden Job gemacht, als sie all diese Informationen mit wenigen charmanten Augenaufschlägen dem Hauptkommissar aus den Rippen geleiert hatte.

      Schließlich reisten ihre Eltern nach zehn Tagen wieder ab und im Reihenhaus Grothe kehrte der Alltagstrott zurück.

      Susanne arbeitete wieder vormittags in der Kanzlei, die Kinder besuchten Schule und Kindergarten und Jessica verbrachte ihre Abende in der Kneipe und bediente mehr oder weniger betrunkene und mehr oder weniger sympathische Menschen, wobei das eine nicht unbedingt etwas mit dem anderen zu tun hatte.

      Der Mordfall Vollmer geriet mehr und mehr in Vergessenheit und auch die regionale Presse verlor merklich das Interesse an diesem Verbrechen. Die anfänglich dramatischen Schlagzeilen wurden abgelöst von banalen Alltagsinformationen über bevorstehende Herbstbasare oder die Rede des Bürgermeisters zur Einweihung des neuen Gemeindezentrums.

      In Kempten kehrte wieder Ruhe ein.

      So richtig wohl fühlte sich Martin hier auf dem Bauernhof nicht. Seine Kollegin Renate hatte ihm die kleine Ferienwohnung auf dem Hof ihrer Schwiegereltern günstig vermittelt und er selbst hatte das Gefühl, er müsste unbedingt mal raus, unbedingt einmal weit weg von Hamburg Urlaub machen, so dass er dankbar das Angebot annahm. Jetzt allerdings bereute er diese Entscheidung. Die beiden älteren Verwandten von Renate belegten ihn fortwährend mit Beschlag und scheuchten ihn auf dem Hof herum, als wäre er ihr Angestellter. Vermutlich dachten sie, wenn er schon so günstig wohnte, könne er ein wenig bei der Hofarbeit helfen, um die Unmengen an Nebenkosten, die er durch seine Anwesenheit verursachte, abzuarbeiten. Das Frühstück allerdings war gut, deftig und mehr als ausreichend. Er köpfte sein Frühstücksei, das auf den Punkt genau richtig gekocht war und hervorragend schmeckte, und streute etwas Salz darauf.

      Das Treffen mit Jessica vor ein paar Tagen war nett, aber mehr als unbefriedigend. Er hatte sich erhofft, ihr jetzt auf neuem Terrain etwas näher zu sein als in Hamburg unter den Augen der Familie und der Freunde, doch nach all dieser Zeit, die inzwischen verstrichen war, hatte er beinahe das Gefühl, sie wären sich fremd. Und Jessica war schön wie eh und je, hatte sich in den paar Monaten überhaupt nicht verändert, war sogar irgendwie ausgeglichener und entspannter. Der Umzug hatte den beiden Schwestern vermutlich sehr gutgetan.

      Martin hatte bei seinem Treffen mit Jessica nicht erwähnt, dass er bereits seit zwei Tagen in Kempten war, bevor er sich traute, überhaupt bei ihr anzurufen. Sie sollte nicht wissen, wie sehr das schlechte Gewissen ihn plagte, wie sehr er immer noch unter dem Verlust des besten Freundes litt, und auf gar keinen Fall wollte er Susanne begegnen. Er hätte nicht gewusst, was er ihr sagen sollte. Sie hatte es schließlich am Allerschlimmsten getroffen. Sie hatte nicht nur ihren besten Freund, sondern auch ihren Partner und den Vater ihrer Kinder verloren. Es gab nichts, was er ihr Tröstendes hätte sagen können.

      Er trank seinen Kaffee und die Milch aus, griff nach dem duftenden Brot mit leckerer hausgemachter Butter darauf und schob es sich in den Mund. Dann stand er auf und verließ den kleinen Frühstücksraum durch die Terrassentür nach draußen. Die klare frische Bergluft und der herrliche Blick ins Tal entschädigten ihn etwas für diese Reise, die nicht das gebracht hatte, was er sich erwünschte. Jessica war immer noch nicht seine Freundin.

      Tief über die Akten gebeugt studierte Hauptkommissar Forster zum wiederholten Male die Untersuchungsergebnisse, die bislang vorlagen. Der Mordfall Vollmer entpuppte sich als ein schwieriger, undurchsichtiger Fall, der unheimlich nervte, weil es eben kaum voranging. Das Opfer schien völlig grundlos gestorben zu sein und absolut nichts, nicht einmal ein undeutlicher Fußabdruck deutete auf den Täter hin. Die Mordwaffe war nach wie vor unauffindbar, lediglich die Patronenhülse und die Kugel selbst waren sichergestellt worden, ließen aber auch keine näheren Vermutungen zu. Klaus Vollmer war mit einer einzigen Kugel im Rücken niedergestreckt worden, aus welchem Grund wusste niemand.

      Jetzt, gute 14 Tage nach dem Mord, war es sehr unwahrscheinlich, den Mörder noch zu finden, doch Florian Forster wollte auf gar keinen Fall aufgeben. Gerade scheinbar unlösbare Fälle weckten sein kriminalistisches Interesse, ließen ihn fast fanatisch immer intensiver nach möglichen Motiven suchen und brachten ihm im Kreis seiner Kollegen den Spitznamen »Kampfterrier« ein, weil er sich in solche Fälle regelrecht verbiss und niemals aufgab.

      Tief in Gedanken griff er nach seinem Kaffeebecher und nahm einen Schluck eiskalten Kaffee. Angewidert verzog er das Gesicht und stellte die Tasse zurück auf das einzig freie Plätzchen auf seinem überfüllten Schreibtisch. Aktenordner, Briefe, lose Zettel, seine Dienstmütze, diverse Stifte, Kaugummipackungen und ein Blumentopf mit einem komplett vertrockneten schrumpeligen Kaktus waren neben seinem Bildschirm und der Tastatur mehr oder weniger geordnet über seinen ganzen Schreibtisch verteilt. Hier im ersten Stock der Dienststelle war so gut wie kein Kundenverkehr und unumgängliche Verhöre wurden sowieso im

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