Mord bei den Festspielen. Sibylle Luise Binder

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Mord bei den Festspielen - Sibylle Luise Binder

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Komödie«. Darin geht es um einen reichen Mann, an dessen Sterbebett sich die Verwandtschaft um das Erbe balgt.

      Kapitel 3:

      Oh mein prophetisches Gemüt

      Lindau am Bodensee,

      14. und 15. Juli 2018

      Bei aller Liebe zu meinem Lucas: Miteinander leben und arbeiten funktioniert bei uns nur, wenn wir einander Luft und Zeit zum Alleinsein lassen. Üblicherweise ist es Lucas, der sich zu langen, einsamen Spaziergängen verzieht, aber an diesem Samstag habe ich zu viel bekommen.

      Wir waren mit Mischas Assistenten Christopher, Riikka, die in unserer Produktion die Eboli sang, und ihrem jeweiligen Wochenendbesuch – Riikkas Ehemann Arne und Christophers Freundin Claire – bei einem netten, kleinen Italiener gewesen. Und weil es so ein schöner warmer Sommerabend war, haben wir uns auf dem Rückweg wieder in das Straßencafé gesetzt, in dem ich nach der Probe Mischa und Lucas getroffen hatte.

      Damit saßen wir aber auf dem Präsentierteller. Zuerst war’s nicht unangenehm. Mischa kam vorbei, seine neue Eroberung an der Hand. Sie war – wie bei Mischa nicht anders zu erwarten – eine Hübsche, obendrauf hatte sie sogar etwas im Kopf und war so etwas wie eine Kollegin von mir. Isabell arbeitete als Kulturredakteurin beim »Bodensee Boten«. Mischa setzte sich mit ihr zu uns, wir waren schnell in einer fröhlichen Unterhaltung, zu der dann auch noch Rocco, Bass und unser König Philipp, stießen.

      Ein paar Minuten danach tauchte die Familie Miercoledi auf: Vater, Mutter, beide Töchter. Und die setzten sich natürlich auch dazu und damit wurde es laut und anstrengend. Ich hatte schon nach einer halben Stunde genug und sehnte mich nach Ruhe. Stattdessen bliesen mir von links Giulia und von rechts Rocco ins Ohr, dabei hatte ich Riikka im Blick, die Miercoledi mit finsterer Miene beobachtete.

      Nach einer halben Stunde hatte Lucas Erbarmen mit mir. Er stand abrupt auf. »Kinder, seid mir nicht bös’, aber ich bin hundemüde. Ich muss ins Bett.« Er streckte mir die Hand hin. »Kommst du mit, Vic?«

      Als wir im Hotel ankamen, hatte ich Kopfweh – und leider war’s in unserem Zimmer nicht so still, wie ich mir gewünscht hätte. Lucas telefonierte, wie meist am Wochenende, mit seiner Tochter. Ich schnappte mir meine Fleecejacke und verzog mich nach unten. Zu unserem Hotel gehörte nämlich ein sehr gepflegter Park mit altem Baumbestand und lauschigen Bänkchen.

      Ich wanderte an einem prachtvoll blühenden Rosenbeet vorbei ein Stück nach unten und an den See. Eine Entenflottille – Mama und sieben Küken – paddelte an mir vorbei und ich ertappte mich bei der Überlegung, wie man als Entenmutter wohl seine Kinderchen ins Bett brachte. Hatte die Familie irgendwo ein Nest, in dem die Siebenlinge aneinander gekuschelt schlafen konnten?

      Leise Musik drang zu mir herüber – draußen war ein bunt erleuchteter Partydampfer unterwegs, ungefähr 25 Meter entfernt lag eine große Jacht, bei der ein Segel schlampig am Hauptmast gammelte. Ich setzte mich auf das Bänkchen unter eine Trauerweide, schnupperte dem süßen Duft der Rosen nach, die der leichte Wind zu mir trug, und genoss die Ruhe, die der See ausstrahlte. Mein Kopfweh verflüchtigte sich langsam wieder, dafür wurde ich müde, hatte aber dennoch keine Lust, nach oben zu gehen.

      Immerhin konnte ich mich aber dazu überreden, aufzustehen und noch ein Stück zu gehen – dieses Mal Richtung Parkmauer, denn mittlerweile war der Wind kühl geworden und ich fröstelte. An der Parkmauer war es besser. Die Sonne hatte sie aufgewärmt, außerdem schützte sie ein wenig vor dem seewärts gerichteten Wind. Und da war eine Nische in der hohen, alten Hecke und darin stand ein Bänkchen. Ich setzte mich, legte die Arme auf die Lehne und streckte die Beine.

      Ich weiß gar nicht, wie lange ich dasaß, bis ich Schritte auf dem gekiesten Weg hörte. Ich hob den Kopf, schaute mich um und sah im Mondlicht eine schmale Gestalt, die aus der hinteren Ecke des Parks kam und nun Richtung Hotel einbog.

      Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Der andere Parkbesucher – er war ganz in Schwarz und trug eine weite Jacke, sodass ich nicht erkennen konnte, ob es sich dabei um ein Männchen oder Weibchen handelte – hatte einen Strauß in der Hand, blieb aber dennoch vor dem Rosenbeet stehen und guckte nach links und rechts. Mich in meiner Nische sah er dabei nicht und so glaubte »er-sie-es« sich wohl allein. Jedenfalls brach er eine Rose ab – und ich fand den Gedanken, dass das ein Junge war, der für seine Freundin Blümchen klaute, durchaus romantisch.

      *

      Sonntagmorgen – und mir wäre nach ausschlafen, ein wenig schmusen und einem langen, gemütlichen Frühstück auf unserem Balkon mit Seeblick gewesen. Doch dazu kam es nicht, denn ich durfte nicht von selbst aufwachen, sondern wurde durch einen ohrenbetäubenden, schrillen Schrei geweckt. Ich fuhr hoch, schaute erst auf die Uhr – es war kurz vor neun – und dann zu Lucas, der hochgefahren war und aufrecht im Bett saß.

      »Was war das denn?«, fragte ich.

      Lucas zuckte mit den Achseln und deutete mit dem Daumen über die Schulter auf die Wand, die uns von der Nachbarsuite trennte.

      Der Schrei war verstummt, doch die Ruhe währte nur einen Augenblick. Dann ging es wieder los – und es schien noch lauter zu sein als vorher. Lucas und ich sprangen aus dem Bett, ich rannte ins Bad, um mir meinen Bademantel überzuwerfen, er schlüpfte in seine Jeans und Wildlederslipper. Auf dem Weg zur Tür zog er sein Hemd an, kam aber nicht dazu, es ganz zuzuknöpfen, weil er schon an der ersten Tür zur Miercoledi-Suite war. Von innen ertönte Heulen – offenkundig mehrstimmig und in der Lautstärke einer Alarmsirene. Lucas’ Klopfen und Rufen ging in dem Lärm von innen fast unter, aber dann rührte sich doch etwas: Mafalda Miercoledi öffnete die Tür. Sie trug nur ihr Nachthemd, wobei das Wort eine eindeutig zu profane Beschreibung für das edle Stück aus champagnerfarbener Seide mit Spitze war. Dazu hatte sie ihr langes, dunkles Haar zu einem dicken Zopf geflochten. Ihr schmales Gesicht mit den vollen Lippen schien weiß wie die Wand hinter ihr, wodurch ihre sonst sorgfältig überschminkten Sommersprossen noch mehr herausstachen.

      Mit einem Aufschrei warf sie sich Lucas in die Arme. »Zio Lucaso!« Es folgte ein italienischer Wortschwall – viel zu schnell, als dass ich mit meinem VHS-Italienisch etwas hätte verstehen können.

      Nun stürzten sich auch ihre Mutter und Schwester auf Lucas, wobei sie wild durcheinanderredeten. Ich verstand immer noch kein Wort, aber mir fiel ein, dass Marietta und Mafalda Miercoledi Lucas schon gekannt hatten, als sie beide noch Windeln trugen. Bei seinen privaten Fotos hatte ich einmal eine ganze Sammlung gefunden, die ihn beim Spielen mit den Miercoledi-Töchtern zeigte, außerdem hatte er mir erzählt, dass er oft für sie gezeichnet und Geschichten vorgelesen hatte. Ihre Eltern hätten doch meist keine Zeit für sie gehabt.

      Lucas schaffte es nun, die reichlich hysterischen Grazien in den Salon der Suite zu manövrieren und die Tür zu schließen. Ich war einfach hinterhergedackelt, lehnte an einem Seitentisch und fühlte mich deplatziert, denn ich hatte immer noch keine Ahnung, worum es bei dem ganzen Aufstand ging. Also ließ ich die Augen schweifen und schielte durch die offene Zimmertür gegenüber. Im Raum dahinter sah es aus wie auf einem Bombenabwurf-Übungsplatz: Vor einem ungemachten Bett schien sich ein Koffer erbrochen zu haben und hatte seinen Inhalt – Blusen, Shirts und Röcke, Hosen und High Heels, vieles davon im Leo-Design, was mich vermuten ließ, dass Giulia die Räuberhöhle bewohnte – auf dem Boden verstreut.

      Der Schreibtisch seitlich diente offenkundig als Schminktisch und die Kollektion an Tiegeln und Töpfen darauf erinnerte mich an den Arbeitsplatz einer Maskenbildnerin,

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