MAGNETSTURM. T. H. Isaak

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MAGNETSTURM - T. H. Isaak

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stehend.

      Marangos öffnet und schliesst ein paar Male schmatzend den Mund. Livanou bemerkt dies und tritt näher an ihn heran. Sie nimmt die Schnabeltasse zur Hand, die auf dem Nachttisch steht, und führt sie an seinen Mund. Er richtet sich langsam auf.

      «Ihr Mund ist trocken. Hier, bitte, trinken Sie.»

      Der Pilot nimmt ein paar kleine Schlucke, legt sich vorsichtig wieder hin und nickt dankend. Dann spricht er weiter.

      «Plötzlich Totalausfall der Instrumente. Komplette Dunkelheit. Die Maschine bockt. Wie ein Bulle beim Rodeo. Pitch Oscillations. Ein denkbar ungünstiger Moment für solche Kapriolen. Mein Copilot war soeben aufgestanden, um auszutreten.» Konsterniert schüttelt er den Kopf und seufzt. «Dann plötzlich: Die Elektronik setzt wieder ein. Ich weiss auch nicht warum und wie. Plötzlich ist alles wieder da. Ich erkundige mich über die Bordfunkanlage, ob in der Kabine alles in Ordnung sei, erhalte aber keine Antwort. Ich will aufstehen, um nach dem Rechten zu schauen, als erneut alles dunkel wird. Wie bei einem Blitzschlag! Erneut Totalausfall …»

      «Blitzschlag?», hakt Pavlides nach, «wurde Ihre Maschine denn von einem Blitz getroffen?»

      «Nein», antwortet Marangos, «woher denn? Das Wetter war perfekt. Einige Quellwolken, aber keine Gewitterfront weit und breit.»

      «Und dann?» will Traianos wissen.

      «Spirale. Zwischendurch ein elektrisches Aufzucken einiger Instrumente. Und wieder tot. Schreie in der Kabine. Poltern. Die Maschine geht in einen Parabelflug über. G-Kräfte, Ziehen. Meine Arme und Beine waren bleischwer. Ich hatte Mühe meinen Kopf gerade zu halten. Drückte wie ein Besessener meinen Hals zusammen. Nahm dazu meinen Kopf zwischen die Schultern. Versuchte die Maschine zu stabilisieren. Vielleicht war ich zwischendurch auch mal bewusstlos. Ich erinnere mich nicht mehr. Jedenfalls kam mir die Zeit, in der ich darum kämpfte, das Flugzeug zu stabilisieren, wie eine Ewigkeit vor.»

      Pause. Nachdenken.

      «Dann kam der Moment, wo ich dachte, es sei aus. Alle Instrumente blieben stumm. Was auch immer ich an Notfallprozeduren vollführte, sie blieben alle wirkungslos. Es war schrecklich. Nicht aufhören, Sakis, sagte ich mir. Nicht aufhören! Denk an deine Familie! Tu etwas! Und plötzlich, als ob mich der Herr erhört hätte, flackerte es auf der Konsole und die Elektronik war wieder da. Die Turbinen auch. Schub! Sie spüren das, wie beim Anfahren mit dem Auto. Auch die Hydraulik. Alles wieder da! Ein Wunder! Mein Blick fiel auf das Altimeter, die vertikale Geschwindigkeit und den künstlichen Horizont. Und da wusste ich sofort, was ich zu tun hatte …»

      «Sie haben wahrlich eine bravouröse Handlung vollführt, Herr Marangos», sagt Traianos und tätschelt, emotional bewegt von diesen Schilderungen, den Vorderarm des Piloten. Dieser schweigt jetzt. Atmet langsam.

      «Wissen Sie, wieso das Flugzeug so verrückt gespielt hat?» will Pavlides wissen.

      «Keinen blassen Schimmer. So etwas ist mir in meiner ganzen fliegerischen Karriere noch nie passiert. Nicht mit der Phantom, nicht mit der Mirage und auch nicht mit der Falcon.»

      Ein erfahrener Pilot offenbar, der mit fast allen Modellen der Luftwaffe geflogen zu sein scheint.

      «Und dann? Was geschah danach?»

      «Etwa zweitausend Fuss über dem Wasser konnte ich die Kiste abfangen.» Er schüttelt abermals den Kopf. Greift selbständig nach dem Becher. Nimmt noch einen Schluck.

      «Zuerst musste ich mich orientieren. Ich bemerkte, dass ich einen Kurs nach Süd-Südost flog. Ein paar Sekunden später ging dann plötzlich die Tür zur Kabine auf und der Sicherheitsoffizier schaute ins Cockpit herein. Sie wissen schon, Kranidakis’ Leibwächter. Blass und mit schmerzverzerrtem Gesicht. ‚Flieg nach Hause’, sagte er, flieg einfach nach Hause!’ Dann schloss er die Tür.»

      Betroffenheit.

      «Und das taten Sie dann auch.»

      Achselzucken.

      «Herr Marangos. Mich interessiert, wieso Sie nicht einfach auf dem nächstgelegenen Flugplatz gelandet sind?» Diese Frage beschäftigt Pavlides schon seit er das Innere des havarierten Flugzeugs erblickt hat.

      «Ich weiss es nicht … Ich wollte gerade die Mayday-Meldung absetzen, als mir der Sicherheitsoffizier sagte, ich solle nach Hause fliegen. Sein Anblick … Also gab ich eine Pan-Pan-Meldung durch.»

      «Pan-Pan?» fragt Pavlides.

      «Konkrete, aber nicht akute Gefahr für Maschine und Passagiere. Damit fordert man im Luftverkehr eine bevorzugte Behandlung ein.»

      «Ich verstehe. Und danach?»

      «Ich stieg auf etwa viertausend Fuss und blieb auf dieser Höhe, um relativ schnell eine Notlandung einleiten zu können. Nahm Kurs zurück auf Griechenland. Ich hatte keine Ahnung, was in der Kabine vor sich ging. Dieser Mann sagte mir, ich solle nach Hause fliegen. Und genau das tat ich. In diesem Moment dachte ich, Krankdakis wünsche es so. Er habe seinen Leibwächter beauftragt, mir zu sagen, was zu tun sei. Nach einer Viertelstunde kam der Leibwächter erneut ins Cockpit herein. Er sah komplett fertig aus. Atmete schwer. Ich glaube, er hatte versucht jemanden wiederzubeleben. ‚Er ist tot’, sagte er nur, ‚tot, tot, tot.’ Erst jetzt begriff ich … Wissen Sie, mit der Technik fertig zu werden ist eines. Aber wenn Menschen zu Schaden kommen …»

      Marangos macht eine Pause und starrt an die Decke. Totenstille im Krankenzimmer. Dann fährt er fort. Angestrengt.

      Eine unglaubliche Konzentrationsleistung. «Wir waren gerade über Svilengrad, an der Grenze zum griechischen Luftraum. Da entschloss ich mich, Mayday abzusetzen und in Alexandroupolis notzulanden. Vielleicht zu spät …»

      Schweigen. Pavlides richtet seinen Blick auf den Staatsanwalt, in dessen Gesichtszügen keine Regung festzustellen ist. Was mag jetzt wohl in seinem Kopf vor sich gehen? Überlegt er sich gerade, ob der Schaden an Leib und Leben geringer ausgefallen wäre, wenn Marangos eben doch auf einem bulgarischen Flugplatz notgelandet wäre?

      «Das Flugzeug wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt von den Spezialisten des Büros für Flugunfalluntersuchungen einer eingehenden Überprüfung unterzogen», meint schliesslich Traianos milde. «Fliegerisch, davon bin ich überzeugt, haben Sie alles getan, um die Maschine wieder heil auf den Boden zurück zu bringen.»

      Marangos richtet sich wieder auf, um einen weiteren Schluck von seinem Becher zu nehmen.

      «Was mich interessiert sind die Namen der Passagiere, Herr Marangos. Vom Verteidigungsministerium haben wir noch keine Angaben bekommen. Gibt es eine Passagierliste?» fragt Pavlides den Piloten.

      «Ja, die gibt es. Elli, die Flugbegleiterin, hat sie. Sie ist für die Passagiere zuständig. Ich kenne die Leute in der Regel nicht. Ausser natürlich den Delegationsleiter. Mein Auftrag ist es, den jeweiligen Amtsträger von A nach B zu befördern. Und wieder zurück. Dessen Entourage wechselt ständig. Je nach Mission werden verschiedene Spezialisten, Ressortleiter oder Diplomaten mitgenommen. Fragen Sie Elli.»

      Pavlides räuspert sich. «Das können wir leider nicht mehr. Die Flugbegleiterin … Elli ist tot.»

      Marangos’ Gesicht verkrampft sich. Ein paar Atemzüge später, offene, flehende Augen. «Und Spiros, mein erster Offizier?»

      Pavlides schüttelt den Kopf. «Tut mir leid, Herr Marangos. Ihr Co-Pilot hat den Zwischenfall

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