Baltrumer Kaninchenkrieg. Ulrike Barow
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Читать онлайн книгу Baltrumer Kaninchenkrieg - Ulrike Barow страница 8
»Na, da bin ich gespannt, was der von mir will«, überlegte Werner Gronewald.
»Ich auch. Möchten Sie sofort mit ihm sprechen?«, fragte Middelborg, als sie am Reedereigebäude vorbeigingen.
Gronewald winkte ab. »Nein. Ich habe mich mit ihm für heute Abend in der Alten Liebe verabredet. Sie wissen schon, das Angenehme mit dem Nützlichen …«
*
»Sag, dass das nicht stimmt.« Arndt Kleemann schaute seinen Baltrumer Kollegen und Freund voller Unglauben an. »Ich habe ja schon viel erlebt, aber glaubst du wirklich, dass das der Grund sein könnte?«
»Ich weiß es nicht. Aber der Streit zwischen den beiden verfeindeten Gruppen bietet sich an, oder nicht?« Michael Röder und die anderen Polizisten saßen in der kleinen Baltrumer Wache. Röders Blick fiel zufrieden auf Gero Schonebeck. Er mochte den Mann aus Aurich, der bereits zwei Jahre zuvor ein Mitglied des Ermittlungsteams gewesen war.
Er hatte fest damit gerechnet, dass Klaus Kockwitz wieder auf der Insel erschien. Ein unangenehmer Mensch, voller Vorurteile und nicht gut zu ertragen. Aber der lag im Bett. Fahrradunfall. Röders Bedauern darüber hielt sich in Grenzen.
»Also fassen wir zusammen: Da gibt es die Proniggels …«
Gero Schonebeck fing an zu lachen. Erst verhalten, dann prustete er laut heraus. »Tut mir leid, Freunde. Ein echt irrer Name. Zeugt von absoluter Ernsthaftigkeit bei der Verfolgung großer Ziele!«
»Gero! Bitte!«Es half nichts. Mochte der Anlass ihres Beisammenseins auch tragisch sein – die drei Männer brachen in lautes Gelächter aus.
Gerade in diesem Moment öffnete Eilert Thedinga die Tür zur Wache. »Was ist denn hier …?« Ratlos schaute er in die Runde.
»Jungs, kommt. Wir müssen uns auf die Arbeit konzentrieren.« Arndt Kleemann schlug mit der flachen Hand auf den abgenutzten Bürotisch. »Eilert, hast du dein Gepäck in die Dienstwohnung gebracht?«
Eilert Thedinga nickte. »Auspacken kann ich später.«
Die Polizisten waren vom Schiff aus direkt in die Dünen gefahren. Gemeindebrandmeister Meinders hatte den Landrover zur Verfügung gestellt. Noch war es für die Arbeit der Spurensicherung hell genug gewesen. Die Experten hatten die Insel wieder verlassen, nachdem sie Edith Oligs und den Fundort der Leiche begutachtet hatten. Viel hatten sie nicht sicherstellen können. Genauer gesagt eigentlich gar nichts, was erste Hinweise auf den Täter oder die Täterin hätte geben können. Einige Patronenhülsen von Jagdmunition aus dem Umfeld der Leiche waren in die Sicherungsbeutel gewandert. Man würde sehen, ob sich aus dem Einschussloch in der Stirn der Toten neue Erkenntnisse ergeben würden. Der Leichnam von Edith Oligs war auch auf dem Schiff gewesen, mit dem die Spurensicherer die Insel verlassen hatten.
»Das Opfer hatte also keine Verwandten?«, fragte Gero Schonebeck seinen Baltrumer Kollegen.
»Na ja, bis auf ihre Tochter. Die lebt allerdings nicht hier. Sie ist Künstlerin. Macht in Bernsteinschmuck und hat einen Laden in Hamburg«, erklärte Röder. »Edith Oligs hat allein und zurückgezogen gelebt. Laut konnte sie nur werden, wenn es um die Belange der Tiere ging. Vornehmlich der Kaninchen, die, wie gesagt, lange nicht bei allen Insulanern gerne gesehen sind. Da kannte die Oligs keinen Kompromiss. Sie hat sogar mal bei einer der letzten Jagden mit einem Megaphon in den Dünen gestanden und laut geschrien. Das war für die Jagd natürlich nicht so positiv. Jörg Weber ist stinksauer gewesen damals.«
»Dann sollten wir uns also bei den Jägern umsehen«, schlug Gero Schonebeck vor.
»Sicherlich. Und bei denen, die am liebsten alle Kaninchen von der Insel weghätten. Jemand wie Ingeborg Opitz, ihr Mann Hartmut, Oliver Abels …« Michael Röder erzählte, was den Krokussen in Opitz’ Garten passiert war. »Ihr glaubt nicht, wie wütend die war.«
»Wer ist Oliver Abels?«, fragte Arndt Kleemann.
»Ach, eigentlich ein ganz Netter. Hotelier. Gemeinderatsmitglied. Allerdings rennt er seit Jahren einer Idee hinterher. Er will unbedingt mitmachen bei Unser Dorf hat Zukunft. Und darum will er sich von den Kaninchen verabschieden. Weil die Buddellöcher das Gesamtbild erheblich beeinträchtigen, wie er pausenlos zu verstehen gibt. Der Mann hat viele Anhänger hier.«
»Aber wem könnte die Oligs so auf den Schlips getreten sein, dass man sie gleich umbringt?«, fragte Gero Schonebeck.
»Das sollten wir möglichst schnell herausfinden«, antwortete Thedinga. »Nicht, dass es zum guten Schluss zum Showdown der diversen Gruppen mit Lanze und Machete kommt und die Sieger die Verlierer in die Nordsee treiben.«
»Also, bei wem fangen wir an?« Arndt Kleemann war aufgestanden.
»Du und Gero, ihr nehmt euch die Proniggels vor«, schlug Röder vor. »Eckdaten gebe ich euch. Eilert spricht mit dem Ehepaar Opitz und ich unterhalte mich mit Jörg Weber und seinen Leuten. Es ist zumindest erst einmal die naheliegendste Maßnahme. Sollten wir in diesem Umfeld auf dem völlig falschen Dampfer sein, werden wir es schon merken.«
»Hoffentlich rechtzeitig. Werden wir die Truppe einbestellen?« Gero Schonebeck schaute sich um. »Dürfte ziemlich eng hier werden.«
»Ich denke, wir versuchen die Leute zu Hause anzutreffen. Dann haben wir einen besseren Überblick. Lebensverhältnisse und so«, erklärte Arndt Kleemann. »Wen wir nicht erreichen, dem hinterlassen wir eine Nachricht. Der soll sich dann bei uns melden.«
»Alles klar.« Gero Schonebeck nahm seine Lederjacke von der Garderobe.
Michael Röder bezweifelte, dass die Jacke für Baltrumer Wetterverhältnisse geeignet war. Es war kühl und ein kräftiger Wind fegte Regentropfen quer über die Insel. Er hatte eine alte Dienstjacke im Schrank. Sollte er …? Nein, sie würde Gero nicht passen.
»Also, Namen und Adressen.«
Wenn Eilert Thedinga wüsste, mit was für einer Furie er es in Kürze zu tun hatte, wäre der bestimmt nicht so eifrig, dachte Röder und erklärte den Männern, wie sie fahren mussten. »Mit ›Adresse‹ dürfte es schwierig werden. Zumindest mit Straßenbezeichnungen. Da sage ich euch nichts Neues. Hier haben wir Hausnamen und Hausnummern.« Er zog einen Plan aus der Schreibtischschublade und kreuzte die jeweiligen Lagepunkte der Häuser an. »Ich hoffe, ihr kommt damit klar. Sonst ruft mich an.«
Zum Glück kannte Arndt sich einigermaßen auf der Insel aus. Röder holte drei Fundfahrräder aus dem Gartenhäuschen. Er atmete auf, als er sah, dass sie betriebsbereit waren. Sogar das Licht funktionierte bei allen. Die Sorge um die Räder überließ er immer gerne seinen Hilfssheriffs. Das allerdings hätte ihm heute wenig genützt. Eilert war schließlich gerade erst angekommen.
»Hier möchte ich kein Postbote auf Urlaubsvertretung sein«, überlegte Eilert Thedinga. »Da musst du erst einen Lehrgang machen, bevor du die Pakete an den Mann bringen kannst.«
»Wohl wahr«, erwiderte Michael Röder. »Also – bis später wieder hier in der Wache.«
Es war bereits dunkel, aber Röder meinte Enno Seeberg zu sehen, der einem anderen Mann die Tür zur Gaststätte offenhielt. Gehörte Enno nicht auch zu den Proniggels? Sollte er ihn hier und jetzt ansprechen? Nein. Er würde wie verabredet mit Jörg Weber Kontakt aufnehmen, dann gegebenenfalls mit den anderen Jägern reden. Seeberg würden sie sich noch vornehmen. Ganz