Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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Und für sich dachte sie: Wenn Jan wüsste!
*
Nanni rüstete sich zur Fahrt nach Sophienlust. Sie hielt es vor Sehnsucht nach Rubinchen einfach nicht mehr aus.
Am Morgen war ein amtlich aussehender Brief für sie gekommen, in dem sie von der Direktion der Apparatebau-Firma Hugenbald aufgefordert wurde, am 15. des Monats an einer Aufsichtsratsitzung teilzunehmen, um ihre Rechte als Inhaberin der Aktienmehrheit zu klären.
Plötzlich war sie zur Großaktionärin geworden, doch das war ihr ein schrecklicher Gedanke. Immerhin waren noch fast vierzehn Tage Zeit bis dahin, und ihr Vater hatte sich bereit erklärt, sich entsprechend zu informieren. Friedrich von Willbrecht war nicht gerade guter Laune während dieser Tage. Nicht, dass er etwas gegen die Erbschaft seiner Tochter einzuwenden gehabt hätte, aber im Haus war es ihm plötzlich zu öde.
»Schau zu, dass du Pipp wieder mitbringst«, sagte er, »und meinetwegen auch Rubinchen. Es ist ja trostlos. Eine Schnapsidee war es, das Kind nach Sophienlust zu schicken«, polterte er weiter, als Nanni das Haus verlassen hatte. »Die haben doch wahrhaftig Kinder genug, und wir sind nun unsere Nanni los und die Kleine auch noch.«
»Aber gepasst hätte es dir auch nicht, wenn Lilo uns dauernd das Haus eingelaufen hätte«, sagte Annemarie von Willbrecht. »Das wollte uns Herr Campen ersparen.«
»Ach, mit der wäre ich schon fertig geworden. Hasso hat sie sich doch auch vom Hals gehalten.«
»Er vermeidet es aber tunlichst, mit Uschi herzukommen, und das sicher nur, um ihr nicht zu begegnen. Es gibt Menschen, die anscheinend nur auf der Welt sind, um Unfrieden zu stiften.«
»Was Hasso und Lilo auseinanderbrachte, war übel«, sagte Friedrich von Willbrecht. »Erinnerst du dich nicht mehr?«
»Ich habe überhaupt keine Ahnung. Eines Tages war es aus, wie es bei jungen Leuten nun eben ist.«
»Ganz so war es doch nicht. Lilo hat gesagt, dass Nanni sich an Jan Campen herangemacht hätte, nachdem Karlheinz gestorben war. Hasso hat es mir erzählt. Deswegen schmeckt mir die ganze Geschichte nicht sehr, Annchen.«
»Das ist purer Blödsinn. Sie hat ihn doch höchstens flüchtig kennengelernt. Das hat Lilo aus der Luft gegriffen.«
»Aber merkwürdig ist es doch, dass unsere Nanni sich jetzt ziemlich engagiert hat.«
»Es ist sieben Jahre her. Jetzt ist sie erwachsen. Sie mag das Kind, sie mag ihn, was ist da schon dabei? Aber früher, nein, das sind böse Gerüchte. Aber typisch für Lilo.«
»Vielleicht hat sie das sieben Jahre vorausgeahnt«, sagte er mit ironischer Betonung. »Aber wie ich diese Intrigantin kennen, wird sie jetzt womöglich sagen, dass sie erst gewartet hat, bis sie das Erbe von Teresa Hagen in der Tasche hatte, um sich dann doch noch Campen zu angeln.«
»Paps, du hast eine blühende Phantasie«, stöhnte Annemarie von Willbrecht. »Man denkt wahrhaftig viel, wenn der Tag lang ist.«
»Darum wird es auch Zeit, dass wieder Leben ins Haus kommt«, brummte er.
*
Frohes Leben herrschte in Sophienlust, als Nanni eingetroffen war. Pipp überschlug sich fast. Rubinchens Freude kannte keine Grenzen, und sie wich keinen Schritt mehr von Nannis Seite.
»Du, Habakuk ruft schon immer Nanni, Nanni«, sprudelte sie hervor.
»Dann muss ich ihm aber gleich guten Tag sagen«, meinte Nanni. »War Daddy nochmals hier?«
Betrübt schüttelte Rubinchen den Kopf. »Er musste wohl gleich wieder zurück in die Türkei. Du, Nanni, Nick hat gesagt, da dürfen Männer auch mehrere Frauen haben.«
»Na, das ist eine schöne Wirtschaft«, sagte Nanni.
»So was mögen wir nämlich nicht. Wir wollen unseren Daddy allein haben, nicht?«
Nanni errötete. Rubinchen schien schon weiterzudenken. Sie fuhr auch bereits fort: »Unser Daddy will uns ganz sicher allein haben. Ich habe mir alles überlegt, Nanni. Er hat dich gestreichelt und lieb angeschaut, also hat er dich auch lieb.«
»Es kommt nicht nur darauf an, Rubinchen«, sagte Nanni leise.
»Nein, wenn man sich ganz mächtig lieb hat, kriegt man auch Babys«, sagte Rubinchen ernst. »Es wäre natürlich sehr schön gewesen, wenn Daddy dir ein Baby dagelassen hätte, denn dann könnte Yasmin gar nichts mehr machen.«
»Wir wollen jetzt nicht von Yasmin sprechen, Rubinchen«, sagte Nanni.
»Nein, das wollen wir beide nicht«, sagte das Kind. »Aber von Babys könnten wir schon sprechen. Möchten wir noch welche?«
Das waren sehr verfängliche Fragen, doch sie sollten eine Aufklärung finden, die dann doch ein Lachen auf Nannis Gesicht zauberte.
»Es ist nämlich so, Nanni, der Pipp hat sich in eine Hundedame verguckt. Sie ist viel kleiner als er und ein Setter, aber ganz närrisch sind sie miteinander. Pünktchen hat gesagt, dass die Panja, so heißt sie nämlich, jetzt Hündchen kriegen könnte. Hoffentlich wird Onkel Friedrich nicht sehr verärgert sein und mir die Schuld geben. Ich wusste doch gar nicht, wie das ist. Es ist schon recht schwierig, meinst du nicht auch? Wo Pipp doch so schön ist, so weiß wie Schnee, und Panja ist gescheckt. Was da wohl dabei herauskommt?«
»Das sind Probleme, nicht wahr, Nanni«, sagte Denise. »Aber kommen Sie bitte. Da ist eben ein Telegramm durchgegeben worden für Sie. Für Sie ganz allein.«
Nanni folgte ihr ins Büro. Fein säuberlich hatte Denise aufgeschrieben, was man durchgesagt hatte.
Yasmin auf dem Weg nach Deutschland. Vorsicht! Ich liebe Dich, Nanni, was auch geschehen mag. Du darfst nicht zweifeln. Dein Jan. Nur Dein Jan.
»Das kostet ein Vermögen«, sagte Denise. »Ich denke, Sie haben nicht den geringsten Grund, so ängstlich zu schauen.«
»Aber wenn sie hierherkommt?«
»Hierher? Das glaube ich nicht. Und wenn schon! Dann werden wir uns anhören, was sie zu sagen hat. Aber Sie brauchen gewiss nicht den Kopf hängen zu lassen, Nanni.«
Ich liebe dich, klang es in ihren Ohren. Dein Jan, nur dein Jan. Aber Yasmin war auf dem Weg nach Deutschland.
*
Steve Kintosh kam immer mehr zu der Überzeugung, mit Yasmin das Große Los gezogen zu haben. Hübsch waren die Starlets alle, die er an Land zog, aber sie war dazu auch noch gescheit. Sie sprach vier Sprachen beinahe perfekt, und sie konnte den Bauchtanz noch perfekter. Sie war eine Schau, mit der Geld zu machen war. Viel Geld. Natürlich musste sie einen Teil davon abbekommen, denn dass sie auch geschäftstüchtig war, hatte er auch schon begriffen.
Sie hatte den Wunsch geäußert, eine Nacht in einem exklusiven Hotel in München das Leben zu genießen, und er hatte ihr diesen Wunsch umso lieber erfüllt, als dies auch Erlebnisse für ihn versprach.
Nun ergab es sich aber, dass sich in dem Nachtklub auch einige Herren befanden, von denen zumindest einer kein Auge von Yasmin wandte. Sie bemerkte es nicht. Sie war in bester Stimmung und bemüht,