Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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Yasmin war zu einer Episode geworden. Das Alleinsein in dem fremden Land war die Voraussetzung dafür gewesen, dass er ihren Reizen nicht widerstehen konnte. Aber konnte er sich tatsächlich als Gentleman aus der Affäre ziehen?
*
Zu gern wollten nun auch die Kinder von Sophienlust Rubinchens Eislaufkünste bewundern. Pünktchen meinte, dass der Dorfweiher noch ganz fest zugefroren sei. Da Rubinchen nun wieder ganz gesund war, wollte sie doch auch beweisen, dass sie sich geschickt anstellte.
Denise war dagegen, aber Rubinchen meinte, dass sie zum Spaß gern laufen würde. Es war ihr doch in den Ohren hängen geblieben, dass man sehr viel Geld damit verdienen könnte, und in ihrer kindlichen Phantasie spukte die Sorge, dass ihr Daddy seine Stellung verlieren würde, wenn er Yasmin nun doch nicht heiratete, wie man es wohl von ihm erwartete. Rubinchen war überzeugt, dass Daddy Nanni nicht so lieb anschauen und ihr auch noch die Wange streicheln würde, wenn er sie nicht ganz mächtig gern hätte. Ob sie wohl einmal mit Tante Isi darüber sprechen konnte? Sie scheute sich zwar ein bisschen davor, aber Tante Isi kannte Nanni schon recht lange, und Erwachsene wussten eben doch mehr als Kinder.
So begab sich Rubinchen zu Denise ins Büro. Natürlich folgte ihr Pipp auf dem Fuß. Er blieb stets seiner Beschützerrolle treu, und außerdem konnte er sich nicht recht daran gewöhnen, der alten Umgebung entrissen worden zu sein. Hier wurde ihm nicht erlaubt, Brötchen zu holen, und die Zeitungen kamen mit einem Boten ins Haus. Auch gab es noch all die anderen Kinder, die ihn dauernd streicheln wollten. Begeistert war er davon nicht, denn meist ging das nicht besonders sanft vor sich, und Pipp war sanfte Hände gewohnt.
»Nun, was hast du auf dem Herzen, Rubinchen?«, fragte Denise. »Na, den Pipp haben wir ja auch. Vermisst ihr etwas?«
»Ganz ehrlich, Tante Isi, Nanni vermissen wir schon«, erwiderte Rubinchen. »Das verstehst du doch?«
»Freilich verstehe ich das. Sie wird bald wiederkommen. Du weißt doch, dass sie zu der Beerdigung von Frau Hagen fahren musste.«
»Beerdigungen sind nicht schön. Da kriegen die Leute nur so ein Grab. Ich habe das nicht gern. Meine Mutti, die ich nicht gekannt habe, hat auch ein Grab. Ich möchte sie mir lieber im Himmel vorstellen.«
»Du wolltest dich doch sicher nicht über so traurige Dinge mit mir unterhalten«, sagte Denise.
»Nein, ich wollte dich eigentlich fragen, wie es ist, wenn man einen Menschen sehr lieb hat, Tante Isi. Bei einem Hund ist es doch so, dass man ihn streichelt und ihn lobt, und wenn nun ein Mensch einen anderen streichelt und lieb anschaut, was ist das dann?«
»Dann hat er ihn wohl auch lieb«, erwiderte Isi verblüfft. Bei Rubinchen musste sie sich wohl noch auf einiges gefasst machen.
»Und wenn nun ein Mensch einen anderen sehr, sehr lieb hat, was tut er dann?«
»Nun, er bemüht sich, ihm keinen Kummer zu bereiten.«
»Wie ist das dann direkt bei einem Mann und einer Frau?«
Du liebe Güte, wenn ich nur wüsste, worauf sie hinaus will, dachte Denise.
»Es kann doch auch sein, dass ein Mann eine Frau heiraten will, die er nicht so richtig lieb hat, was meinst du?«, fragte Rubinchen.
»Jeder Mensch kann sich irren.«
Rubinchen seufzte. »Mein Daddy kann sich wohl auch geirrt haben, als er Yasmin heiraten wollte?«
»Dazu kann ich nichts sagen, Rubinchen. Möglich sein kann es schon, aber zu dieser Erkenntnis muss dein Daddy wohl selbst kommen.«
»Ich bin aber ganz sicher, dass er Nanni mehr lieb hat als Yasmin. Kann ich denn gar nichts tun, dass ihm das auch ganz schnell klar wird?«
»Rubinchen, das ist gut gemeint, und ich kann dich auch verstehen, aber wenn es so ist, wird dein Daddy dieses Problem selbst zu lösen wissen. Dabei kann ihm niemand helfen.«
Betrübt blickte Rubinchen zu Boden. »Nick hat doch gesagt, dass die Frauen im Orient noch einen Schleier tragen, und wenn nun der Schleier fällt und Daddy ein ganz schreckliches Weib sieht, was macht er dann? Nanni hatte er doch richtig gesehen und weiß, wie hübsch sie ist.«
Nick und seine Weisheiten, dachte Denise. Jan Campen hatte sich gewiss keine hässliche Gefährtin ausgesucht, denn so zurückgeblieben war die Türkei nun auch nicht. Aber Denise wusste auch von der orientalischen Beharrlichkeit jener Frauen, und diese bereitete ihr größere Sorgen als die Äußerlichkeiten. Dass Nanni sehr viel für Jan Campen übrig hatte, war ihr nicht entgangen.
»Jetzt gehen wir ein halbes Stündchen Schlittschuh laufen, Rubinchen«, lenkte sie ab. »Lange wird das Eis nicht mehr halten, wenn die Sonne weiterhin so warm scheint.«
*
Viele hatten Frau Hagen das letzte Geleit gegeben, viele, die sich schon lange nicht mehr um sie gekümmert hatten. Es war schließlich keine angenehme Aufgabe, kranken Menschen Gesellschaft zu leisten. Nun wurde gerätselt, wer wohl erben würde. Nanni war es furchtbar peinlich, als diese Vermutungen um ihre Ohren schwirrten.
»Sie wird ganz schön etwas hinterlassen haben«, sagte eine Frauenstimme hinter ihr. »Stammte ja aus einer feinen Familie, und ihr Heiratsgut war beträchtlich.«
»Und was hat sie davon gehabt?«, fragte eine andere. »Die Söhne hat sie verloren und den Mann auch. Und krank war sie auch lange genug.«
»Der Kirche wird sie es vermacht haben«, wurde eine dritte Stimme laut. »Oder der Stadt. Einer wird sich schon ins Fäustchen lachen.«
Nanni ging schneller. Ihre Mutter hielt sie zurück. »Paps kann nicht mithalten«, flüsterte sie.
»Dieser schreckliche Klatsch, ich kann ihn nicht hören, Mutti«, flüsterte sie.
Endlich standen sie vor der Familiengrabstätte. Nannis Augen hingen an dem Grabstein, auf dem der Name von Karlheinz stand. Sieben Jahre war es her, dass er hier zur letzten Ruhe bestattet worden war, und sie erlebte diesen Tag noch einmal. Es war nicht, als senke man seine Mutter in die Erde, es war ihr, als sehe sie ihn wieder vor sich.
Ein richtiger Junge war er noch gewesen, und doch schon viel reifer und ernster als die anderen. Kaum am Anfang des Lebens, hatte er sich schon in das Ende gefunden. Wie tapfer war er gewesen.
»Werde du glücklich, Nanni«, hatte er gesagt. »Es ist alles, was ich mir wünsche. Du bist ein Mensch, der viel Glück geben kann. Es muss alles zu dir zurückkommen.«
Das waren seien Abschiedsworte gewesen. Sie beide waren noch so jung, und sie hatte es nicht glauben wollen. Sie hatte nur immer gewünscht, dass doch noch ein Wunder geschehen würde. Aber wann geschehen schon Wunder?
So waren denn ihre Gedanken bei dem toten Karlheinz, der der Erste und Einzige gewesen war, der sie küsste, bis nun Jan gekommen war.
Sie fühlte fast ein Schuldbewusstsein, dass sie an diesem Grab an Jan denken konnte. Aber nicht Karlheinz wurde beerdigt,