Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

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Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg Sophienlust Paket

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Fragend sah sie ihn an.

      »Wenn Sie heimfahren, dann fahren Sie doch bitte an meiner Villa vorbei. Bitten Sie das Hausmädchen, Ihnen den Teddy und einige Spielsachen von Pieter zu geben. Dann ziehen Sie sich bitte in Ruhe um und kommen wieder hierher. Ich hoffe, dass ich bis dahin die Herren abwimmeln kann. Ich möchte am frühen Nachmittag in Sophienlust sein.«

      »Gemacht, Enno.« Sie schlüpfte in ihre leichte Jacke und ergriff ihre Handtasche. »Ich werde mich beeilen. Vielleicht brauchen Sie mich nachher noch für ein Weilchen.«

      »Ich brauche Sie immer, Julia.« Lächelnd blickte er ihrer schlanken Gestalt nach. Dann ging er in sein Reich und erwartete dort die angemeldeten Herren.

      Julia fuhr etwas langsamer, als sie in die stille Villenstraße des Essener Vorortes einbog, in der die Cornelius’ wohnten. Als sie das erstemal in der Villa gewesen war, um einige Papiere für Enno zu holen, war Betty Cornelius gerade fort gewesen. Das Hausmädchen hatte sie damals in Ennos Arbeitszimmer geführt.

      Wie bei ihrem ersten Besuch war Julia auch diesmal von der luxuriösen Villa wieder tief beeindruckt. Sie parkte den Wagen vor dem schmiedeeisernen Tor und drückte dann auf den Klingelknopf.

      Dasselbe Hausmädchen wie damals öffnete die Tür. »Guten Tag«, sagte Julia. »Herr Cornelius hat mich gebeten, für Pieter etwas …«

      »Er hat vor ein paar Minuten angerufen und Ihren Besuch angekündigt«, fiel Lotte ihr lebhaft ins Wort. »Bitte, kommen Sie doch weiter«, forderte sie Julia auf. »Nach Pieters Abreise haben wir die Spielsachen in eine Kiste gelegt. Am besten wäre es wohl, wenn Sie das Spielzeug, das er haben möchte, selbst heraussuchen würden«, meinte sie.

      Julia nickte und folgte dem Mädchen durch die mit Stilmöbeln ausgestattete Wohnhalle bis zu der leicht geschwungenen Treppe, die zu den oberen Räumen hinaufführte.

      Lotte ging voraus und öffnete eine der Türen im ersten Stockwerk. »Das ist Pieters Spielzimmer«, sagte sie. »Und dort steht die Kiste mit den Spielsachen.«

      »Wissen Sie vielleicht, mit welchen Sachen er am liebsten gespielt hat?«, fragte Julia ratlos, als sie in die hohe Kiste blickte.

      »Den Hampelmann mochte er sehr gern. Ja, und auch den roten Feuerwehrwagen! Und die gesamte Indianerausrüstung. Dort ist der Federschmuck und dort der Tomahawk. Obwohl Pieter ein sehr stilles Kind ist, ist er doch ein echter Junge, der sich für solche Dinge sehr interessiert. Und dort ist auch das Häschen. Bevor sein Vater ihm den Teddy schenkte, war das Häschen sein Lieblingstier. Aber wo ist nur der Teddy? Hat er ihn mitgenommen?«

      »Nein, er hat ihn vergessen. Pieter hat mir besonders ans Herz gelegt, seinem Vater zu sagen, dass er den Teddy auf keinen Fall vergessen soll.«

      »Vielleicht liegt er in der Kommode.« Lotte lauschte nach unten. »Das Telefon läutet. Suchen Sie nur allein weiter, Frau van Arx. Ich komme gleich wieder«, rief sie schon von der Tür her.

      Julia war allein. Sie blickte sich suchend um. Dann schob sie den Vorhang vor dem Regal zur Seite. Aber auch dort war kein Teddybär zu finden. Sie öffnete die Schubladen der Kommoden. In der untersten sah ein hellbraunes Stoffbein unter einem Stapel verrutschter Wäsche hervor. Julia zog daran und hatte gleich darauf den Teddy in der Hand. Erleichtert wollte sie die Wäsche ein wenig ordnen, als sie wie erstarrt mitten in der Arbeit innehielt. Eine eisige Hand schien nach ihrem Herzen zu greifen. Wie gebannt blickte sie auf ein winziges Babyhemdchen. »Das ist doch nicht möglich«, flüsterte sie. Ein Zittern durchlief ihren Körper. Sie hatte das Gefühl, in eiskaltem Wasser zu stehen. Doch im nächsten Augenblick wurde ihr glühend heiß.

      »Nein, das ist nicht möglich«, sagte sie noch einmal laut. »Es kann nicht das Hemdchen sein.« Das Blut strömte endlich wieder zu ihrem Herzen zurück. Mit zitternden Händen zog sie das Hemdchen hervor und betrachtete es genauer von allen Seiten.

      Und wieder wurde ihr ganz schwindlig vor Erregung. Völlig durcheinander ging sie zum Fenster und hielt das Hemdchen gegen das Licht. »Es ist das Hemdchen«, murmelte sie. »Aber ich verstehe nicht, wie es hierherkommt. Ich muss träumen. Bestimmt wache ich sogleich auf und liege in meinem Bett.«

      Doch dann wusste sie, dass es kein Traum war. Ja, dieses Hemdchen hatte sie selbst geschneidert für ihr Kind. Den Halsausschnitt und die Ärmel hatte sie damals mit blauem Garn umhäkelt. Es war ein helles Kornblumenblau, eine seltene Farbe, die man im allgemeinen nicht für Kinderwäsche verwendete. Aber sie hatte das Häkelgarn noch von ihrer Mädchenzeit im Nähkorb gehabt. Und weil Wim und sie damals nicht mit großen Gütern gesegnet gewesen waren, hatte sie gedacht, sie könne es ruhig verwenden. Auch an die kleinen Fehler im Muster konnte sie sich noch genau entsinnen. Damals hatte sie sich sehr darüber geärgert und vorgehabt, den Rand noch einmal aufzutrennen. Doch dann hatte sie es doch gelassen, weil sie sicher gewesen war, es nicht besser machen zu können. Handarbeiten waren noch nie ihre stärkste Seite gewesen.

      Aber man hatte ihr doch damals im Krankenhaus gesagt, ihr Kind sei in diesem Hemdchen beerdigt worden. Und nun fand sie es hier unter Pieters Sachen …

      Julia steckte das Hemdchen in ihre Handtasche. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Dann nahm sie die Spielsachen von Pieter und floh förmlich aus dem Kinderzimmer.

      Sie war ganz wirr im Kopf. Es war ihr ein Rätsel, wie das Hemdchen in dieses Haus kam. Was war nur damals im Krankenhaus geschehen? Ja, sie hatte ihr Kind noch einmal sehen wollen, und man hatte sie in das Zimmer gebracht, in dem der kleine Junge unter einem Sauerstoffzelt lag und seine letzten Atemzüge tat. Das Baby hatte doch das Hemdchen angehabt. Oder? Nein, das war ein Irrtum. Sie wusste nur, dass das Kind das Hemdchen getragen hatte, als sie es für einen Augenblick im Kreißsaal gesehen hatte. Wie stolz war sie in diesem Augenblick auf ihren gesunden Jungen gewesen. Und später …

      Ja, später … Julia stieg langsam die Treppe hinunter. Sie versuchte, sich an alle Einzelheiten dieses Nachmittags zu erinnern. Man hatte ihr gesagt, ihr Kind läge unter einem Sauerstoffzelt, weil sein Herz nicht in Ordnung sei. Auf ihre Bitte hin hatte man sie zu ihm gebracht. Voller Entsetzen hatte sie auf das winzige Köpfchen des Neugeborenen gestarrt. Die bläuliche Verfärbung des Gesichtchens hatte ihr einen Schrei entlockt. Ja, und nun wusste sie es auch wieder. Das Kind hatte ein völlig weißes Hemdchen angehabt.

      Lotte riss Julia aus ihrem Grübeln. »Warten Sie, ich bringe Ihnen eine große Tragetüte für die Spielsachen!«, rief sie.

      Julia konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Immer wieder rief sie sich das Bild des sterbenden Kindes unter dem Sauerstoffzelt ins Gedächtnis zurück. Deutlich sah sie es vor sich. Dann musste das Hemdchen, das sie für ihren kleinen Jungen genäht hatte, in falsche Hände geraten sein. Nun sah sie wieder das Kind vor sich, das sie gleich nach der Geburt gesehen hatte. Es hatte feine weißblonde Löckchen gehabt. Und das Kind unter dem Sauerstoffzelt …

      »So, da bin ich wieder!« Lottes frische Stimme erreichte kaum Julias Bewusstsein. Sie lächelte gequält, als sie die Tragetüte mit Pieters Spielsachen entgegennahm und das Haus verließ. Mit unsicheren Schritten, wie eine Blinde, tastete sie sich vorwärts. Impulsiv lief Lotte hinter ihr her und holte sie am Gartentor ein. »Frau van Arx, ist Ihnen nicht gut?«, fragte sie besorgt. »Sie sehen auf einmal ganz käsig aus.«

      »Es ist nichts. Wirklich nichts«, erwiderte Julia und holte tief Luft.

      »Sie sollten sich lieber ein Taxi nehmen und Ihren Wagen stehenlassen«, meinte das Mädchen.

      »Nein, das ist nicht nötig. Ich kann schon fahren.« Verkrampft lächelte Julia Lotte an. »Vielen Dank«, murmelte sie.

      Kopfschüttelnd

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