aWay. Nic Jordan

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aWay - Nic Jordan

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er ein letztes Mal an seiner filterlosen Zigarette, drückte sie in den überquellenden roten Plastikaschenbecher und fummelte sein Handy wieder aus dem Beutelchen. Er wählte eine Nummer, und bei jeder Zahl erklang ein lautes Piepsen. Ich verstehe nicht, wieso Menschen den Tastaturton nie ausschalten – bei einer langen SMS klingt es bestenfalls wie die Melodie, die in den Achtzigern aus einem Gameboy kam. Als am anderen Ende jemand dranging, drückte der Wachmann mir das kleine Plastikding in die Hand und drehte sich zum Schreibtisch, um sich eine weitere vorgedrehte Zigarette anzuzünden.

      »Ahoj Ledi, how I can help you?«, ertönte am anderen Ende der Leitung eine heitere Stimme mit unüberhörbarem tschechischem Akzent.

      Das ganze Szenario brachte mich kurz aus dem Konzept, und ich vergaß beinah, wieso wir überhaupt hier waren. Kau war keine große Hilfe und erwiderte mein Starren genauso ausdruckslos wie der kleine Wachmann.

      »Äh, hi … I think we lost our car!«

      Stille. »You lost your card? Which card?«

      »No, I lost my car. Brumm. Brumm … You know, CAR!«

       »Car?«

       »Car!«

       »How can you lose car?«

       »Well, I don’t know … It is not where we left it.«

      »You lose car …« (Tschechisches Nuscheln und Gelächter folgten.)

      Ich runzelte die Stirn und sah Kau fragend an, als ob sie Teil der Unterhaltung gewesen wäre. Kau drehte sich zu dem Wachmann und gab meinen Blick an ihn weiter, woraufhin der Mann ihren Gesichtsausdruck imitierte und sich wieder zu mir wandte.

      Unterdessen bat mich die Stimme am Telefon, dem Wachmann den Hörer zu reichen. Dieser hörte nun konzentriert zu und nickte immer wieder wortlos, als ob sein Gesprächspartner ihn sehen könnte, drehte sich dann zu uns und winkte uns zu sich ins Zimmer. Als wir uns seinem Schreibtisch näherten, erblickten wir Monitore auf dem Tisch, die vermutlich für die Überwachungsaufnahmen da waren, nur leider waren sie alle ausgeschaltet. Der Mann zeigte demonstrativ mit ausgestreckten Fingern und Zigarette auf einen Monitor, sagte etwas auf Tschechisch und machte eine unkontrollierte Bewegung mit seinen Händen. Ich blickte ihm in die Augen und versuchte, aus seiner Geste schlau zu werden. Dann drückte ich bei dem einen Bildschirm auf den An-Knopf, doch nichts passierte. Der kleine Wachmann fasste sich an den Kopf, zeigte noch mal auf den Bildschirm, wiederholte seine Handbewegung und gab einen genervten Ausruf von sich. Und auf einmal verstand ich. Er versuchte mir zu sagen, dass die Bildschirme alle kaputt seien. Ich rollte mit den Augen und ging rückwärts aus dem Zimmer. Der Gestank der billigen Kippen hatte sich mittlerweile in meine Klamotten und Haare gefressen.

      Als wir uns gerade ratlos auf die Suche nach unserem verlorenen Auto machen wollten, hörten wir in der Ferne Schritte herbeieilen. Es war ein weiterer kleiner Wachmann, der nahezu genauso aussah wie der andere. Er kam uns mit einem Riesenlächeln und weit aufgerissenen Kulleraugen entgegen. Seine Backen waren so aufgeschwollen, dass sie glänzten, und eine ungesunde lila Färbung war kaum zu übersehen. Auf einmal standen die zwei kleinen Wachmänner vor uns und diskutierten miteinander.

      Der neue Wachmann wandte sich uns endlich zu und sagte: »Ahoj … Hello … We help you finding lost car!«

      Ich lächelte, und wir stiefelten zu viert durch das mittlerweile fast leere Parkhaus. Wir gingen in den Eingang des Supermarkts, um unseren Weg zu rekonstruieren. Auf einem Handyfoto zeigten wir den beiden Männern unser Auto. Sie musterten es so genau, dass ihre Köpfe aneinanderstießen, als sie sich dem Handybildschirm näherten.

      Der Englisch sprechende Kollege sagte beeindruckt: »Wow, nice car.«

      Ich war mir nicht sicher, ob er das ironisch meinte oder ob er eine Brille brauchte. Kaus grauer BMW sah nicht so aus, als könne er noch fahren, geschweige denn den TÜV-Test bestehen. So langsam waren wir mit der Geduld am Ende, und Hunger hatten wir auch. Also beschlossen wir, uns durch die Waffel-Schokoriegel zu futtern. Die Wachmänner machten auch mit und kommentierten jeden Bissen mit einem »Mhh, very good«.

      Wir gingen hoch in das fragliche Stockwerk und gingen denselben Weg wie vorher auch. Geradeaus, nach der zweiten Säule links, an drei Autos vorbei, rechts die Fahrbahn hoch und da … Da stand unser Auto wieder?! Wie konnte das sein? Kau und ich sahen uns fragend an. Hatte sich jemand unser Auto ausgeborgt und es einfach wieder zurückgestellt? Der eine Wachmann sah irritiert unseren hässlichen BMW an, während der andere triumphierend drauf zeigte und so tat, als wäre es sein Verdienst gewesen, dass wir ihn wiedergefunden hatten. Beim Blick nach oben bemerkte ich, dass sich keine Kamera mehr darüber befand. Konnte es sein, dass es dasselbe Parkhaus zweimal gab, oder waren wir verrückt geworden?

      Wir fragten den englischsprachigen Wachmann, und dieser beantwortete die Frage so, als hätten wir es die ganze Zeit wissen müssen: »Yes, ledi, two parking.«

      Wir hatten also eine Stunde vergeudet, weil wir geglaubt hatten, unser Auto wäre gestohlen, dabei waren wir einfach zu blöd gewesen, ins richtige Parkhaus zurückzufinden.

      Unser nächster Stopp sollte eine Kneipe werden. Nach dem ganzen Stress hatten wir einen Durst, den nur Bier stillen könnte. Wir fuhren durch die warm beleuchteten Straßen und tauchten ein in ein hip aussehendes Viertel. Viele kleine Bars, modern gekleidete junge Menschen und unterschiedliche Musikrichtungen trafen hier aufeinander und erzeugten ein einzigartiges Getöse. Wir betraten die erste Bar, und wie schon in der Stube des Wachmanns stieg mir sofort der Zigarettenrauch in die Nase. Da saßen sie in der kleinen, nicht durchlüfteten Kneipe und pafften genüsslich eine Zigarette nach der anderen, als hätten sie das Wort Nichtraucherschutz noch nie gehört. Hatten die nicht dieselben Gesetze wie der Rest Europas?

      »Hey Kau, ich muss hier raus. Ich kann kaum atmen … Suchen wir eine andere Bar, wo nicht geraucht wird!«

      Anscheinend hatte ich laut genug gesprochen und war nicht die einzige deutschsprachige Person in dem Raum, denn ein Mann mit Topffrisur wandte sich zu mir mit den Worten: »Eine Bar, in der nicht geraucht wird? In diesem Viertel? Dann wünsch ich euch mal viel Glück.«

      Sein Kommentar brachte uns einen kleinen Augenblick lang zum Innehalten, hinderte uns aber nicht daran, das zugerauchte Lokal zu verlassen. Ohne uns weiter Gedanken zu machen, wechselten wir die Straßenseite und steuerten guter Dinge auf die nächste Bar zu. Sie war außen mit kleinen Laternen geschmückt und wirkte warm und einladend. Aber sobald wir die Tür öffneten, wiederholte sich das Szenario und bestätigte, was der Topfkopfjunge uns zugeraunt hatte: Anscheinend gab es hier keine Bar ohne Krebs. Wir gingen zur Theke, bestellten zwei Prager Pils und setzen uns raus in die Kälte. Doch der Metallhocker vor der Tür fühlte sich kälter an als die Lufttemperatur und war auch ein wenig instabil. Wir hatten keine andere Wahl, als zu stehen. Nach der langen Autofahrt war mir aber sowieso nicht nach Rumsitzen zumute.

      Ich hatte mir eigentlich angewöhnt, überall hinzulaufen, wenn ich schon per Anhalter unterwegs war. Sonst liegt man am Ende des Tages im Bett – jedenfalls wenn man Glück hatte in einem Bett –, versucht sich auszuruhen, ist aber körperlich völlig unausgelastet. Der Kopf ist erschöpft, man war schließlich den größten Teil des Tages damit beschäftigt, andere Menschen zu amüsieren und zu unterhalten, der Körper allerdings ist unausgelastet und braucht Auslauf wie ein junger Hund. Als wir noch gemeinsam per Anhalter Europa unsicher machten, haben Kau und ich uns oft als Scherz erlaubt, den Leuten zu erzählen, dass wir in der »Entertainment-Branche« tätig seien. Wir hatten damals oft das Gefühl, dass wir in den Autos all dieser fremden Menschen eine Art Job ausübten: Viele wollten uns mitnehmen, weil

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