Fehlalarm!. Leopold Stummer

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Fehlalarm! - Leopold Stummer

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von basalem menschlichem Verhalten findet sich auch beim Essen eine erstaunlich hohe Zahl von Aberrationen. Anorexie (Magersucht), Bulimie (Ess-Brechsucht) und Binge-Eating (Fressattacken) sind die häufigsten Essstörungen. Schlichtes »Zu-viel-Fressen« ist als eigenes Krankheitsbild umstritten, nicht aber seine Auswirkungen. Die Auswirkungen der Fettleibigkeit – Diabetes Typ 2, Koronarerkrankungen, diverse Krebsarten usw. – sind längst als Bedrohung globalen Ausmaßes erkannt worden (natürlich nur in dem Teil des Globus, der genug zu essen hat). Wieder mal ist Handlungsbedarf gegeben!

      Werden Übergewichtige die nächsten Raucher sein? Mal sind’s schon Grundschüler, mal die Wehrdienstleister, mal die Jugend überhaupt21 oder gar die »Bevölkerung« – jedenfalls sind alle viel zu dick! Einschlägigen Büchern und Filmen zufolge [23, 24] – nein, begreiflicherweise diesmal nicht von Michael Moore – wundert man sich, dass sich in den USA überhaupt noch genügend Jugendliche finden, die mit ihren Ärschen in einen Panzer oder Kampfjet passen, um fremden Ländern demokratische Freiheit einzubomben.

      Europa ist kaum besser dran. Ein großer Teil der Jugendlichen strebt nicht nach körperlicher Ertüchtigung, sondern frisst fettes Zeug und Süßigkeiten in sich hinein, während sie fast regungslos viele Stunden vor Monitoren verbringen – zum großen Entsetzen von Eltern und Älteren, die ihnen dieses Fehlverhalten durch ihr Vorbild und Werbebotschaften von klein auf ständig vermitteln. Man kann nur hoffen, dass diese Generation von verweichlichten Fettsäcken hart genug sein wird, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein (auch wenn sie dies ständig mit Ballerspielen und Gewaltvideos trainieren).

      Der Volksmund hat – auch diesmal wieder – den Kern der Sache klar erkannt: Alles was Spaß macht, ist entweder unmoralisch, illegal, oder es macht dick! Das Bestreben der Wolfbekämpfungsfraktion ist darauf gerichtet, immer mehr Spaßfaktoren von »unmoralisch« (und dick machend) nach »illegal« zu verschieben. Außer den schon früher genannten Gründen, wie Prestige und Geld scheint es – besonders beim »einfachen, besorgten« Aktivisten – auch um ein tief sitzendes Unbehagen gegenüber dem Spaß, den ein anderer hat, zu gehen. Solche Genussskeptiker sind gewiss ein lohnendes Gebiet für psychologische Forschung. Letztendlich entscheidet jeder (noch und zum Teil!) selbst, wie viel Gesundheitsrisiko und gegebenenfalls Illegalität ihm der jeweilige Spaß wert ist.

      Die Endlösung: Letztlich bleibt dir nur Soylent Green – die Nahrung der Zukunft, das beste Soylent [25] aller Zeiten.

      Auf den Schreck brauchst du jetzt …

       … was zu trinken?

      Vorsicht, hier lauert einer der ältesten Wölfe überhaupt, schon fast ein Zombiewolf – die Prohibition (USA, 1919–1932). Na gut, das ist lange her und wäre ja jetzt überstanden! – Nicht ganz, denn im ständigen Streben nach Bevormundung von jedem und jeder sind die selbsternannten Gouvernanten lediglich etwas subtiler geworden.

      Carrie Nation (1846–1911) verrichtete ihr segensreiches Werk noch mit Steinen und Äxten. Als Tochter einer Geisteskranken und Gattin eines Alkoholikers, den sie nach wenigen Monaten verließ, erlebte sie eine religiöse Erweckung und begann – natürlich von Gott direkt geleitet – Dutzende Saloons22 zu verwüsten. Konsequenterweise wurde sie zu einer der wichtigsten Vorkämpferinnen der Prohibition (und der Frauenbewegung).

      Inzwischen werden vorwiegend publizistische Mittel verwendet. Nicht, weil die Gegner etwaiger alkoholischer Freuden plötzlich etwas gegen Äxte oder ähnliche Zwangsmaßnahmen hätten, aber die Zeiten haben sich doch ein wenig geändert. Der Gedanke, dass irgendjemand vergnügt ist – und sei es auch nur unter Einfluss berauschender Mittel – ist für Abstinenzler, Temperenzler, Puritaner und andere selbsternannte Hüter der öffentlichen Moral nach wie vor unerträglich. Schließlich ist es »Verschwendung« von Zeit, Geld, Produktivität, Hirn- und Leberzellen, ja sogar von Menschenleben23. Besonders abzulehnen ist eine evtl. enthemmende Wirkung (bei Alkohol und einigen anderen24 Substanzen), weil viele dieser Hemmungen dem Nachwuchs ja vorher erst mühsam andressiert werden müssen – es wäre also schade um die Mühe.

      Was liegt also näher als ein Wolf! In wechselnden Abständen – vermehrt aber Anfang 2007 – wurde er in den Schlagzeilen gesichtet: Jugendliche, von Woche zu Woche jünger, wurden sturzbetrunken aufgefunden (mit von Woche zu Woche höherem Promillegehalt). Das sogenannte »Komatrinken« war erfunden worden. Minister, Pädagogen, Ärzte, … und wer sich sonst noch aller dazu berufen ­fühlte, gaben ihre Meinung ab. Ein Problem war geboren: Wie kann man die Kinder davor bewahren, sich buchstäblich zu Tode zu saufen? Mit den Eltern hatte das alles natürlich kaum mehr etwas zu tun, Eigenverantwortung ist denen ja bekanntlich kaum zumutbar (wie auch bei Filmen, Videogames, etc.).

      In einigen europäischen Randlagen (Schweden, England, …) ist eine sehr restriktive Einstellung zu Alkohol ohnehin Tradition. Erstaunlich, wie unglaublich besoffen die Bürger dieser Länder dann im Ausland oft sind, wenn die gewohnten Einschränkungen fehlen. Ja, der Begriff des »binge drinking« wurde sogar in einem dieser den Alkoholkonsum tendenziell eher einschränkenden – und sehr teuren – Ländern geprägt. Als Universalmittel zur Eindämmung des offensichtlichen Bedürfnisses dieser Bürger, sich bis zur Bewusstlosigkeit zu betrinken, wurden natürlich hohe Steuern – in Verbindung mit starkem moralischem Druck – verordnet. [17]

      Um also die Gesundheit, besonders der Jugend, zu schützen, wurden Steuern erhöht (Alkopops), Verbote verschärft und Kontrollen verstärkt. Bald war der Wolf besiegt. Niemand, aber auch schon wirklich niemand war mehr stockbesoffen?

      Vielleicht waren die dann folgenden Berichte im Sommer 2007 nur etwas unauffälliger. Nicht auf der Titelseite, sondern tief in den »Wissenschaftsseiten« versteckt, fanden sich kurze Notizen darüber, dass es ein vermehrtes (klinisch relevantes) Auftreten alkoholisierter Jugendlicher oder gar Kinder, nie gegeben hatte. Die Zahlen waren langjährig konstant und insgesamt eher niedrig. Nichts war anders gewesen als zuvor, bevor der »Komasaufen«-Wolf geschaffen worden war. Lediglich einige spektakuläre Einzelfälle wurden medial aufgebauscht. Irgendwann haben eben die meisten Jugendlichen ihren ersten und oft auch einzigen Vollrausch. Jugendliche wollen eigene Fehler begehen, diese kann (und soll) man ihnen nicht ersparen, man kann höchstens versuchen, sie vor den Auswirkungen zu beschützen.

      Übermäßiger Konsum von Alkohol – wie jeder andere übermäßige Konsum – ist schädlich (dies ist schon dem Wort »übermäßig« zu entnehmen). Psychischer, physischer und sozialer Ruin, Sucht, Leberzirrhose, mindestens ein Dutzend Krebsvarianten, ja sogar Ausschreitungen bei Fußballspielen, evidente Selbstüberschätzung, ungeplante Schwangerschaften, Verirrungen, Verwirrungen und befleckte Kleider können die Folge sein. Gewiss ein Anlass zur Sorge. Diese Bedrohung ist aber vielleicht nicht ganz so neu, denn schon vor ca. 3 300 Jahren warnt ein ägyptisches Papyrus [26]:

       Sei nicht unmäßig beim Biertrinken!

       Nicht angenehm ist die lallende Sprache,

       die aus deinem Munde kommt,

       du selbst aber weißt nicht, was du redest.

       Fällst du hin und bist du verletzt,

       niemand ist da und reicht dir die Hand.

       Deine Saufkumpane stehen herum

       und sagen: Weg von diesem Betrunkenen!

       Kommt aber eilig jemand,

       um von dir einen Rat zu holen,

      

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