Märchen aus Frankreich, Band 1. Группа авторов

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Märchen aus Frankreich, Band 1 - Группа авторов

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welcher den Tod des Schloßherrn veranlaßt hatte, sich noch hier im Saale befinden mußte. Von neuem begann das Suchen und Schlagen, doch Herr Iwein rührte sich nicht. Die Frau aber schrie wie eine Wahnsinnige: "Ach Gott! Soll man den Mörder, den Schurken nicht finden, der meinen guten Herrn umgebracht hat. Guten? Den Besten der Guten! Hat sich ein Geist oder der leidige Feind unter uns gemengt, bin ich behext, daß meine Augen ihn nicht sehen? Ein Feigling ist er, wenn er mir nicht steht, er, der gegen meinen Herrn so mutig war. Wahrlich, er kann nicht von dieser Welt sein, wenn er meinem unvergleichlichen Herrn standhielt." Dann trugen sie die Leiche hinaus und begruben sie. Die Menge wurde schließlich des Suchens müde und zerstreute sich. Nun trat die Jungfrau wieder zu Iwein. "Herr", sagte sie, "wie ein Jagdhund nach einem Rebhuhn oder einer Wachtel spürt, so haben sie jeden Winkel abgesucht. Das muß Euch in Furcht gesetzt haben!" "Das ist richtig," antwortete Iwein, "aber nichtsdestoweniger möchte ich durch ein Fenster den Leichenzug da draußen beobachten." So sagte er, aber in Wahrheit kümmerte er sich weder um die Leiche noch um den Zug, sondern er sprach es, weil er die Herrin der Stadt schauen wollte. Lunete führte ihn an ein Fensterchen, durch welches er die schöne Frau erspähen konnte, welche immer noch ihrem toten Gatten nachtrauerte: "Euch, lieber Herr, kam nie ein Ritter gleich an Ehren weder noch an feiner Sitte. Freigebigkeit war Eure Freundin und Mut Euer Gefährte. Unter der Schar der Heiligen möge, teurer Herr, Eure Seele weilen." Dabei zerriß sie immer wieder mit den Händen ihr Gewand, dergestalt, daß Iwein sich nur mit Mühe zurückhalten ließ, sie daran zu hindern. Lunete mahnte ihn nochmals, ruhig und besonnen zu bleiben, dann ging auch sie, um an der Leichenfeier teilzunehmen.

      Inzwischen hatte aber die Frau, ohne es zu wissen, einen Rächer für den Tod ihres Gatten gefunden, und zwar einen stärkeren als sie selbst jemals hätte finden können: Amor hatte nämlich für sie Rache genommen, dadurch, daß er Iwein durch die Augen in das Herz getroffen hatte. Hierdurch hatte Herr Iwein eine Wunde erhalten, die nie wieder heilen sollte. Je länger Iwein die Frau durch das Fenster beobachtete, desto mehr verliebte er sich in sie und desto schöner erschien sie ihm. Gewiß, er wußte, daß sie ihn wegen der Tötung ihres Gatten hassen müsse, aber eine Frau hat mehr als tausend Gefühle. Vielleicht wird sich das Gefühl, daß sie zur Zeit hegt, noch einmal ändern? Sicher wird es das, ohne "vielleicht" und er wäre töricht, wenn er zuvor verzweifeln wollte, Gott gebe nur, daß es bald wechsle. Während er noch in solchen Gedanken befangen war, kehrte Lunete zurück, um ihm Gesellschaft zu leisten, ihn zu trösten und zu zerstreuen. "Herr Iwein," redete sie ihn an, "wie ist es Euch inzwischen ergangen?" "Nach Gefallen!" erwiderte er. "Nach Gefallen? Wie? Kann es einem nach Gefallen ergehen, wenn man zum Tode geholt werden soll?" "Gewiß, meine liebe Freundin," entgegnete er, "ich möchte jetzt nicht sterben, denn was ich sah, hat mir sehr gefallen und gefällt mir noch und wird mir immer mehr gefallen!" "Lassen wir das," sprach Lunete, "ich verstehe sehr wohl, worauf dieses Wort zielt, ich bin nicht so einfältig. Aber jetzt kommt, damit ich Eure Befreiung bewerkstellige. Heute Nacht noch oder morgen früh sollt Ihr in Sicherheit sein." "Oho," versetzte er, "ich will nicht wie ein Dieb davonschleichen. Mit mehr Ehren werde ich von dannen ziehen, wenn alles Volk draußen auf der Straße versammelt ist, als wenn ich nächtlicherweile mich aus dem Staube mache!"

      Die Jungfrau erinnerte sich sehr wohl an Iweins Worte, und da sie sehr gut mit ihrer Herrin stand, so benutzte sie die nächste Gelegenheit, um die Sache zur Sprache zu bringen. "Herrin," sprach sie, "es wundert mich sehr, daß Ihr Euch so sinnlos gebärdet; glaubt Ihr denn, den Herrn durch Eure Tränen zurückzugewinnen?" "Ach," entgegnete jene, "ich wünschte, ich stürbe vor Schmerz!" "Warum?" "Um ihm nachzufolgen!" "Ihm nach ...? Davor bewahre Euch Gott, vielmehr gebe er Euch wieder einen ebenso guten Gemahl, der auch ebenso tapfer ist." "Einen so trefflichen kann er mir nicht wiedergeben!" "Einen besseren wird er Euch geben, wenn Ihr ihn nehmen wollt, das will ich Euch beweisen." "Geh, schweig! Einen solchen werde ich nie finden!" "Doch, Herrin, wenn Ihr wollt. Denn, sagt mir doch – um Vergebung –, wer soll Euren Boden schützen, wenn König Artus herkommt, der, wie Ihr wißt, nächste Woche zur Quelle und zum Steinblock gelangen wird? Ihr solltet lieber einen Entschluß fassen, wie Ihr Eure Quelle verteidigen wollt, anstatt daß Ihr unaufhörlich jammert." "Geh!" zürnte die Herrin, "ich will nichts mehr davon hören!" "Auch gut, Frau!" schmollte Lunete, "da kann man nichts machen, wenn sich die Herrin über guten Rat erzürnt." Aber ihre Worte hatten doch gewirkt, die Dame hätte gar zu gern gewußt, wie Lunete beweisen wollte, daß sie einen besseren Ritter finden könne, als ihr Gatte gewesen war, und bald kam das Gespräch wieder auf diesen Gegenstand. "Gesetzt, daß zwei Ritter sich bewaffnet im Kampfe gegenüberstehen", sagte Lunete, "und daß der eine den anderen besiegt, wer, glaubt Ihr, ist wohl der bessere? Ich meinerseits würde dem Sieger den Preis zuerkennen. Und Ihr?" "Mir scheint, du willst mir auflauern, um mich dann beim Wort zu nehmen." "Ich sage die reine Wahrheit, ich will Euch nur beweisen, daß der, welcher Euren Gatten besiegte, ein besserer Ritter ist als jener war." Nun brach der Zorn der Herrin los und Lunete eilte wieder zu Iwein, der bekümmert darüber war, daß er den Anblick der Schloßherrin entbehren mußte. Diese sorgte sich indessen doch darum, wie sie ihre Quelle verteidigen sollte, und sie bereute ihre harten Worte gegen Lunete. Am anderen Morgen entschuldigte sie sich bei ihr und fragte sie nach Name und Art des Siegers. "Ich werde ihn", sagte sie, "dafür bürge ich dir, zum Herrn über mich und mein Land machen. Aber es muß so geschehen, daß über mich keine üble Nachrede entsteht, etwa: das ist die, die den Mörder ihres Gatten genommen hat." "Gewiß, Herrin, Ihr werdet den edelsten und vornehmsten und schönsten Mann bekommen, der je aus dem Stamme Abels geboren wurde." "Wie heißt er denn?" "Herr Iwein." "Bei Gott, der ist nicht übel. Er ist von edler Geburt, ich weiß wohl, er ist der Sohn des Königs Urian." "So ist es." "Und wann kann ich ihn haben?" "In fünf Tagen." "Das ist zu lange, er sollte schon da sein. Er soll heute Nacht oder doch spätestens morgen kommen." Lunete versprach nun, den Ritter herbeizuschaffen und beriet ihre Herrin, wie sie ihre Barone mit ihrer schnellen Wiederverheiratung versöhnen könne: es müßte doch jedem einleuchten, daß die Quelle einen neuen Verteidiger haben müsse.

      Iwein wurde also vor die Schloßherrin geführt, um von ihr, wie die listige Lunete sagte, ins Gefängnis geworfen zu werden, und er folgte demütig und krank vor Liebe und Sehnsucht. Und hatte die Jungfrau nicht recht, wenn sie ihn einen Gefangenen nannte? Denn wer liebt, ist in Ketten. Gebeugten Hauptes trat Iwein vor die Schloßherrin, er faltete die Hände und ließ sich vor ihr auf die Knie nieder. "Herrin, ich bitte nicht um Gnade. Gern will ich alles leiden, was Ihr mit mir vorhabt, und ich will Euch noch dafür danken." "Und wenn ich Euch töten lasse, wie Ihr meinen Herrn getötet habt?" "Wenn Euer Herr mich angriff, welches Unrecht tat ich, mich zu verteidigen?" "Wenn Ihr Euch schuldlos fühlt, warum wollt Ihr dann meinen Willen über Euch ergehen lassen? Setzt Euch und steht mir Rede!" "Herrin, mein Herz treibt mich dazu!" "Und wer trieb Euer Herz?" "Herrin, meine Augen!" "Und wer die Augen?" "Die hohe Schönheit, die ich an Euch sah!" "Die Schönheit, was hat die damit zu tun?" "Herrin, sie heißt mich lieben!" "Lieben? Und wen?" "Euch, teure Frau!" "Mich? Und wie?" "So, daß ich nur noch an Euch denke, daß ich Euch mehr liebe als mich selbst, daß ich für Euch leben oder sterben will!" "Und werdet Ihr meine Quelle schützen?" "Gegen die ganze Welt!" "Dann sind wir also einig."

      Darauf führte sie ihn in den Saal zu den Baronen, welchen seine ritterliche Gestalt gewaltig in die Augen stach und welche ihn ohne Widerrede als ihren Herrn anerkannten. Noch am gleichen Tage vermählte sich Herr Iwein mit Laudine von Landuc, der Tochter des sangesberühmten Herzogs Landunet.

      Am Tage darauf kam König Artus mit seinen Begleitern zur Wunderquelle und zum Stein. "Nun?" spottete Kei, "was ist aus Iwein geworden, der sich nach dem Mahle vom Weine berauscht rühmte, seinen Vetter rächen zu wollen. Er ist feige geflohen!" "Gnade, Herr Kei," versetzte Gawein, "wenn Herr Iwein nicht hier ist, so hat er sicherlich einen Entschuldigungsgrund." Kei schwieg und der König goß Wasser aus dem Becken auf den Stein unter der Tanne, und sogleich begann es in Strömen zu regnen. Alsbald erschien Herr Iwein bewaffnet im Walde. Kei bat den König, als erster mit dem Hüter der Quelle kämpfen zu dürfen und diese Bitte wurde ihm sogleich gewährt. Herr Iwein aber versetzte ihm einen Stoß von solcher Heftigkeit, daß er einen Purzelbaum von seinem Sattel herab schoß und sein Helm am Boden rollte. Iwein ließ ihn liegen und trat vor den König, indem er Keis Roß am Zügel führte. "Herr," sprach er,

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