Berufliche Belastungen bewältigen. Группа авторов

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Berufliche Belastungen bewältigen - Группа авторов

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erleben sie dann auch Aggression, deren Ausleben zur Frustration einer anderen Person führt oder das Frustrationsgefühl der Fachkraft weiter verstärkt. Aggression mündet also in reaktivem Verhalten, das wiederum Frustration freisetzt usw. Frustrierend ist vielleicht die Enttäuschung bei einer/einem SozialarbeiterIn, wenn die Befriedigung seines/ihres eigenen Bedürfnisses nach Wertschätzung durch das Verhalten eines/einer Jugendlichen verhindert wird. Aggressives Verhalten dient dazu, das Subjekt, das der Bedürfnisbefriedigung im Wege steht, herauszufordern, häufig ohne Rücksicht auf mögliche Verletzungen der Personen. Die Stärke der Aggressionsreaktion steht dabei im Verhältnis zur vorherigen Frustrationsstärke. Die Spirale von Frustration und Aggression beginnt bei einer harmlos erachteten Bemerkung und mündet dann in Rache.

      Aber: Lösen Frustrationen automatisch immer Aggressionen aus?

      In Erweiterung ihrer Hypothese beziehen Dollard und Miller die Erkenntnis mit ein, dass Frustration auch der Grund für Ärger, Angst, Isolation oder Niedergeschlagenheit werden könne. So leitet sich die Stärke bestrafenden Verhaltens nicht zwangsläufig aus der Intensität des Frustrationserlebnisses ab. Es kommt auf die Wahrnehmung und Vermutung an, die der Emotion und der Reaktion vorweggehen. Wenn also Bedürfnisse etwa ohne nachvollziehbare Gründe blockiert werden, wirkt das individuell auf die Aggression der Betroffenen. Wenn z. B. eine Klientin in die Beratungsstelle kommt und erfährt, sie müsse warten, weil der Sozialarbeiter nun eine Tasse Kaffee trinken gehen will, reagiert sie wahrscheinlich aggressiver, als wenn sie erfahren würde, dass der Sozialarbeiter gerade einen Schwächeanfall erlitten hat. Auch der Alltag der HelferInnen ist davon geprägt, wenn etwa am Ende eines langen Arbeitsprozesses die KlientInnen die Beratung einfach abbrechen. Es werden Fragen wichtig wie:

      • Wieviel Zeit und Kraft wurde investiert?

      • Was ist die Begründung für den Abbruch der Hilfe?

      • Welche Erwartung hatte die Fachkraft an den Verlauf der Hilfe gehabt?

      • Wie ist die Fachkraft in ihr Team integriert?

      Können Sie ergänzen?

      Es kommt also in als bedrohlich empfundenen Situationen auf die individuelle Entscheidung an. So mag es sogar zu einer o. g. Aggressionsumleitung kommen. Das heißt, dass die Person oder der Umstand, die zu einer Frustration geführt hat, nicht zwangsläufig Opfer der bevorstehenden Aggression werden muss. Stattdessen wird eine andere Person mit aggressivem Verhalten angegangen.

      Einem kognitiven Aspekt des Phänomens folgt Mietzel, wenn er im weiteren Verlauf erläutert, dass die Annahme, dass Aggression, wie jedes soziale Verhalten, durch Beobachtung, Nachahmung und Lernen am Erfolg reproduziert wird, der Erklärung von Aggression hinzuzufügen sei. Wenn sich Menschen der Bedeutung der Konsequenz ihrer Handlung bewusst sind, nutzen sie Verhaltensweisen, die Verhaltensbeobachtungen und sichtbare resultierende Konsequenzen einbeziehen.

      Frage: Welche situativen Bedingungen/Voraussetzungen können das gewalttätige Verhalten gegenüber alten Menschen in einem Pflegeheim fördern?

      Davon ausgehend, dass aggressives Verhalten von Vorbildern nachgeahmt wird, so erläutert Mietzel sein Verständnis von Albert Banduras Ansatz, gilt es zu berücksichtigen, dass »solche Nachahmung nicht automatisch, sondern nur unter bestimmten Bedingungen erfolgt.« (Mietzel 2000, S. 309) Daraus erfolgt für das fachliche Handeln:

      • Was bedeutet es z. B. für einen Heilpädagogen, wenn die gewalttätige Handlung gegenüber dem betreuten Menschen geheim bliebe?

      • Welchen Einfluss hat der Führungsstil einer Wohnbereichsleitung auf das Verhalten der Pflegefachkraft?

      Die englische Psychologin Glynis Breakwell beschreibt ebenso verschiedene psychologische Erklärungstheorien. Darüber hinaus bietet sie eine zeitliche Differenzierung von fünf Eskalationsphasen als Angriffsphasen sowie Reaktionsweisen der Opfer und schließlich Chancen der Vermeidung für Pflegefachkräfte, HeilpädagogInnen und SozialarbeiterInnen im Umgang mit personaler Gewalt. Sie konfrontiert LeserInnen mit deren o. g. individuellen »Aggressionsvorlieben« als Tätern (Breakwell 1998, S. 60 f.). Fachkräfte können sich entsprechend fragen:

      • Welche Auslösefaktoren kenne ich bei mir?

      • Welchen Aggressionsstil bevorzuge ich im Konflikt?

      • Welche Resultate erzeugt mein aggressives Verhalten?

      • Was empfinde ich im Konflikt?

      • Welche Vorbilder hatte ich im Umgang mit Konflikten?

      • Gegen wen richtet sich meine Aggression?

      • Welche Rolle spielt die Kultur der Einrichtung, in der ich arbeite?

      Das bereits über 20 Jahre alte Standardwerk von Breakwell findet in aktuellen Diskursen immer noch besondere Resonanz (vgl. Glasl 2017, Oelke 2012). Darin betont sie insbesondere den Unterschied zwischen einer legitimen Selbstbehauptung, sich durchzusetzen – denn diese sichere Individualität und Identität für die Fachkräfte, so die Autorin – und einer illegitimen Gewalt als vorsätzlichem Versuch, Schaden zuzufügen (vgl. Breakwell 1998, S. 19 f.).

      Die von ihr dargelegten fünf Verhaltensweisen im Konflikt fordern nicht nur die Fachkräfte auf, ihren Anteil am Konflikt zu reflektieren.

      1. Auslösephase

      Fachkräfte fragen sich: Wann und wo erreiche ich meinen inneren Siedepunkt? Aufgrund der Vielzahl von Auslösern wird es schwer, sich sämtlicher persönlicher Trigger bewusst zu werden. Betroffene in dieser Phase beginnen anonym, sich nicht mehr regelkonform zu verhalten, sie fallen aber noch nicht auf, da es sich hauptsächlich noch um einen innerpsychischen Prozess handelt.

      2. Eskalationsphase

      Physische und psychische Unruhe steigen und die Konzentrationsfähigkeit sinkt. Es kommt zu verbaler und nonverbaler Distanzlosigkeit, Beleidigungen und Drohungen nehmen zu. Eine Verrohung von Sprache zeigt sich, Sprachsensibilität nimmt ab. Fachkräfte sind aufgefordert, drohendes oder einschüchterndes Verhalten zu erkennen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.

      3. Krisenphase

      Aggressoren sind »rasend vor Wut«, wenn sie die Selbstkontrolle über ihre aggressiven Impulse verlieren. Der Angriff erscheint absolut berechtigt und unausweichlich. Es fällt dann sicherlich schwer, mittels verbaler Kommunikation den Konflikt zu lösen, selbstsicher die eigenen Bedürfnisse zu beachten, achtsam zu bleiben: Wie geht es dem Anderen? Einen Abstand zur gefährlichen Situation zu schaffen, ist sicherlich eine wichtige Aufgabe in solchen Momenten. Vielleicht können rationale Notwendigkeiten vorgeschoben werden, um die Situation verlassen zu können, bevor körperlicher Zwang oder Gewalt ausgeübt wird.

      4. Erholungsphase

      Betroffene Personen beruhigen sich häufig innerhalb von spätestens anderthalb Stunden, wenn sie die Möglichkeit sehen, ihr normales Grundverhalten wiederherzustellen. Doch noch anfällig, in eine weitere Krise zu rutschen, besteht die Gefahr des Rückfalls, insbesondere da die ersten beiden Phasen dazu nicht mehr durchlaufen werden müssen. Fachkräfte können sich darin üben, sich zu stabilisieren, wenn sie Strategien kennen, sich zu beruhigen.

      5. Depressionsphase

      Körperliche

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