Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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»Ein gutes Fressen für die Fische.« sagte halblaut der Offizier, den seine heitre Laune keinen Augenblick verlassen hatte.
Dann kehrte er ins Haus zurück.
Plötzlich bemerkte er die Fische in dem Netze wieder. Er hob sie auf, betrachtete sie lange und rief dann lachend: »Wilhelm!«
Ein Soldat mit einer weißen Schürze lief herbei. Der Preusse warf ihm das Netz mit den Fischen der beiden Erschossenen zu. »Du kannst mir gleich diese kleinen Tierchen da braten; sie sind noch ganz frisch. Sie werden köstlich schmecken.«
Dann rauchte er seine Pfeife weiter.
*
Ein Stückchen Bindfaden
An Harry Alis.
Auf allen Strassen und Wegen rings um Goderville zogen die Landleute mit ihren Frauen dem Flecken zu, wo heute Markttag war. Die Männer gingen langsamen Schrittes und beugten sich bei jeder Bewegung ihrer langen, krummen Beine vornüber. Ihr Körper trug die Merkmale schwerer Arbeit. Das ewige Aufdrücken beim Pflügen hatte die linke Schulter emporgezogen, den Leib gekrümmt; und durch das Getreide-Mähen waren die Knie geknickt, um einen besseren Schwung nehmen zu können. Ihre blauen gesteiften Kittel, am Hals und an den Ärmelbördchen mit weißer Stickerei versehen, glänzten als ob sie lackiert wären. Der Wind blähte sie um den knochigen Körper auf, sodass sie einem Luftballon glichen, der im nächsten Augenblick aufsteigen soll und aus dem ein Kopf, zwei Arme und zwei Füsse hervorragen.
Die einen zogen eine Kuh, die anderen ein Kalb hinter sich her. Die Frauen trieben von rückwärts, mittels eines abgerissenen Zweiges, an dem noch die Blätter hafteten, das Tier zu schnellerem Gange an. Sie trugen am Arme große Körbe, aus denen hier die Köpfe von Hühnern, dort von Enten herausschauten. Sie machten kürzere aber lebhaftere Schritte als ihre Männer. Ihre eingefallene Brust war durch einen kleinen gestrickten Shawl, vorn mit einer Nadel zusammengehalten, verdeckt, während den Kopf ein oben zusammengebundenes Leinentuch schützte, auf dem eine Mütze sass.
Hin und wieder kam ein Karren im langsamen Trabe vorüber; zwei Männer vorn und eine Frau, die sich krampfhaft bei jedem Stosse festhielt, wurden tüchtig auf demselben durcheinander gerüttelt.
Auf dem Marktplatz von Goderville wogte ein buntes Gemenge von Menschen und Tieren; die Hörner der Kühe, die langhaarigen Filzhüte der reichen Bauern, die Mützen der Bäuerinnen ragten aus diesem Gewimmel empor. Kreischende, scharfe, gellende Stimmen bildeten ein fortgesetztes seltsames Geschrei, mit dem sich zuweilen ein lautes Gelächter aus der breiten Brust eines Bauern oder das langgezogene Gebrüll einer Kuh vermengte, die an der Wand eines Hauses angebunden war.
Alles roch nach Stall, Milch, Rauch, Heu und Schweiß; strömte jenen scharfen, halb tierischen, halb menschlichen Dunst aus, der den Landleuten eigen ist.
Meister Hauchecorne von Bréauté war in Goderville eingetroffen und steuerte dem Marktplätze zu, als er an der Erde ein Endchen Schnur bemerkte. Meister Hauchecorne, ein echter sparsamer Normanne, dachte, dass man alles aufheben müsse, was noch irgendwie verwendbar sei. Er bückte sich mühsam, denn er litt stark an Rheumatismus. Er hob das Endchen Schnur auf und wickelte es sorgsam zusammen, als er auf der Schwelle seines Hauses Meister Malandain, den Sattler, bemerkte, der ihm zuschaute. Sie hatten wegen eines Kummets einmal Streit miteinander gehabt und waren sich seitdem feindlich gesinnt geblieben. Meister Hauchecorne schämte sich etwas, von seinem Feinde dabei beobachtet zu werden, wie er in der Gosse ein Endchen Schnur auflas. Schnell verbarg er seinen Fund unter dem Kittel und dann in seiner Hosentasche. Hierauf stellte er sich, als suche er auf dem Boden etwas, das er nicht finden konnte und ging dann dem Markte zu den Kopf wegen seiner Schmerzen vornüber gebeugt.
Er verlor sich unter der lärmenden langsam auf und abwogenden Menge, die sich ihren endlosen Handelsgeschäften widmete. Die Landleute untersuchten die Kühe, gingen fort, kamen wieder, immer in der Furcht hereingelegt zu werden, nicht wagend sich endgültig zu entscheiden, misstrauisch den Käufer musternd, und unausgesetzt die List des Mannes oder den Fehler des Tieres zu entdecken suchend.
Die Frauen hatten die große Körbe vor sich hingesetzt und das Geflügel herausgenommen, das nun. an den Füssen zusammengebunden, mit erstauntem Blick und rotem Kamm am Boden lag.
Sie horchten auf die gebotenen Preise, bestanden auf den ihrigen mit zäher Beharrlichkeit bis sie dann schliesslich, wenn der Käufer schon von dannen gehen wollte, plötzlich heruntergingen und ihm nachriefen:
»Gut Meister Anthime. Ich geb es her.«
Dann wurde der Platz allmählich leerer; und als es zum »Angelus« läutete, begaben sich diejenigen, die weiter wohnten in die verschiedenen Wirtshäuser.
Bei Jourdain war der große Saal voll von Speisenden, wie der große Hof voll von Fuhrwerken aller Art: von Karren, Wagen, Gigs, Ein- und Zweispännern, unnennbaren Fahrzeugen, starrend von Schmutz, unförmlich zum Teil, vielfach geflickt, deren Deichseln wie zwei Arme zum Himmel erhoben waren, oder umgekehrt auf der Erde ruhten, während der Hinterteil in die Luft ragte.
Den Speisenden gegenüber warf der ungeheure, hell angefachte Kamin seine wärmenden Strahlen auf den Rücken der zur Rechten sitzenden. An demselben brieten auf drei Bratspiessen Hühner, Tauben und Schöpsenkeulen. Ein leckerer Geruch von gebratenem Fleisch und saftiger Sauce, die aus demselben hervorquoll, stieg zur Decke empor, machte den Mund wässerig und stimmte zur Fröhlichkeit.
Die ganze besser situierte Welt der Landleute speiste dort bei Meister Jourdain, Wirt und Pferdehändler in einer Person, einem geriebenen Burschen, der manchen Taler im Kasten hatte.
Die Schüsseln wanderten auf und ab, und leerten sich ebenso schnell wie die Flaschen mit goldgelbem Cider. Man unterhielt von der Ernte. Das Wetter war für das Grünfutter günstig, aber für das Getreide etwas zu nass. Jeder erzählte