Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 271

Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant Gesammelte Werke bei Null Papier

Скачать книгу

von Go­der­ville ge­bracht – und na­ment­lich al­ler Be­su­cher des Mark­tes, – dass heu­te Mor­gen zwi­schen neun und zehn Uhr – auf der Stras­se von Beu­ze­ville – eine schwarz­le­der­ne Brief­ta­sche – mit fünf­hun­dert Fran­cs und ver­schie­de­nen Ge­schäfts­pa­pie­ren – ver­lo­ren wor­den ist. – Der ehr­li­che Fin­der wird ge­be­ten – die­sel­be auf der hie­si­gen Mai­rie oder bei – Herrn For­tu­ne Houl­brèque in Man­ne­ville ge­gen eine Be­loh­nung von 20 Fran­cs ab­zu­ge­ben.«

      Dann ent­fern­te sich der Mann. Noch ein­mal hör­te man von wei­tem das dump­fe Ras­seln sei­ner Trom­mel und schwa­chen Laut sei­ner Stim­me.

      Hier­auf be­gann eine leb­haf­te Un­ter­hal­tung über die­sen Zwi­schen­fall. Man er­wog die Aus­sich­ten, die Meis­ter Houl­brèque hat­te, sein Ei­gen­tum wie­der zu er­hal­ten oder für im­mer zu ver­lie­ren.

      Die Mahl­zeit ging zu Ende.

      Man war ge­ra­de beim Kaf­fee, als der Gen­dar­me­rie-Bri­ga­dier auf der Schwel­le er­schi­en.

      »Ist Herr Hauch­e­cor­ne von Béauté hier?« frag­te er.

      »Hier bin ich,« ant­wor­te­te Meis­ter Hauch­e­cor­ne, der am an­de­ren Ende des Zim­mers ge­ses­sen hat­te.

      »Ich er­su­che Sie, Herr Hauch­e­cor­ne,« nahm der Bri­ga­dier wie­der das Wort, »mich ge­fäl­ligst zur Mai­rie zu be­glei­ten. Der Herr Maire hät­te ein Wort mit Ih­nen zu re­den.«

      Der über­rasch­te Land­mann stiess be­stürzt sein Glas von sich und folg­te dem Bri­ga­dier in noch ge­bück­terer Hal­tung als am Vor­mit­tag; denn nach je­der Ruhe mach­ten sich sei­ne Gicht­schmer­zen dop­pelt fühl­bar. »Ich kom­me schon, ich kom­me schon,« mur­mel­te er da­bei fort­wäh­rend.

      Der Maire er­war­te­te ihn in sei­nem Ses­sel sit­zend. Es war der No­tar des Or­tes, ein di­cker erns­ter Mann, der sich stets in schwung­haf­ten Phra­sen be­weg­te.

      »Meis­ter Hauch­e­cor­ne; be­gann er, »man hat Sie heu­te Mor­gen be­ob­ach­tet, wie Sie auf der Stras­se von Beu­ze­ville die Brief­ta­sche auf­ho­ben, die Herr Houl­brèque von Man­ne­ville ver­lo­ren hat.«

      Schon der Ver­dacht der auf ihn las­te­te, ohne dass er den Grund da­für be­griff, ver­setz­te den Land­mann in Furcht. Fas­sungs­los starr­te er den Maire an.

      »Ich? Ich soll die Brief­ta­sche auf­ge­ho­ben ha­ben?«

      »Ja, Sie.«

      »Auf mein Wort, ich habe kei­ne Ah­nung da­von ge­habt.«

      »Man hat Sie be­ob­ach­tet.«

      »Mich be­ob­ach­tet? Wer will mich, ge­se­hen ha­ben?«

      »Herr Ma­land­ain, der Satt­ler.«

      Da er­in­ner­te sich der Alte; er ver­stand, und wur­de rot vor Zorn.

      »Ach ja, er hat mich ge­se­hen die­ser Lüm­mel; er hat ge­se­hen, wie ich die­ses End­chen Schnur da, schau­en Sie, Herr Maire, auf­hob.«

      Und in sei­ne Ta­sche grei­fend zog er das klei­ne Stück­chen Schnur her­vor.

      Aber der Maire schüt­tel­te un­gläu­big den Kopf.

      »Sie wer­den mir das nicht ein­re­den, Meis­ter Hauch­e­cor­ne, dass Herr Ma­land­ain, ein glaub­wür­di­ger Mann, die­sen Bind­fa­den für eine Brief­ta­sche an­ge­se­hen habe.«

      Wü­tend er­hob der Land­wirt sei­ne Hän­de, spuck­te zur Sei­te, um sei­nen Re­spekt aus­zu­drücken und wie­der­hol­te:

      »Das ist die Wahr­heit, bei Gott! Die rei­ne Wahr­heit, Herr Maire. Wahr­haf­tig, ich be­schwö­re es bei mei­ner Ehre und Se­lig­keit.«

      »Nach­dem Sie den Ge­gen­stand auf­ge­ho­ben hat­ten,« nahm der Maire wie­der das Wort, »ha­ben Sie so­gar noch lan­ge in der Gos­se ge­sucht, ob Ih­nen nicht etwa noch ein Geld­stück ent­gan­gen wäre.«

      Der Bie­der­mann keuch­te schwer vor Zorn und Furcht.

      »Wer soll­te es glau­ben! … Wer soll­te das für mög­lich hal­ten! … Sol­che Lü­gen um einen eh­ren­wer­ten Mann blos­zu­stel­len! Wie ist es mög­lich!«

      Aber er hat­te gut pro­tes­tie­ren; man glaub­te ihm nicht.

      Man kon­fron­tier­te ihn mit Meis­ter Ma­land­ain, der sei­ne Be­haup­tung ab­so­lut auf­recht hielt. Eine Stun­de lang strit­ten sie sich her­um. Man durch­such­te Meis­ter Hauch­e­cor­ne auf sein Ver­lan­gen, aber man fand nichts bei ihm.

      Der Maire wur­de schliess­lich zwei­fel­haft. Er ent­liess ihn mit der Be­mer­kung, dass er die Sa­che an­zei­gen und sich wei­te­re Be­feh­le ein­ho­len wer­de.

      Die Ge­schich­te hat­te sich bald her­u­mer­zählt. Als Meis­ter Hauch­e­cor­ne die Mai­rie ver­liess, wur­de er von al­len Sei­ten um­ringt und mit leb­haf­ter spöt­ti­scher Neu­gier, aber ohne jede äus­se­re Ent­rüs­tung, be­fragt. Er er­zähl­te die Ge­schich­te von der Schnur. Aber man glaub­te ihm nicht und lach­te.

      Er er­zähl­te im­mer aufs Neue je­dem, der sie hö­ren woll­te, sei­ne Ge­schich­te, schil­der­te sei­nen Pro­test auf der Mai­rie, zeig­te sei­ne um­ge­wen­de­ten Ta­schen, um zu be­wei­sen, dass nichts dar­in sei.

      »Al­ter Schlau­kopf!« sag­te man zu ihm.

      Er wur­de wü­tend, ganz aus­ser sich und schliess­lich trau­rig, weil man ihm nicht glaub­te; er wuss­te nicht, was er ma­chen soll­te und er­zähl­te im­mer wie­der sei­ne Ge­schich­te.

      Der Abend brach her­an. Es wur­de Zeit zur Heim­kehr. Er mach­te sich auf den Weg mit drei Nach­barn, de­nen er die Stel­le zeig­te, wo er das End­chen Schnur auf­ge­le­sen hat­te. Und den gan­zen Weg über sprach er von sei­nem Aben­teu­er.

      Den gan­zen Abend ging er im Dor­fe Béauté her­um, um al­ler Welt sei­ne Ge­schich­te zu er­zäh­len. Er be­geg­ne­te nur un­gläu­bi­gen Ge­sich­tern.

      Nachts wur­de er vor Auf­re­gung krank.

      Am an­de­ren Tage, ge­gen ein Uhr Nach­mit­tags, brach­te Ma­ri­us Pau­mel­le, Dienst­knecht bei Meis­ter Bre­ton, Bau­er in Ymau­ville, die Brief­ta­sche samt In­halt dem Meis­ter Houl­brèque von Man­ne­ville zu­rück.

      Die­ser Mann be­haup­te­te, die Brief­ta­sche tat­säch­lich auf der Stras­se ge­fun­den zu ha­ben. Aber da er des Le­sens un­kun­dig war, so hat­te er das Ding mit nach Hau­se ge­nom­men und sei­nem Herrn über­ge­ben.

      Die Nach­richt ver­brei­te­te sich bald in der Nach­bar­schaft. Auch Meis­ter Hauch­e­cor­ne er­fuhr sie und tri­um­phier­te.

Скачать книгу