Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Dann zeigte der Hausherr ein Detaille: »Der Unterricht«. Das Bild stellte einen Soldaten in der Kaserne dar, der einen Pudel im Trommeln unterrichtete. »Das ist so geistreich!« sagte er.
Duroy war begeistert und lachte zustimmend:
»Wie entzückend! Wie entzückend! Wie entzü …«
Plötzlich hielt er inne; er hörte hinter sich die Stimme von Madame de Marelle, die soeben gekommen war. Der Chef fuhr fort, seine Gemäldesammlung zu beleuchten und zu erklären. Er zeigte noch ein paar Bilder und sagte dann:
»Ich habe noch welche in den anderen Räumen, aber es sind Bilder von Künstlern, die noch nicht berühmt sind. Dieses Zimmer hier ist mein Kunstsalon. Ich kaufe momentan sehr viele Bilder von ganz jungen Malern. Ich hänge sie in mein Privatzimmer und warte ruhig, bis die Schöpfer berühmt werden.«
Dann setzte er ganz leise hinzu:
»Es ist augenblicklich die richtige Zeit, um Bilder zu kaufen. Die Kunst geht betteln. Die Maler haben keinen Sou … sie müssen verkaufen.«
Doch Duroy sah nichts mehr und hörte zu, ohne ein Wort zu verstehen. Madame de Marelle war da und stand hinter ihm. Was sollte er tun? Wenn er sie grüßte, würde sie ihm womöglich den Rücken drehen oder ihm irgendeine Beleidigung ins Gesicht werfen. Und wenn er sich nicht näherte, was würde man dann denken?
»Ich will jedenfalls Zeit gewinnen«, dachte er. Er war so aufgeregt, dass er einen Augenblick daran dachte, irgendeinen Vorwand zu finden, um weggehen zu können.
Die Gemäldebesichtigung war zu Ende. Der Chef stellte die Lampe hin und begrüßte die Neuangekommene, während Duroy sich von Neuem in die Bilder vertiefte, als könne er sich vor Bewunderung von ihnen nicht losreißen. In seinem Kopf herrschte ein vollkommenes Durcheinander. Was sollte er nun tun? Er hörte hinter sich sprechen, er unterschied die Stimmen und vernahm die Unterhaltung; plötzlich rief Frau Forestier:
»Sagen Sie, bitte, Herr Duroy.«
Er eilte zu ihr hin, und sie empfahl ihm eine Freundin, die ein Fest geben wollte, und er sollte es in der Vie Française erwähnen.
»Aber selbstverständlich, gnädige Frau,« stotterte er, »mit größtem Vergnügen.«
Madame de Marelle stand jetzt ganz in seiner Nähe. Er wagte nicht mehr, sich umzudrehen und wieder fortzugehen. Nun glaubte er den Verstand zu verlieren; sie sagte ganz laut:
»Guten Tag, Bel-Ami! Sie kennen mich wohl gar nicht mehr?«
Hastig drehte er sich herum; sie stand vor ihm, lächelnd, mit frohem, liebestrahlendem Gesichtsausdruck. Sie reichte ihm die Hand. Er nahm sie zitternd, wobei er immer noch an eine Hinterlist, an eine verborgene Bosheit glaubte. Sie fuhr fröhlich fort:
»Was ist denn aus Ihnen geworden? Was tun Sie? Warum lassen Sie sich nicht mehr sehen?«
Er hatte seine Fassung noch nicht wiedergewonnen und stammelte:
»Ach, ich habe so viel zu tun gehabt, gnädige Frau! Herr Walter hat mir einen neuen Posten anvertraut, der mir große Arbeit macht.«
Sie sah ihm ins Gesicht. In ihrem Blick konnte er nichts anderes entdecken als Wohlwollen und Zuneigung.
»Ich weiß es,« erwiderte sie, »das ist aber kein Grund, Ihre Freunde zu vergessen.«
Sie wurden getrennt durch den Eintritt einer dicken, dekolletierten Dame mit roten Armen und roten Wangen, die sehr auffallend gekleidet war. Sie ging langsam und trat so schwer auf, dass man bei jeder Bewegung der gewaltigen Oberschenkel ihr riesiges Gewicht zu spüren glaubte.
Da sie anscheinend mit größter Rücksicht und Zuvorkommenheit behandelt wurde, wandte sich Duroy an Frau Forestier:
»Wer ist denn diese Dame?«
»Die Vicomtesse de Percemur, die unter dem Namen ›Samtpfötchen‹ schreibt.«
Er war starr und hätte am liebsten laut aufgelacht:
»Samtpfötchen! Das sollen Samtpfötchen sein! Und ich habe mir darunter eine junge, schöne Frau wie Sie gedacht. Na, das ist glänzend, ausgezeichnet!«
Ein Diener erschien in der Tür und meldete:
»Es ist angerichtet.«
Das Diner war zwanglos und lustig, eines jener Diners, bei denen man von allem redet und nichts sagt.
Duroy saß zwischen der hässlichen Tochter des Hausherrn, Fräulein Rose, und Madame de Marelle. Diese Nachbarschaft war ihm doch etwas peinlich, wenn sie auch vortrefflich bei Laune zu sein schien und ununterbrochen plauderte. Er war zuerst befangen und verwirrt, wie ein Musiker, der den Ton verloren hat. Allmählich fand er aber auch seine Sicherheit wieder. Sie sahen sich gegenseitig immer häufiger an, und ihre Blicke befragten einander und verstrickten sich so innig und verliebt wie früher. Plötzlich schien es ihm, als ob unter dem Tische etwas seinen Fuß streifte. Langsam schob er sein Bein vor, bis es an das seiner Nachbarin stieß, ohne dass sie vor dieser Berührung zurückwich. Sie sprachen dabei nicht miteinander, sondern jeder beschäftigte sich sehr eifrig mit seinem anderen Nachbarn.
Duroys Herz pochte. Er schob etwas weiter sein Knie vor. Er fühlte einen leichten Gegendruck, und er begriff, dass ihre Liebe wieder begonnen hatte.
Wie würden sie miteinander sprechen? Das war gleichgültig; aber ihre Lippen zitterten jedes Mal, wenn ihre Blicke sich begegneten. Doch der junge Mann wollte auch gegen die Tochter seines Chefs liebenswürdig sein und redete sie von Zeit zu Zeit an. Sie antwortete ganz wie ihre Mutter und wusste immer sofort, was sie erwidern sollte. Zur Rechten des Herrn Walter saß mit der Haltung einer Prinzessin die Vicomtesse de Percemur; und Duroy, der sich über diesen Anblick amüsierte, fragte ganz leise Madame de Marelle:
»Kennen Sie vielleicht auch die andere, die unter