Auf der Spur der Sklavenjäger. Alexander Röder

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Auf der Spur der Sklavenjäger - Alexander Röder Karl Mays Magischer Orient

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Kostgeld erhielten, mochte nicht unerheblich dazu beigetragen haben.

      Haschim und ich waren ja durchaus stattlich. Doch wenn Halef und Sir David auch gemeinhin spöttischen Blick ernten mochten, wegen ihrer kleinen, gedrungenen oder hager aufschießenden Gestalt, dem spärlichen Bärtchen oder der karierten Kleidung – niemand Fremdes hatte jüngst darauf geachtet, denn meine sonst so wenig Ehrfurcht einflößenden Freunde strahlten nun eine fürchterliche Entschlossenheit aus, die jede heimliche, freche Bemerkung erstickte. Und auch heimliche, dreiste Taten.

      Ein wenig besorgte mich, wie sehr wir wohl andere erschreckten. Und in einer seltsamen Anwandlung hoffte ich, man würde uns nicht etwa für ruchlose Verbrecher halten, denn dies wäre mir doch gegen die Ehre gegangen.

      Wir betraten den schäbigen Gastraum und die dürftige Kühle des Zwielichts. Es roch nach Rauch und Essensdunst, doch beiderlei lockte uns nicht. Zum Tabakgenuss fehlte uns die Muße, und einen Appetit mochten wir uns nicht leisten, wir wollten uns schlicht nähren, was auch immer die Töpfe und Kessel hergaben und uns erst die Näpfe und dann den Magen füllte. Wenn nur das Wasser in den Bechern kühl und frisch war, wollten wir zufrieden sein.

      Stumm ließen wir uns nieder. Ob wir in den vergangenen Tagen auf hölzernen Bänken, Sitzkissen aus Leinen, Binsenmatten oder gestampftem Boden gesessen hatten, war einerlei gewesen. Zumindest Sir David mochte froh gewesen sein, dass der Untergrund nicht mehr schwankte, denn ihn traf der Wechsel vom gewohnten Pferderücken in den Sattel eines Dromedars wohl am heftigsten. Doch wo er früher wohl das ein oder andere empörte Wort oder gar einen britischen Scherz geäußert hätte …

      Nein, ich will ehrlich sein: Uns allen war nicht nach Reden zumute, noch weniger nach Scherzen. Es soll nun niemand anmerken, ein heiteres Wort hätte vielleicht die Stimmung gelöst – dem müsste ich entgegnen, er verkenne die Situation und Lage, eben weil er sie, der Vorsehung sei gedankt, wohl gar nicht kenne!

      Halef strapazierte den Griff seiner Kurbatsch, der Peitsche aus Nilpferdhaut, und an den knappen, fahrigen Bewegungen erkannte ich, dass er in Gedanken einen heftigen Hieb nach dem anderen ausführte. Doch der vorgestellte Rücken konnte nur einer gesichtslosen Person gehören, die imaginierte Vergeltung also ziellos und ernüchternd sein.

      Sir David klaubte bereits jetzt einige Münzen zum Begleichen der Zeche hervor, wie er es auch zuvor getan hatte, um nach unserem eiligen Mahl keine Zeit zu verschwenden. „Geld ist Zeit“, hatte er bei den ersten Malen gemurmelt, und niemand wagte ihm zu widersprechen, wo wir doch alle den Schlaf verfluchten, der uns so manche Stunde raubte, wenn wir es nicht verantworten konnten, in den Sätteln in unruhigen Schlummer zu verfallen, weil das Gelände unsere Aufmerksamkeit erforderte.

      Dennoch hatte der Lord ein weises Wort geprägt, denn wie ich bereits anhand der Karawansereien erläuterte, so entledigte uns die Reichlichkeit der Reisekasse doch so einiger Hindernisse, die uns andernfalls Zeit und auch Gemütsstärke gekostet hätten, und beides konnten wir uns nicht leisten.

      So stumm und grimmig wir also waren, der Wirt, der herankam und mir so unauffällig und eigenschaftslos erschien wie seine Gaststätte und der Ort ringsum, legte eine heitere Neugierde an den Tag.

      ‚Ist es überhaupt Tag?‘, dachte ich in jenem Moment. Wir hatten unseren Reisetakt auf ungesunde Art vom Lauf der Sonne abgekoppelt, und so wusste ich kaum, welcher Wochentag sein mochte, und angesichts des immer gleichen Zwielichts der Schenken und Gasträume mit den Fensterlöchern, in denen Bretter oder Häute oder Geflecht klemmten, war ich mir manches Mal nicht sicher, ob draußen der Tag oder der Abend dämmerte. Man glaube nun nicht, ich sei vor Zorn und Sorge so blind geworden, dass ich Sonne und Mond, Tageshelle und Nachtschwärze nicht mehr hätte unterscheiden können – doch ich muss gestehen, dass mir alles in einheitlichem Grau erschien, so sehr litt ich mit Halef und bangte um die Seinen, denen ich ja auch äußerst eng verbunden war.

      Der Wirt fragte also fröhlich: „Was soll’s denn sein?“

      Und mir schien er auf eigentümliche Weise wie ein Bierschenk aus der Heimat, ein Kretschmer in einer Kaschemme des Erzgebirges. Ich spürte allzu deutlich, dass die ungewisse Verzweiflung mir nicht wohltat. Wären wir nur endlich bei den Haddedihn!

      Wortkarg orderten wir, ich weiß nicht mehr, wer von uns es war, Speise und Trank.

      „Ihr scheint in Eile“, bemerkte der Wirt. „Wichtige Geschäfte? Wo mag’s denn hingehen?“

      Ich hörte, wie Halef die Nüstern blähte und mit dem Stiefel scharrte. Rasch legte ich meine Hand auf seinen Arm.

      „Nach Norden“, sagte ich vage und rasch.

      „Ja, da zieht’s viele hin“, meinte der Wirt. „Wenn sie nicht nach Westen, gen Mekka ziehen, zur Hadsch. Aber die Kaufleute wollen eben nach Basra und Bagdad.“ Er musterte uns. „Ihr seid aber wohl keine Kaufleute …“

      Haschim hob den Blick ein wenig und die Stimme um weniges mehr. „Wir haben einen anderen Auftrag.“

      Der Wirt schaute mit einem Mal recht unterwürfig. „Ich wollte dem hohen Herrn nicht zu nahe treten. Ich erkenne Adel auch unter dem Staub der Reise. Verzeiht, ich bringe Euch sogleich das Gewünschte.“

      Er eilte davon. Wir schwiegen weiter, doch Haschim suchte meinen Blick.

       ‚War dies töricht von mir?‘

      ‚Ich vermag es nicht zu sagen‘, bedeutete ich mit leichtem Heben der Schultern.

      Ein anderer, älterer Mann kam mit einem Brett in den Händen heran, auf dem Näpfe und Becher standen. Während er diese an uns verteilte, ruckte er mit dem faltigen Hals. Sein unsteter Blick fiel auf mich, Haschim hingegen mied er.

      „Keine Kaufleute“, raunte er, „aber nach Norden.“

      „Ja“, brummte ich knapp und rückte meinen Napf zurecht, um zu zeigen, dass ich nicht reden wollte. Doch der Neugierige senkte seine Stimme und zudem auch seinen Kopf bis nahe an mein Ohr.

      „Jagt Ihr auch den Verbrecher?“, flüsterte er.

      Ich ließ mir mein Erstaunen nicht anmerken, denn ich war froh, dass Halef seinen mürrischen Blick von dem Ältlichen abgewandt hatte und sich lustlos dem Inhalt seines Napfes widmete.

      „Wen?“, fragte ich und ließ es wie ein Räuspern klingen.

      „Den Beduinenmörder!“

      Ohne dass es meine Gefährten sehen konnten, ergriff ich den Mann fest an der Kleidung. „Ich treffe dich hinter dem Haus“, knurrte ich und sagte lauter: „Bring noch mehr Brot.“

      Der Mann ging und ich sah, wie Haschim die eine Augenbraue hob. „Ja“, meinte er, „von diesem Brot möchte ich auch etwas.“

      Ich nickte und stand auf. Ich musste meinen Gefährten keine Entschuldigung bieten, wir saßen hier nicht zu Tisch bei einer Gesellschaft. Ich lenkte meine Schritte zum hinteren Ausgang, an der winzigen Küche vorbei. Draußen scharrten Hühner in einem Gehege, ich hörte Ziegen in einem Verschlag, die Stallungen für die größeren Tiere schlossen sich wohl an. Aus einer entfernteren Tür schaute eine beleibte Frau. Der Ältliche wartete bereits auf mich und scheuchte die Neugierige mit einer Geste fort, welcher sie unwirsch entgegnete, dabei den Kopf aber zurückzog.

      „Erzähl!“, forderte ich knapp. Der Mann zwinkerte aufgeregt und schaute misstrauisch umher, als wollte er mir das Geheimnis

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