Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel. Nadine Erdmann
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel - Nadine Erdmann страница 27
Überrumpelt konnte Ella sie einen Moment lang nur anstarren.
Cam hatte nicht besonders viel Ahnung von social media. Für ihn waren das nur weitere Orte, an denen sich zu viele Menschen tummelten, die noch schwerer zu durchschauen waren, als die im echten Leben. Deshalb hielt er sich davon fern. Das Offensichtliche hatte er aber trotzdem verstanden.
»Du hoffst, dass du mit den Videos von meiner Schwester mehr Klicks, Likes und Follower bekommst.«
Teagan musterte ihn kurz und hob dann die Schultern. »Na ja, genau so funktioniert das Ganze ja.« Sie sah zurück zu Ella. »Am Anfang würdest du von mir und meinen Followern profitieren und kannst für ein besseres Ansehen von euch Totenbändigern werben. Wenn ich dadurch mehr Follower bekomme, ist das für mich total cool, aber für dich ist die größere Anzahl natürlich auch gut, weil wir mit deinem nächsten Video dann noch mehr Leute erreichen. Wir helfen uns sozusagen gegenseitig. Und du müsstest ja nicht nur über euch Totenbändiger reden.« Sie deutete auf Ellas Rucksack, der aus verschiedenen Stoffresten zusammengenäht war und dadurch eine coole Flickenoptik hatte. »Hast du den selbstgemacht?«
Ella nickte.
Teagan grinste freudig. »Der sieht echt mega aus. Hast du noch mehr solcher Sachen?«
Wieder nickte Ella. »Die meisten meiner Klamotten nähe ich selbst. Und ein paar für meine Schwester.«
»Wow, das ist genial! Das kommt mit Sicherheit auch total gut an. Wir könnten also auch DIY-Videos machen, in denen du zeigst, wie so was geht. Also einfach ein bisschen was zu dir und deinen Hobbys. Damit die Leute da draußen sehen, dass Totenbändiger ganz normal sind und keine Freaks, vor denen man Angst haben muss.«
Unschlüssig kaute Ella auf ihrem Daumennagel herum.
Einerseits war die Vorstellung, eine Art Aushängeschild und Vorzeige-Totenbändigerin zu sein, nicht besonders reizvoll. Andererseits durfte man aber auch nicht darauf warten, dass immer andere etwas taten, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Bisher hatten ihre Eltern und ihre Granny mit einigen anderen für mehr Rechte und eine bessere Zukunft gekämpft. Aber sie war kein kleines Kind mehr, und wenn Teagan ihr die Chance bot, viele junge Leute zu erreichen, konnte sie so vielleicht auch ein bisschen was bewirken. Vor allem, wenn sie Videos drehten, in denen sie zeigten, dass die Vorurteile gegenüber Totenbändiger unbegründet und oft einfach nur lächerlich und dämlich waren.
Sie blickte zu Cam. »Was denkst du?«
Er bedachte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue. »Wieso fragst du mich? Du machst doch am Ende sowieso das, was du willst.«
Sie grinste. »Aber das heißt ja nicht, dass ich nicht trotzdem gerne höre, was du so denkst. Du weißt doch: Quiet people have the loudest minds.«
Er grinste zurück. »Ich denke, du solltest das machen, was sich für dich richtig anfühlt.«
Teagan hatte ihr Smartphone aus der Tasche ihres Blazers gezogen, steckte es jetzt aber wieder weg. »Du musst das nicht sofort entscheiden. Schlaf drüber, wenn du willst. Ich kann dir meine Videos auch erst mal zeigen. Wollen wir in den Medienraum gehen? Am Laptop haben wir einen größeren Bildschirm.«
Wieder sah Ella zu Cam.
Der verdrehte die Augen. »Geh. Ich hab absolut nichts dagegen, ein paar Minuten allein zu sein. Also hau ruhig ab. Ich komme klar.«
»Ja, das weiß ich.« Sie drückte kurz seine Hand. »Dann sehen wir uns nachher in Bio, okay?«
»Yep. Bis später.«
Er sah Ella, Teagan und ihren Freundinnen noch kurz hinterher, als sie Richtung Medienraum verschwanden, dann wandte Cam sich um und stieß die Tür auf.
Die Spätsommersonne schien zwischen dicken weißen Wattewolken auf den Schulhof herab und es war angenehm warm. Überall saßen kleinere und größere Gruppen auf den Bänken und an den Picknicktischen zusammen, lachten, quatschten und aßen Lunch, den sie sich entweder von zu Hause mitgebracht oder in der Cafeteria der Schule geholt hatten. In einer Ecke spielten ein paar der jüngeren Kids Fußball, in einer anderen plärrte ein cooler Retro-Ghettoblaster einen Popsong, zu dem ein paar Mittelstufemädchen irgendeine Choreografie einübten.
Cam kannte Schulalltag bisher nur aus amerikanischen Teenyserien, aber das hier kam der Fiktion erstaunlich nahe. Nur mit mehr Einheitskleidung.
Er ließ die trubeligen Tische nahe der Cafeteria hinter sich und lief zu einem der Bäume am Rand des Schulhofes. Hier war niemand und ein bisschen Alleinsein tat jetzt verdammt gut. Er setzte sich in den Schatten, trank ein paar Schlucke aus seiner Wasserflasche und lehnte sich mit geschlossenen Augen gegen den Baumstamm.
Keine anderen Menschen.
Der Lärm seiner Mitschüler drang zwar zu ihm herüber, doch das war okay.
Die waren in ihrer Welt, er in seiner.
Alles perfekt.
»Hey Freak!«
Oder auch nicht.
Der höhnische Tonfall in der Stimme ließ nichts Gutes erahnen und Cam öffnete alarmiert die Augen.
Vier Jungs schlenderten betont lässig auf ihn zu, doch die Blicke, mit denen sie ihn musterten, ließen keinen Zweifel daran, dass sie auf Ärger aus waren.
»Was machst du hier?« Ein dunkelhaariger Lockenkopf schien der Anführer der kleinen Gang zu sein. Cam kannte ihn und einen der anderen aus seinem Mathekurs.
»Nichts. Nur sitzen.«
»Ach ja?« Ein heimtückisches Grinsen trat in das Gesicht des Lockenkopfs. »Also ich finde ja eher, du bedrohst uns. Und du weißt ja, was wir mit jemandem wie dir machen dürfen, wenn wir uns bedroht fühlen.«
Cam presste die Kiefer aufeinander und spürte, wie Wut in seinem Inneren zu brodeln begann.
Genau wegen solcher Dreckskerle hasste er Menschen.
Finster starrte er zurück. »Tut mir leid, wenn du jemanden, der einfach nur friedlich unter einem Baum sitzt, nicht von jemandem unterscheiden kannst, der dich bedroht. Ich will keinen Ärger, also geht einfach und lasst mich in Ruhe.«
In Lockenkopfs Augen blitzte es gefährlich auf und er rückte Cam noch ein paar Schritte näher auf die Pelle.
»Weißt du, unsere Ruhe wollen wir auch, aber leider hat man Freaks wie dich an unsere Schule gelassen. Und egal, was für tolle