Feuerwehrbedarfsplanung. Thomas Lindemann
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Die notwendigen Leitstellen sind selbstverständlich integraler Bestandteil der Feuerwehrstrukturen. Die Dimensionierung von Leitstellen unterliegt jedoch anderen Bemessungsmethoden und -grundsätzen und bezieht sich auf einen separaten Planungsbereich. Durch die Leitstelle bedingte Defizite (z. B. verlängerte Dispositionszeiten) dürfen sich nicht auf die Bemessung der operativen Feuerwehrstruktur auswirken (z. B. auf die Standortstruktur der im Versorgungsbereich der Leitstelle befindlichen Feuerwehren), weshalb die Leitstellen außerhalb des Feuerwehrbedarfsplans bemessen werden sollten. Ohnehin werden Leitstellen in der Regel nur von Berufsfeuerwehren in kreisfreien Städten betrieben, während für kreisangehörige Gemeinden der Träger der Leitstelle der Landkreis oder regionale Leitstellenverbünde sind. Daher fällt die bedarfsplanerische Auslegung der Leitstelle in den meisten Fällen auch gar nicht in den Verantwortungs- und Kompetenzbereich der Kommunen.
Da die Feuerwehrbedarfsplanung »im klassischen Sinne« nur den operativen Teil einer Feuerwehr (Einsatz- bzw. Ausrückedienst) umfasst, bleibt hierbei die Bemessung des rückwärtigen Dienstes (personell besetzte Abteilungen, Sachgebiete, Werkstätten usw.) unberücksichtigt und bedarf einer separaten Organisationsuntersuchung. Auch wenn tiefgreifende Schnittstellen zum Einsatzdienst vorliegen, ist die hierbei anzuwendende Untersuchungsmethodik vielmehr der klassischen Bemessung einer öffentlichen Verwaltung zuzuordnen (Bundesministerium des Inneren/Bundesverwaltungsamt, 2016) als der risikoanalytischen Ansätzen Feuerwehrbedarfsplanung.
Auch die rettungsdienstliche Versorgung ist nicht Teil eines Feuerwehrbedarfsplans, da sie dem Rettungsdienst- und nicht dem Feuerwehrrecht zuzuordnen ist, sie in der Regel in unterschiedlicher Trägerschaft liegt (außer bei kreisfreien Städten, die häufig auch Träger des Rettungsdienstes sind) und für sie eine eigene Bedarfsplanung mit abweichender Methodik erstellt wird.
3.3 Nachvollziehbarkeit von Feuerwehrbedarfsplänen
Zu den in Kapitel 2.1 aufgeführten Zielen der Feuerwehrbedarfsplanung zählt insbesondere die objektive und transparente Bemessung der Feuerwehr sowie deren nachvollziehbare Dokumentation in einem Feuerwehrbedarfsplan.
Mit Blick in zahlreiche Bedarfspläne von Städten und Gemeinden ist festzustellen, dass diese nicht immer eine schlüssige Begründung für das SOLL-Konzept beinhalten und sich viele SOLL-Konzepte nicht immer stringent nachvollziehbar aus den Planungszielen und den Analysen des IST-Zustands abzuleiten scheinen. Manche SOLL-Konzepte scheinen vielmehr »vom Himmel zu fallen«, ohne dass für unbeteiligte Leser des Bedarfsplans die Gründe hierfür dargelegt sind.
Die Aufstellung und Fortschreibung eines Feuerwehrbedarfsplans ist stets ein Prozess, in dem viele Entscheidungen, Abwägungen und Varianten von möglichen SOLL-Konzepten bereits durch die Arbeits- oder Lenkungsgruppe getroffen werden, noch ehe diese es in ein schriftliches Dokument oder in die zuständigen politischen Gremien (vgl. Kapitel 3.5) schaffen. Der Nachvollziehbarkeit halber empfiehlt es sich jedoch, die erstellten Varianten und Handlungsoptionen zumindest in einem Vermerk schriftlich festzuhalten.
Ein weiterer Grund für das Fehlen nachvollziehbarer schriftlicher Dokumentation in der Praxis sind die Vielzahl auch sachfremder Erwägungen sowie »weicher Faktoren«, die die Feuerwehrbedarfsplanung beeinflussen (zum Beispiel »Tradition« und »gewachsene Strukturen«, vgl. Kapitel 2.2). So lautet in manchen Fällen die Antwort auf die Frage, nach welchen Entscheidungsgründen eine Ortsfeuerwehr »genau diese drei Löschfahrzeuge« im Bedarfsplan zugewiesen bekommt: »Weil sie die schon immer hatten!« Solche fachlichen sowie politischen Zugeständnisse, die erheblichen Einfluss auf die Motivationslage der Feuerwehrangehörigen haben und das mancherorts durchaus empfindliche »System Feuerwehr« kippen können, finden in der Regel keinen Eingang in die Aktenlage. Ein durch ein ausschließlich objektives Verfahren erstellter Feuerwehrbedarfsplan ist in der Praxis daher kaum zu finden. Die Feuerwehrbedarfsplanung fungiert an dieser Stelle vielmehr als »Politikberatung«. Und es ist davor zu warnen, »mit der Brechstange« einer Feuerwehr ein künstliche SOLL-Konzepte »überzustülpen«, weil dieses »objektiv-rechnerisch richtiger« sei.
Hinderlich ist das Festhalten an gewachsenen Strukturen dann, wenn eklatante Verstöße gegen Planungsgrundsätze vorliegen, die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr gefährdet ist und offensichtliche Optimierungspotenziale ungenutzt bleiben. Im Zweifel und Rechtsstreit muss der Feuerwehrbedarfsplan einer gerichtlichen Überprüfung standhalten.
3.4 Variantenplanung
Durch den bedarfsplanerischen Handlungsspielraum (vgl. Kapitel 2.3) und der Vielzahl an Wechselbeziehungen und Einflussgrößen bei der Feuerwehrbedarfsplanung (vgl. Kapitel 2.2) sind häufig mehrere Wege zur (Planungs-)Zielerreichung geeignet. In vielen Fällen gibt es nicht nur »die einzig richtige« Lösung, auch nicht bei objektiv fachgerechter Planung. So können beispielsweise auch Fachleute, die sich hauptberuflich mit Parks, Schulen und Verkehr befassen, über die Trassenführung einer bestimmten Straße uneins sein (Naßmacher/Naßmacher, 2007).
Kommt die für die Feuerwehrbedarfsplanung zuständige Arbeitsgruppe nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, der im Konsens von allen Beteiligten mitgetragen wird, ist eine Variantenplanung mit Handlungsalternativen aufzustellen, zwischen denen entweder die Lenkungsgruppe des Projekts oder der entsprechende Ausschuss bzw. der Rat der Gemeinde politisch zu entscheiden hat. Die Anzahl der Varianten ist dabei möglichst gering zu halten und in einer Vorauswahl bereits auf die realistischen Optionen zu reduzieren. Dabei ist den politisch Verantwortlichen gleichzeitig eine Entscheidungshilfe an die Hand zu geben, auf dessen Basis eine Abwägung der Vor- und Nachteile der jeweiligen Varianten vorgenommen werden kann. Ein möglicher Ansatz hierfür ist beispielsweise die Varianten hinsichtlich ihrer monetären Auswirkungen für die Kommune zu bewerten (vgl. Lindemann, 2013).
Die Varianten selbst sollten jedoch nicht im Feuerwehrbedarfsplan, sondern in den entsprechenden Sitzungsunterlagen aufgeführt werden. Im rechtsgültig verabschiedeten Enddokument des Feuerwehrbedarfsplans ist nur das ausgewählte SOLL-Konzept mit den dazugehörigen Handlungsmaßnahmen aufzunehmen. In Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung (vgl. Kapitel 3.3) können die vorgestellten Varianten mit ihren dazugehörigen Beschlüssen im Sitzungsprotokoll, in einem Aktenvermerk, in einem etwaigen Projekthandbuch zur Bedarfsplanung oder als Anhang im Feuerwehrbedarfsplan dokumentiert werden.
Beispiel für Varianten einer strategischen Entscheidung:
Eine an die Einwohnerschwelle zur Großstadt grenzende große kreisangehörige Gemeinde unterhält im Innenstadtbereich eine in Gruppenstärke (9 Funktionen) hauptamtlich besetzte Feuerwache. In den peripheren Ortsteilen, die einst selbstständige Kommunen waren und im Zuge von Gebietsreformen eingemeindet wurden, stellt traditionell die Freiwillige Feuerwehr im Erstangriff den abwehrenden Brandschutz und die Hilfeleistung sicher.
Während in dieser Kommune