Wörterbuch des besorgten Bürgers. Группа авторов

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werden, zielt unmittelbar auf eine Mischung aus Faszination und Abscheu − und damit selbst auf einen sexualisierten Erregungszustand. Es ist ein ähnlicher Mechanismus wie bei den Nachrichten über Kriminalfälle in der Zeitung. Auch da erhalten Sexualdelikte die höchste Aufmerksamkeit. Zugleich darf man sich seinen eigenen Gewaltfantasien hingeben, weil man sie auf die image Fremden projiziert. Hier greift unmittelbar das rassistische Klischee vom triebgesteuerten, patriarchalisch geprägten schwarzen Mann, der sich der weißen Frau bemächtigt (image Afrikaner, image deutsche Frau). Wenn solche Geschichten politisiert werden, geht es immer auch um das Verhältnis von Sex und Macht, von Sex und Gewalt. Psychoanalytisch gesehen ist offenkundig: Was am meisten verdammt wird, wird auch heftig begehrt, und sei es nur, dass begehrt wird, darüber zu reden. Sich aufzuregen ist auch eine Art des Sich-Aufgeilens. Aus ähnlich trüben Quellen speisen sich die Debatten um ein Burka-Verbot: So leidenschaftlich, wie sie sich dafür ereifern, muss die Vorstellung, einer muslimischen Frau in der Öffentlichkeit qua Gesetz den Schleier herunterzureißen, auf viele deutsche (französische, österreichische …) Männer höchst erregend wirken. Auf die Idee, das als Beitrag zum Kampf gegen den Terror oder als Maßnahme zur image Integration zu verkaufen, muss man jedenfalls erst mal kommen.

      Solche symbolischen Scheingefechte kennzeichnen die aktuellen Politiken der Angst insgesamt: Die mühsame Suche nach Lösungen überlassen die populistischen Affektmanager den verachteten image Gutmenschen, die dumm genug sind, noch daran zu glauben. Stattdessen bieten sie wohlfeile Gelegenheiten, sich zu einer Erregungsgemeinschaft zusammenzurotten, zivilisatorische Hemmungen hinter sich zu lassen und das Mütchen an Schwächeren zu kühlen. Es denen »da oben« mal richtig zu zeigen, verschafft zusätzliche Befriedigung. Die Panikreflexe von Horst Seehofer (CSU) bis Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) reichen, damit der image kleine Mann sich ganz groß vorkommt. Was braucht es ein Programm, wenn man ein Feindbild hat? Die Angstrhetorik suggeriert eine Notwehrsituation: Weil die Gefahr so groß ist und die Regierenden versagen, so die Botschaft, müssen die Aufrechten die Sache selbst in die Hand nehmen. Um »Asylchaos«, »Terrorgefahr«, image »Islamisierung des image Abendlands« und »großen Austausch« abzuwehren, ist dann alles erlaubt − am Ende auch brennende Flüchtlingsunterkünfte.

      Sollte man die Ängste, welche die völkischen Hetzer unentwegt im Munde führen, also besser ignorieren, um die Erregungsspirale nicht weiter anzutreiben? Das sicher nicht. Einiges wäre schon gewonnen, wenn man ihre Worte nicht für bare Münze nähme, sondern den Hass darin hörte, der sich als Angst unangreifbar zu machen versucht. Selbstverständlich gibt es auch Menschen, die sich ängstigen, ohne gleich nach Sündenböcken Ausschau zu halten. Umso wichtiger, ein Sensorium zu entwickeln für die Unterschiede und Übergänge zwischen Angst und Hass, zwischen Angst als Gefühl, Emotion, Affekt − und als rhetorische Allzweckwaffe. Fatal ist dagegen die Parole »Wir müssen die Ängste der Menschen ernst nehmen«, mit welcher Politiker der etablierten Parteien der völkischen Konkurrenz das Wasser abzugraben versuchen. Wem zum grassierenden Fremdenhass nichts anderes einfällt, als mantrahaft herunterzubeten, die Menschen hätten begründete Ängste und die Politik müsse darauf eingehen, sonst wählten sie halt die AfD oder demonstrierten mit Pegida, der bewirtschaftet Ressentiments und lässt sich von den rechten Bewegungen vor sich hertreiben. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Es gibt in unserer Gesellschaft ein erhebliches Potenzial an fremdenfeindlichen, islamophoben und antisemitischen Einstellungen. Alle empirischen Untersuchungen belegen, dass diese sich keineswegs auf rechtsextreme Gruppen beschränken, sondern längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind (wenn sie nicht immer schon dort zu Hause waren). Es sind viele, die es drängt, ihren Hass endlich auszuleben − zumindest verbal. Um das tun zu können, berufen sie sich auf ihre Angst. Anlässe finden sich dann. Es sind nicht alle rechts, die von Angst reden. Aber wer Angst sagt, hat auch nicht automatisch Recht. [ub]

       Antifa

      Die Antifaschistische Aktion umfasst Gruppen und Organisationen im radikalen und autonomen Spektrum der Linken in Deutschland, einschließlich einiger Knalltüten. Gegenstand ihrer Kritik und Aktionen sind (image völkischer) Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus. Sie richtet sich gegen Neonazis, Neue Rechte und chauvinistische oder rassistische Tendenzen in Politik und Staat.

      Das Verhältnis zwischen Antifa und Staat ist insofern − sagen wir − angespannt. Zwar macht spätestens seit Deutschland als Land der Vielfalt vermarktet wird und Gerhard Schröder im Jahr 2000 zum »Aufstand der Anständigen« gerufen hat das Wort Staats-Antifa die Runde. Der gewachsene Standortnationalismus verzichtete zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit in den globalen (Arbeits-)Märkten zumindest auf die offensichtlichen Teile des traditionellen deutschen Rassismus. Auch fließen mittlerweile ein paar Mittel für die Förderung von Demokratie und Antidiskriminierung. Aber die Reaktionen aus der Antifa-Szene auf diese Entwicklungen waren skeptisch. Es gibt weiterhin direkte Aktionen, immer dort, wo Nazis gefährlich werden, und gegen den Staat, wo er Nationalisten schützt; kombiniert mit gelegentlichem »Ausschlafen gegen Rechts« (und für ganz andere Verhältnisse). Von staatlicher Seite ist die Feindbestimmung immer noch recht klar: Dank der Extremismusdoktrin gehört die Antifa-Szene weiterhin zum liebsten Feindbild der Verfassungsschutzbehörden und anderer Teile des Sicherheitsapparats (image Extremismus).

      Aus besorgter Perspektive handelt es sich bei der Antifa um eins der am besten getarnten taktischen Instrumente des Systems, das besonders seit der »Machtübernahme« durch Angela Merkel an Bedeutung gewann. Seine Hauptfunktion besteht darin, die Verbreitung der image Wahrheit bei Demonstrationen, an Informationsständen oder auf Veranstaltungen zu stören. Schon vor der jüngsten Besorgniswelle war der Begriff Staats-Antifa in rechten Kreisen falsch verstanden und zum Kampfbegriff gegen einen vermeintlichen Konsens des Systems zwischen image Altparteien und Linken (image links) umgedeutet worden. Fortan galt jede Form der Störung als Ausdruck der staats-antifaschistischen Zersetzung des deutschen Volkswiderstands − vom (gegen Rechts selten eingesetzten, aber aus der Opferperspektive gern kolportierten) Polizeiknüppel bis hin zu allen möglichen

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