ACT in Klinik und Tagesklinik. Группа авторов

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ACT in Klinik und Tagesklinik - Группа авторов

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abgelenkt von den Verspannungen sind. Versuchen Sie doch zunächst bitte einmal, vor allem tief auszuatmen. Durch tiefes Ausatmen passt viel mehr Luft in die Lungen. Das Einatmen geht dann wie von selbst. (Dr. M. macht einige Atembewegungen gemeinsam mit Frau H., deren Atmung deutlich ruhiger wird) … Okay… Lassen sie uns jetzt noch einmal Ihre Fragen anschauen.

      Frau H. nickt.

      Dr. M.: Die eine Frage war, »Was soll mir das denn bringen?«, richtig?

      Frau H. nickt.

      Dr. M. (Nimmt bei sich den Impuls bewusst wahr, die Patientin durch Argumente von der Richtigkeit der Therapie überzeugen zu wollen. Aus Erfahrung weiß sie jedoch, dass dies oft nicht hilfreich im Sinne ihrer Werte als Behandlerin ist und fokussiert stattdessen den Beziehungsaufbau über Selbstoffenbarungen (über die eigenen Werte sprechen) und das Erfragen der Werte der Patientin): Die Antwort darauf ist auch mir wichtig: Ich möchte Sie gern unterstützen, etwas zu erreichen, was Ihnen wirklich am Herzen liegt. Wenn diese Behandlung Ihnen also helfen könnte: Was wäre dann anders als es jetzt ist?

      Frau H.: Naja, meine Ängste wären weg.

      Dr. M.: Okay, nehmen wir mal an, es würde Ihnen zumindest deutlich besser gehen mit den Ängsten – was würden Sie denn dann wieder tun, was Sie jetzt nicht mehr tun, weil die Ängste Sie so im Griff haben?

      Frau H.: Ich könnte mich wieder frei bewegen, raus gehen. Einfach mein Leben leben.

      Dr. M.: Das sind für mich sehr wichtige Sachen, die Sie da sagen. Wenn ich Sie richtig verstehe, ist Ihnen die Freiheit, sich zu bewegen, etwas Wichtiges. Und was es für Sie bedeutet, Ihr »Leben zu leben«, das ist für uns besonders wertvoll zu erfahren. Das setzen wir hier in der Therapie ganz oben auf die Rangliste, weil sich danach unsere ganze Therapie ausrichtet: Was Ihnen wichtig ist und was Ihnen am Herzen liegt… wo Sie wieder hinwollen. Wie klingt das für Sie, wenn ich das so sage?

      Frau H. (nickt): Ich kann mir noch nicht richtig vorstellen, wie das funktionieren soll, aber ich will es versuchen.

      4.2.3 Vorbehalte gegenüber bestimmten Angeboten und Therapien

      Für Patientinnen und Patienten, die ohne Vorerfahrung mit stationären oder tagesklinischen Behandlungen in eine Klinik kommen, sind manche Angebote und Therapien, wie etwa die komplementären Therapien (Kunst- und Kreativtherapie, Ergotherapie, Tanz- und Bewegungstherapie oder Musiktherapie etc.), aber auch Psychotherapien, oft Neuland. So erschließt sich ihnen häufig der Sinn dieser Therapien nicht. Andere haben Probleme, sich auf die Inhalte bzw. die Methoden bestimmter Therapien einzulassen, sei es wegen Schmerzen, Antriebminderung oder aus Scham. Typischerweise auftretende Gedanken können z. B. sein: »Ich bin doch hier wegen meiner Ängste und jetzt soll ich basteln?«, »Sport? Ich war schon als Kind unsportlich und jetzt habe ich auch noch Rückenschmerzen, deswegen bin ich doch hier, also kommen Sie mir nicht mit Rumhüpfen und Purzelbäumen« oder »Ich brauche keine Seelenklempner, ich habe einfach zu viel gearbeitet« etc. Diese oder ähnliche Vorbehalte gegen bestimmte Therapien werden im klinischen Rahmen dann auch immer wieder direkt von Patientinnen und Patienten gegenüber dem Team formuliert, gerade zu Beginn der Behandlung. Gleichzeitig existieren im klinischen Rahmen häufig explizite oder auch weniger klare Regeln und Vorschriften zum Umgang mit Therapieteilnahmen und den Konsequenzen im Falle von Regelverstößen. Wie lässt sich also mit solchen Aussagen von Patientinnen und Patienten am besten umgehen, wenn wir auch hierbei nach der ACT arbeiten wollen?

      Zum einen können die zuvor beschriebenen Strategien im Umgang mit aufkommenden Gedanken und Gefühlen bei den Teammitgliedern und zur eigenen Wertorientierung auch hier hilfreich sein. Zum anderen kann es sinnvoll sein, die im jeweiligen Team herrschenden Regeln zunächst genauer zu identifizieren und zu explizieren. Also etwa: Ist es verpflichtend, dass alle Patientinnen und Patienten am multimodalen Programm teilnehmen? Oder aber: Sollen die Patientinnen und Patienten frei wählen können, welche Therapieangebote sie wahrnehmen und welche nicht? Oder gelten individuelle Absprachen mit jeder Person, die sich in Behandlung begibt? Wie werden die Konsequenzen bei Abweichung von Absprachen gehandhabt? Im Anschluss können die explizierten Regeln sowie die Handhabung von Konsequenzen mit Blick auf die gemeinsame psychische Flexibilität des therapeutischen Teams geprüft werden, d. h. es kann etwa evaluiert werden, ob diese Regeln im Dienste der gemeinsamen Werte als Team stehen (Hin-Bewegungen unterstützen) oder primär der Vermeidung unangenehmer innerer Ereignisse dienen (Weg-Bewegungen darstellen).

      Praktische Hinweise für den Umgang mit Therapieteilnahmen

      Grundsätzlich ist es das Ziel im Rahmen der ACT, jede Person darin zu begleiten, ein selbstbestimmtes und an den eigenen, individuellen Werten orientiertes Leben zu führen – mit allen möglichen Widrigkeiten im Inneren und Äußeren. Es ist also letztlich nur sehr individuell zu entscheiden, inwiefern ein bestimmtes Verhalten in einer bestimmten Situation eine Hin-Bewegung darstellt, d. h. den eigenen Werten näher bringt, oder als Weg-Bewegung einzuordnen ist, d. h. der Vermeidung unangenehmer innerer Ereignisse dient, und wie flexibel eine Person zwischen diesen möglichen Orientierungen wechseln kann. Gleichzeitig widerspricht es einem ACT-Ansatz aus der Erfahrung im klinischen Kontext nicht, Regeln aufzustellen, welche die Teilnahme am Therapieplan der Station unterstützen bzw. regeln sollen – idealerweise individuell angepasst an eventuelle körperliche Einschränkungen und/oder Art und Schweregrad der psychopathologischen Symptomatik. Im Gegenteil: Es den Patientinnen und Patienten von Anfang an vollständig zu überlassen, ihre Therapieeinheiten wert-orientiert selbst zu wählen, kann je nach Art und Schwere des Krankheitsbildes eine Überforderung darstellen. Nehmen wir z. B. eine schwer depressive Patientin, die von sich selbst fordert, »immer 150 % zu geben«, und Schuldgefühle im Zusammenhang mit ihrer Leistungsminderung im Rahmen der Depression empfindet. Hier wäre es kontraproduktiv, wenn das Team insbesondere zu Beginn darauf verzichtet, mit der Patientin Strategien zur Entlastung – auch in Bezug auf den Therapieplan – festzulegen. D. h. noch bevor die Erarbeitung von wert-orientierten Zielen das engagierte Handeln der Patientin hilfreich leiten kann. Ebenso wäre es voraussichtlich nicht hilfreich, z. B. bei einem Patienten, der im Rahmen chronischer Rückenschmerzen körperliche Aktivitäten fast vollständig vermeidet, die Teilnahme am Ausdauertraining von Anfang an komplett freizustellen. D. h. bevor im Rahmen der ACT die aversiven inneren Ereignisse, z. B. Gedanken wie »Das wird nicht auszuhalten sein«, genauer betrachtet wurden und die beobachtbaren Vermeidungen, z. B. Schonverhalten, im Sinne von Weg-Bewegungen von wichtigen Lebenszielen eingeordnet werden konnten.

      Praktisches Beispiel

      Frau K., eine Patientin mit chronischen Rückenschmerzen und seit Jahren bestehendem Vermeidungs- und Rückzugsverhalten, ist auf dem Weg zum Ruheraum, obwohl gerade das Nordic Walking-Training beginnt. Die Physiotherapeutin (PT) sieht sie und spricht sie an.

      PT: Frau K., wo wollen sie denn hin, unsere Gruppe startet gleich.

      Frau K: Ich will mich hinlegen, mir geht’s nicht so gut.

      PT: Gibt´s denn etwas Besonderes?

      Frau K: Nein, ich bin einfach erschöpft und der Rücken, sie wissen ja…

      PT: Ja, ich weiß, Sie sind wegen der Rückenschmerzen hier. Ausdauersport ist ein sehr wichtiger Teil der Schmerztherapie, man weiß aus vielen Studien, dass Ausdauersport einen sehr positiven Effekt hat, sowohl auf das Lebensgefühl insgesamt, aber auch auf den Schmerz. Und Nordic Walking ist eine sehr schonende Ausdauersportart.

      Frau K: Sie meinen, ich soll da mitlaufen, obwohl es mir nicht gut geht?

      PT: Könnte das für Sie vielleicht einen Schritt in Richtung Ihrer Ziele darstellen: Wieder mobiler werden?

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