Mehrsprachigkeit und das Politische. Группа авторов

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Vergleiche, Selbstfindung in einer fremdenFremdheitfremd Kultur). Die Mehrsprachigkeit zeigt sich in diesen Romanen sowohl explizit als auch implizit: Neben dem RussischenRusslandRussisch/Russian werden auch andere Sprachen wie ArmenischArmenienarmenisch, EstnischEstland/EstoniaEstnisch/Estonian, EnglischEnglisch/English, LateinLatein direkt eingesetzt und es finden sich zahlreiche indirekte Hinweise auf diese Sprachen. Des Weiteren werden verschiedene Bezüge auf weltbekannte Romane wie Ulysses und Meister und Margarita analysiert.

      Keywords: Gohar Markosjan-Käsper; Migration; Estland; Armenien; Sowjetunion; Mehrsprachigkeit; Transkulturalität

      1 Einleitung

      Im März 2002 erschien in Berlin der Roman Penelopa von Gohar Markosjan-KäsperMarkosjan-Käsper, Gohar in deutscherDeutschlanddeutsch ÜbersetzungÜbersetzung/translation (mit dem Titel Penelope, die Listenreiche). Im selben Jahr erschien dieser Roman in französischer und ein Jahr später in spanischer ÜbersetzungÜbersetzung/translation. Die Autorin Gohar Markosjan-Käsper (1949–2015) stammte aus einer armenischenArmenienarmenisch Künstlerfamilie in Jerewan: Ihre Mutter war Balletttänzerin, ihr Vater Opernsänger. Sie studierte Medizin und arbeitete etliche Jahre als Ärztin, doch schon seit ihrer Jugend schrieb sie Gedichte und versuchte sich auch an Prosatexten. 1990 heiratete sie den estnischenEstland/Estoniaestnisch Schriftsteller und Übersetzer Kalle Käsper, den sie in ArmenienArmenien kennengelernt hatte und übersiedelte nach EstlandEstland/Estonia. Danach widmete sie sich ganz der Literatur.

      Obwohl sie armenischerArmenienarmenisch Herkunft war, verfasste Gohar Markosjan-KäsperMarkosjan-Käsper, Gohar ihre Texte auf RussischRusslandRussisch/Russian. Hierbei hat wohl die Tatsache, dass sie die russischeRusslandrussisch Sprache als Sprache des Selbstausdrucks betrachtete, die wichtigste Rolle gespielt. Als Kind hat sie in Jerewan eine russischsprachige Schule besucht und dadurch gründliche Kenntnisse dieser Sprache erworben. Des Weiteren wurde auch in ihrer Familie sehr viel russischeRusslandrussisch und WeltliteraturWeltliteratur in russischerRusslandrussisch ÜbersetzungÜbersetzung/translation gelesen und teilweise auf RussischRusslandRussisch/Russian kommuniziert. Auf diesen Aspekt wird später in dieser Studie noch näher eingegangen werden.

      An dieser Stelle muss jedoch präzisiert werden, dass ihre Familie sowie ihre Sprachenwahl in dieser Hinsicht eine Ausnahme darstellen. Markosjan-KäsperMarkosjan-Käsper, Gohar hat selber erklärt, dass am Ende der 1970er Jahre in ArmenienArmenien eine russischsprachige Literatur initiiert wurde. Es habe aber ziemlich wenige solche Autoren gegeben, und deren Schaffen habe nicht besonders viel Aufmerksamkeit erhalten (Markosjan-Käsper 2006: 69). Der Grund dafür, so Markosjan-Käsper, lag wohl daran, dass die armenischeArmenienarmenisch literarische Tradition eine sehr lange Geschichte hat und die neue russischsprachige armenischeArmenienarmenisch Literatur einerseits als nicht qualitativ gleichwertig und andererseits als ein Anzeichen der SowjetisierungSowjetunionSowjetisierung betrachtet wurde (ebd.). Obwohl die SowjetmachtSowjetunionSowjetmacht versuchte, RussischRusslandRussisch/Russian in Armenien als offizielle Sprache einzuführen (etwa mit dem entsprechenden Vorschlag zur Konstitutionsänderung im Jahr 1978), wurde dieses Ziel nicht erreicht. Gegen diesen Vorschlag wurde in Armenien heftig protestiert und sogar öffentlich demonstriert, was dazu führte, dass das Vorhaben rückgängig gemacht wurde. Dennoch wuchs die Rolle des RussischenRusslandRussisch/Russian im öffentlichen Leben:

      A thorough knowledge of RussianRusslandRussisch/Russian was a virtual requirement for white collar jobs, and some parents preferred to send their children to RussianRusslandRussisch/Russian-language schools. A portion of Armenian citizens opted for higher education in RussianRusslandRussisch/Russian universities and technical schools. (Grenoble 2003: 123)

      Dessen ungeachtet blieb die Anzahl der armenischenArmenienarmenisch Bürger, die RussischRusslandRussisch/Russian als ihre erste Sprache betrachteten, relativ gering. RussischRusslandRussisch/Russian als ZweitspracheZweitsprache dagegen war viel weiter verbreitet: 1989 gaben 60,6% der ArmenierArmenienArmenier RussischRusslandRussisch/Russian als ihre zweite Sprache an (ebd.: 135). Die starke literarische Tradition, die muttersprachliche Hochschulbildung und das starke Nationalbewusstsein der ArmenierArmenienArmenier trugen dazu bei, dass der Einfluss des RussischenRusslandRussisch/Russian auf die armenischeArmenienarmenisch Kultur geringfügig blieb und dass die russischeRusslandrussisch Sprache für ArmenierArmenienArmenier nicht ein Teil ihrer IdentitätIdentität/identity wurde (vgl. Rabanus/Barseghyan 2015: 24–25).

      Markosjan-KäsperMarkosjan-Käsper, Gohars literarische Texte entstanden vor allem in EstlandEstland/Estonia, wurden jedoch meistens in RusslandRussland erstmals publiziert. Der Grund dafür ist vermutlich rein pragmatisch gewesen: Die Möglichkeiten, in EstlandEstland/Estonia ein russischsprachiges Buch herauszugeben, waren in den 1990er und den 2000er Jahren eher gering und die Leserschaft der herausgegebenen Werke spärlich verglichen mit Russland. Igor KotjuhKotjuh, Igor hat gezeigt, dass estnischeEstland/Estoniaestnisch Autoren, die auf RussischRusslandRussisch/Russian schrieben, sich doch auf die eine oder andere Art an Russland und seiner Literatur orientierten, um eine wesentlich größere Leserschaft zu erreichen, etwa durch Publikationen in umfangreichen russischenRusslandrussisch Literaturzeitschriften oder durch öffentliche Auftritte (vgl. Kotjuh 2012: 139).

      Penelopa war Markosjan-KäsperMarkosjan-Käsper, Gohars erster Roman, der 1998 in St. Petersburg erschien. Es folgten weitere Romane wie Helena (2000, auf EstnischEstland/EstoniaEstnisch/Estonian 2003; eine deutscheDeutschlanddeutsch ÜbersetzungÜbersetzung/translation liegt nicht vor), Karyatiden (2003), die Novellensammlung Der Traum (2006) und viele andere Werke. Ihre Romane sind meist aus der Perspektive eines auktorialen Erzählers geschrieben, und sie beleuchten das Leben bzw. den Werdegang von Frauen, die zwar mit etlichen Schwierigkeiten im Leben konfrontiert werden, doch diese durch ihre Stärke, Klugheit und Anpassungsfähigkeit bewältigen können. Laut Irina Belobrovtseva ist die estnischeEstland/Estoniaestnisch russischsprachige Literatur dadurch um Romane, deren „weibliche Heldinnen klug, ironisch, verführend, mit einem Wort, richtige Frauen“ sind, reicher geworden (Belobrovtseva 2018: 118). Gegen Ende ihres Lebens begann Gohar Markosjan-Käsper, sich mit Science-FictionScience-Fiction zu befassen. 2012 erschien ihr letzter, autobiographischerBiographiebiographisch Roman Memento mori. Sie starb 2015 nach einer schweren Krankheit.

      Die Leserschaft sowie die meisten Kritiker reagierten auf Markosjan-KäsperMarkosjan-Käsper, Gohars Werke positiv: Man charakterisierte ihre Schreibweise als mutig und meisterhaft, reich an Wortspielen und Assoziationen, sowie als einen Ausdruck des „magischenmagisch Realismus“ (Zirnask/Püve 2005). Tatsächlich vermischen sich in ihren Werken verschiedene Realitäten, Schauplätze und kulturelle Schichtungen. So erzählt Helena die Geschichte einer aus ArmenienArmenien nach EstlandEstland/Estonia übersiedelten Frau; gleichzeitig erfährt der Leser dieses Werkes viel über das sowjetischeSowjetunionsowjetisch Leben, sowie darüber, wie ein Mensch mit MigrationshintergrundMigrant/inMigrationshintergrund in EstlandEstland/Estonia den Zusammenbruch der SowjetunionSowjetunion erlebt und sich später in der Übergangsgesellschaft zurechtfindet. Der Roman spielt gleichzeitig in Jerewan, in Tallinn und im antiken Griechenland; es finden sich Anspielungen auf klassische griechischeGriechischgriechisch Literatur, auf armenischeArmenienarmenisch Kulturtexte, auf die Bibel und auf Werke der WeltliteraturWeltliteratur. Penelopa malt dem Leser einen Tag im postsowjetischenSowjetunionpostsowjetisch Jerewan durch die Augen der Heldin Penelope aus und nimmt ihn gleichzeitig mit auf eine Reise durch die armenischeArmenienarmenisch Geschichte, durch die armenischeArmenienarmenisch sowie die WeltliteraturWeltliteratur – und durch Penelopes Seelenlandschaften. Was diese zwei Werke dabei ganz besonders auszeichnet, ist die geschickte Verwendung und Vermischung von verschiedenen Sprachen: Die Originalsprache der Romane, RussischRusslandRussisch/Russian, geht je nach Bedarf fließend ins ArmenischeArmenienarmenisch, ins LateinischeLateinLateinisch, ins EnglischeEnglisch/English oder ins EstnischeEstland/EstoniaEstnisch/Estonian über. Aus diesen Gründen (Verflechtung von Schauplätzen und Kulturen sowie die Präsenz der MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit) wurde Markosjan-Käsper selbst mal als armenischeArmenienarmenisch, mal als russischeRusslandrussisch oder russischsprachige, oder mal als estnischeEstland/Estoniaestnisch

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