Emma schreibt. Armand Amapolas

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Emma schreibt - Armand Amapolas страница 10

Emma schreibt - Armand Amapolas Emma auf Teneriffa

Скачать книгу

Hand reichte und ihr einen Stuhl zurechtrückte, eher einen Dirigenten vermutet, der auf seinen Auftritt im Auditorio wartete, als einen ehemaligen deutschen Bundestagsabgeordneten. Mit denen assoziierte sie gedeckte Anzüge und langweilige Krawatten.

      »Frau Schneider! Offenbar ist Ihr Flieger pünktlich gewesen. War der Flug angenehm?«

      Emma bestätigte. Vier Stunden und zehn Minuten hatte er gedauert, exakt wie angekündigt. Die Flugbegleiter waren unaufdringlich, der Platz neben ihr war frei geblieben. Nur kurz vor der Landung hatten ein paar kräftige Böen die Maschine kurz flattern lassen. Keiner Aufregung wert.

      Horst Hanisch und Emma sahen sich eine gefühlte Minute lang schweigend an. Emma kam sich vor wie im Western. High Noon. Auge in Auge mit, ja: mit wem? Mit einem Bösewicht oder dem Sheriff? Einem Widersacher, Nebenbuhler? Wer zog zuerst? Wer brach den Blickkontakt ab und beendete das Schweigen?

      Ihr Gastgeber schmunzelte und winkte einen Kellner herbei. »Was möchten Sie trinken? Ich empfehle ein Glas Weißwein, einen fruchtigen, trockenen Tropfen aus dem Valle de Güímar, gleich hier um die Ecke. Und etwas essen sollten Sie auch. Ich nehme an, im Flieger sind Sie eher nicht satt geworden.«

      Das stimmte. Das ihr dort zum Fraß vorgeworfene Sandwich – »Käse oder Salami?« – hatte Emma dankend abgelehnt. Ihre letzte Mahlzeit war ihr Frühstück gewesen. Aber ob sie jetzt schon Wein trinken sollte… Überhaupt war das womöglich eine Test- oder Fangfrage. Hanisch könnte ihre Selbstdisziplin und Arbeitsmoral ausloten wollen. War das hier nicht ein Vorstellungsgespräch, wenn auch eines auf ungewöhnlicher Bühne?

      Er schien ihr anzusehen, was sie dachte. »Trinken Sie ruhig Wein! Schauen Sie, mein Glas ist schon halb leer! Wenn Sie auch Wein bestellen, verschafft mir das ein Alibi, ein zweites kommen zu lassen, also! Wissen Sie schon, was Sie essen wollen? Sie sind natürlich eingeladen.«

      »Danke. Was können Sie empfehlen?«

      »Hier gibt es lauter leckere Kleinigkeiten. Die Ravioli mit Gorgonzola-Füllung in Steinpilzsauce zum Beispiel sind ganz ausgezeichnet. Aber sehen Sie sich die Karte an!«

      Emma orderte Kalbstartar mit pikanter Salsa, Hanisch die Ravioli.

      »Sie sind sehr großzügig. Das Essen und der Flug und das Hotel, für drei Nächte gleich! Das Taxi. Das läppert sich. Und alles womöglich für nichts und wieder nichts. Wenn Sie feststellen, dass ich doch nicht Paul Bärkamp bin.«

      Hanisch grinste. »Das sehe ich, dass Sie nicht Paul Bärkamp sind. Oder er hätte sich sehr zu seinem Vorteil verändert. Die Geschlechtsumwandlung nicht zu vergessen. Journalistisch aber sieht er in Ihnen eine Gleichgesinnte, das hat er mir versichert. Die Frau Schneider, hat er gesagt, das ist noch eine, die sich an Regeln hält und an Absprachen. Außerdem hat sie einen Blick für Menschen, ist unerschrocken, unbestechlich und kann, nicht zuletzt, toll schreiben. Hat er gesagt. Er hält große Stücke auf Sie, der Herr Bärkamp.«

      »Tut er das? So ähnlich hat er das tatsächlich auch in mein Zeugnis geschrieben, als wir beide aufhören mussten, bei der Halterner Post. Aber Sie wissen ja, was von Zeugnissen zu halten ist. Da steht immer nur Gesülztes drin.«

      »Das hat Herr Bärkamp auch noch versprochen: dass Sie Humor hätten und sich nichts vormachen ließen. Eine echte Ruhrgebietspflanze, hat er gesagt.«

      »Und er hat Ihnen auch verraten, dass ich arbeitslos bin, nehme ich an.«

      »Jedenfalls hat er angedeutet, dass Sie einen Job bei der Revue aufgegeben haben. Aber warum, das hat er mir nicht gesagt.«

      Emma schwieg. Der Kellner erschien mit Gläsern, einer Flasche Wasser, Servietten und Bestecken.

      »Allerdings habe ich ein wenig recherchiert«, nahm Hanisch das Gespräch wieder auf: »Mit mageren Ergebnissen. Entweder bin ich im Recherchieren nicht so gut wie Sie, oder wir haben es mit einem formidablen Schweigekartell zu tun.«

      »Ich denke, Schweigekartell trifft es ganz gut. Vielleicht sollten wir es dabei auch belassen. Ich war sehr froh, den Job bei der Revue zu finden, als die Halterner Post geschlossen – gemeuchelt – worden war. Aber eigentlich bin ich nicht der richtige Typ für Gutwettergeschichten.«

      »Gutwettergeschichten. Nett gesagt. Die Revue ist natürlich ein Schlabberblatt. Das wissen wir beide. Das Wertvollste an ihr ist das Papier, auf dem sie gedruckt wird. Hochglanz und bunt: wie eine schicke Verpackung rund um lauwarme Luft. Die Revue gibt’s ja auch nur, damit die Fürstin eine Aufgabe hat und ihr Göttergatte in Ruhe Golf spielen kann. Ich finde, es zeichnet Sie aus, dass Sie im Schleimen für die Revue nicht ihre journalistische Bestimmung sehen, Frau Schneider.« Aha, auch Hanisch nannte Tanja »die Fürstin«. Diese Gemeinsamkeit mit Paul Bärkamp ließ Hanisch in Emmas Augen gleich noch ein Stück sympathischer wirken. Aber misstrauisch blieb sie, trotz alledem.

      »Aber PR erwarten Sie doch auch schon von mir? Ich nehme nicht an, dass Sie mich anheuern wollen, um in Ihrer Vergangenheit zu wühlen und schmutzige Wäsche ans Licht zu zerren.«

      Hanisch schmunzelte schalkhaft. »Woher wollen Sie das wissen? Es muss ja nicht meine Wäsche sein. Da ist zwar auch nicht immer alles ganz sauber. Sie wird aber regelmäßig gewaschen. Im Ernst: man sagt mir manches nach, einiges vielleicht sogar zu Recht, aber niemand hat je behaupten können, ich sei korrupt oder täte nicht das, was ich sage.«

      »Stimmt. Das ist es nicht, was Ihnen nachgesagt wird.«

      »Oh, da bin ich aber gespannt. Nun? Was wird mir denn nachgesagt? Ich vermute, Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht.«

      »Wenn ich direkt sein darf und Sie darin keine Unhöflichkeit sehen, wo Sie mich doch eingeladen haben…« Emma wartete die Antwort nicht ab: »Sie sind abgehoben, arrogant, übrigens auch in Berlin nicht gut gelitten, anders als Sie das an der Heimatfront zu verbreiten belieben. Außerdem extrem egozentrisch, oft aufbrausend. Als Arbeitgeber eine Plage. Selbst Ihre Ehefrau hat es mit Ihnen nicht mehr ausgehalten. Und auch Ihr gemeinsamer Sohn will von Ihnen nichts mehr wissen. Reicht Ihnen das? Fürs Erste?«

      »Oh ja. Vielen Dank. Vor allem für das mit der Plage. Das stimmt wohl. Bedauerlicherweise. Davon können Sie sich ja dann womöglich demnächst Ihr eigenes Bild machen. Nur eines stimmt nicht, das muss ich dementieren: mit meinem Sohn Max verstehe ich mich prächtig. Der ist übrigens auch gerade auf der Insel. Er ist ungefähr in Ihrem Alter.«

      Der Kellner servierte das Essen, Hanisch bestellte für sich ein drittes Glas Wein. Emma winkte ab. Ihr Glas war ohnehin noch halb voll.

      »Lassen Sie uns erst essen. Dann sage ich Ihnen, was ich von Ihnen erwarte. Im Falle, dass wir uns einig werden. Und dann können Sie sagen, ob Ihnen das passt. Übrigens werde ich zwar nachtragend sein, falls ich Sie anheuern wollen sollte, Sie aber ablehnen. Nur ändert das nichts an unserem Arrangement. Ich trage die Kosten Ihres Aufenthaltes hier, basta. Wenn wir nicht zusammenarbeiten, machen Sie sich einfach ein paar nette Tage. Das Wetter ist jedenfalls besser als in Herten oder Bochum. Sie wohnen doch in Bochum, sind aber eigentlich Hernerin, stimmt’s?«

      »Stimmt. Ich bin ein ideeller Gesamtruhri. Also: Bedingungen akzeptiert! Guten Appetit!«

      »Ideeller Gesamtruhri – wo haben Sie das denn her?«

      »Ist mir grade so eingefallen. In Anlehnung an den ideellen Gesamtkapitalisten. Das ist doch der bürgerliche Staat in Ihren Augen. Sie waren doch bei den Jusos ein Stamokap, stimmt’s? So nannte man das doch?«

      »Respekt. Gut recherchiert. Das ist ja schon lange her, fast drei Jahrzehnte, war

Скачать книгу