Handbuch der Sprachminderheiten in Deutschland. Группа авторов

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Aussprache ein langes u [u:] und den (stimmhaften) Verschlusslaut d, während in der dänischen Aussprache das u kurz ist und tiefer liegt als das deutsche und ihm ein stimmhafter Frikativ folgt (sog. blødt d [ð] ‚weiches d‘). Die Variation kann sich auch auf die Vokalqualität beschränken, zum Beispiel in dem Namen Anna, in dem sich die Aussprache des a zwischen Deutsch und der hochsprachlichen Form des Standarddänischen unterscheiden.

      Wenn zweisprachige Minderheitsangehörige über eine öffentliche Person (z.B. aus den Medien) aus Dänemark sprechen, deren Name i.d.R. dänisch ausgesprochen wird, sie diesen Namen jedoch deutsch artikulieren, kann die deutsche Aussprache darauf hindeuten, dass akustische Medien auf Deutsch und nicht auf Dänisch rezipiert werden und dass über die betreffende Person i.d.R. auf Deutsch gesprochen wird. Beispielsweise berichtete ein Mitglied der Minderheit mit Begeisterung vom Besuch des dänischen Prinzen Joachim; dabei wurde der Name deutsch ([jo'achim]) und nicht dänisch (['joakim]) ausgesprochen. Der Unterschied in der Aussprache dieses Namens bezieht sich auf den Wortakzent, die Vokalqualität und die Aussprache des <ch> (auf Deutsch als ach-Laut, auf Dänisch als /k/) und ist deutlich wahrnehmbar.

      Unterschiede in der Schreibung von Ortsnamen können ebenfalls zu Ausspracheunterschieden zwischen Deutsch und Dänisch führen. Eine Reihe von Ortsnamen in Südschleswig hat eine dänische Schreibung, die teilweise original ist (z.B. Fjolde, dt. Viöl) und teilweise nachträglich konstruiert wurde (z.B. Lyksborg, dt. Glücksburg). Innerhalb der Minderheit gibt es große Schwankungen in Bezug darauf, ob die dänische oder die deutsche Aussprache gewählt wird. Wird jedoch Bezug auf Ortsnamen in Dänemark genommen, so ist deren Aussprache, im Gegensatz zu den Personennamen, so gut wie immer dänisch (obwohl auch hier abweichende, am Deutschen orientierte Aussprachen möglich wären, z.B. Aabenraa, dt. Apenrade oder Haderslev, dt. Hadersleben).

       Grammatik (Genus, Tempus, Wortstellung)

      Standarddänisch hat zwei Genera (Utrum, Neutrum). Unter dem Einfluss der drei Genera des Deutschen gibt es im Südschleswigdänischen, verglichen mit Standarddänisch, Unregelmäßigkeiten in der Zuordnung des Genus.

      Die deutsche Tempusauffassung wird auch ins Südschleswigdänische überführt. Ein Geschehen, das in der Vergangenheit begann und noch andauert, wird im Deutschen im Präsens beschrieben, zum Beispiel Ich wohne hier seit 2011. Standarddänisch verwendet an dieser Stelle das Perfekt: Jeg har boet her siden 2011 (‚Ich habe hier seit 2011 gewohnt.‘), Südschleswigdänisch dagegen das Präsens: Jeg bor her siden 2011 (‚Ich wohne hier seit 2011.‘).

      Abweichungen von der standarddänischen Syntax bzw. Wortstellung, die im Minderheitendänisch zu beobachten sind, treten primär in Verbindung mit Adverbien auf. Charakteristisch ist, dass adverbielle Elemente, die als Erweiterung des Verbs zu verstehen sind, am Ende des Hauptsatzes stehen (z.B. Das Wetter ist heute sehr trüb). Im Standarddänischen werden sie direkt hinter das finite Verb gestellt (Vejret er meget kedeligt i dag. ‚Das Wetter ist sehr trüb heute.‘), während sie im Südschleswigdänischen, wie im Deutschen, am Satzende auftreten (Vejret er i dag meget kedeligt. ‚Das Wetter ist heute sehr trüb.‘).

      In Gliedsätzen kommt es im Südschleswigdänischen häufig vor, dass das verbmodifizierende Adverbial, zum Beispiel ikke (‚nicht‘) oder snart (‚bald‘), hinter das finite Verb gestellt wird; im Standarddänischen tritt es dagegen in untergeordneten Gliedsätzen vor dem finiten Verb auf, zum Beispiel fordi han kommer ikke ‚weil er kommt nicht‘,vgl. Standarddänisch fordi han ikke kommer ‚weil er nicht kommt‘.

       Semantik

      Die Unterschiede zwischen Standarddänisch und Südschleswigdänisch werden in der Semantik besonders dort deutlich, wo es zwei Formen von Lehnübersetzungen aus dem Deutschen ins Dänische gibt: Südschleswigismen und dänische Südschleswigwörter.

       Südschleswigismen

      Südschleswigismen lassen sich in drei Gruppen unterteilen:

      1 Lehnübersetzungen, die an die Stelle von existierenden dänischen Wörtern oder Wendungen treten, zum Beispiel:husmester als Übersetzung des deutschen Wortes Hausmeister (standarddän. pedél);aftenkassen nach deutsch Abendkasse in der Bedeutung, dass die Eintrittskarten am Eingang verkauft werden.In diese Kategorie gehören auch bestimmte Präpositionen, die aus dem dänischen Standardgebrauch verschwinden oder deren Verwendungsweise unidiomatisch ist, zum Beispiel: med ‚mit‘+ Altersangabe, zum Beispiel valgret med 16 års alderen ‚Wahlrecht mit 16 Jahren‘ (standarddän.: valgret som 16-årig ‚Wahlrecht als 16-Jährige/r‘); ebenso med 12 måneder ‚mit 12 Monaten‘ (standarddän.: i 12 måneders alderen ‚im 12-Monats-Alter‘).

      1 Lehnübersetzungen, die daduch motiviert sind, dass das Wort im dänischen Wortschatz nicht vorhanden ist, zum Beispiel:ordmelding, deutsch Wortmeldung in der Bedeutung ‚zu erkennen geben, dass man einen Wortbeitrag leisten möchte‘.

      2 Lehnübersetzungen, die in standarddänischen Wörtern resultieren, jedoch im südschleswigschen Kontext eine andere Bedeutung haben, zum Beispiel:podiumsdiskussion (von dt. Podium) in der Bedeutung paneldiskussion. udvendig (standarddänische Bedeutung: ‚äußerlich‘) für standarddän. udenad als Übersetzung von dt. auswendig, in Beispielen wie den sang kan vi udvendig (‚dieses Lied können wir auswendig‘). lave en uddannelse, von dt. eine Ausbildung machen, standarddän. tage en uddannelse (standarddän. lave ‚machen [i.S.v.] herstellen, fertigstellen‘ gegenüber tage ‚nehmen, teilnehmen‘). besøge en skole (standarddän. Bedeutung: ‚einer Schule einen Besuch abstatten‘), von dt. eine Schule besuchen, standarddän. gå i skole ‚in die Schule gehen‘ (standarddän. besøge ‚besuchen [i.S.v.] einen Besuch abstatten‘).

      Der letztgenannte Südschleswigismus, at besøge en skole in der Bedeutung at gå i skole, ist in der Minderheitssprache so etabliert, dass er in öffentlichen Texten verwendet wird. Er findet sich u.a. in den autorisierten Übersetzungen (Deutsch – Dänisch) der Kieler Erklärung von 1949, Artikel II Absatz 3 und in der Bonner Erklärung von 1955, Artikel III Absatz 4.

      Dass dieser Südschleswigismus in der Minderheitssprache fest verankert ist, zeigt sich auch in der Sprache der Journalisten in der Flensborg Avis. Wenn berichtet wird, dass eine bekannte Person einer Schule in Südschleswig einen Besuch abgestattet hat, wird eine Umformulierung gewählt (har været på visit i den og den skole ‚war zu Besuch in der und der Schule‘), damit nicht der Eindruck entsteht, dass die betreffende Person Schüler oder Schülerin dieser Schule war. Ein einzelnes Beispiel dafür ist: da hun aflagde visit i Nibøl tekniske Skole (‚als sie der Technischen Schule Niebüll einen Besuch abstattete‘) (Flensborg Avis 31.10.1997).

       Dänische Südschleswigwörter

      „Dänische Südschleswigwörter“ (danske sydslesvigord, Pedersen 2000/I: 220 u. passim) bezeichnet Übersetzungsentlehnungen (Calques) aus dem Deutschen, die Institutionen, Verhältnisse, Phänomene oder Gegenstände in Südschleswig benennen, zu denen sich in Dänemark keine Parallelen finden oder die sich in Dänemark nicht auf das Gleiche beziehen wie in Deutschland. Es sind Wörter, die im Dänemark-Dänischen nicht vorkommen, da es keinen Bedarf gibt, sie zu verwenden oder zu bilden. Unter den älteren Angehörigen der Minderheit wird zum Beispiel das Wort socialstation verwendet, das eine Übersetzungsentlehnung aus dem deutschen Wort Sozialstation darstellt. Damit wird eine öffentliche Einrichtung unter deutscher Leitung bezeichnet, die Beratung und Unterstützung durch Sozialarbeiter

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