Im Schlaraffenland. Heinrich Mann

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Im Schlaraffenland - Heinrich Mann

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ist der Künst­ler?«

      Süß be­lehr­te ihn mit rühr­se­li­ger Ent­rüs­tung.

      »Men­schens­kind, Sie kom­men aus Ge­gen­den, wo man Clau­di­us Mer­tens nicht kennt? Bli­cken Sie mal dort­hin, und Ihr Auge wird ei­nem großen Man­ne be­geg­nen!«

      In der be­zeich­ne­ten Rich­tung ent­deck­te An­dre­as einen breit­schult­ri­gen Herrn mit gut­mü­ti­gem Ge­sicht, blon­dem Voll­bart und nach­läs­sig ge­bun­de­ner Kra­wat­te. Er hielt das Bein über­ge­schla­gen und eine Hand dar­auf­ge­legt, die un­ge­wöhn­lich kräf­tig aus­sah und so brei­te, ge­drun­ge­ne Fin­ger hat­te, dass An­dre­as zwei­felnd das zer­brech­li­che Kunst­werk vor sich auf dem Ti­sche be­trach­te­te.

      »Wie hat er das ge­macht?« frag­te er sich. Er äu­ßer­te:

      »Clau­di­us Mer­tens? Ich habe den Na­men nie ge­hört.«

      »Sie sind ent­schul­digt«, er­klär­te Duschnitz­ki. »Clau­di­us ist über einen ge­wis­sen Kreis hin­aus fast un­be­kannt, und das ist sein Ruhm. Er stellt nichts aus und ar­bei­tet nur für ein paar Häu­ser wie Türk­hei­mers, die ihn ko­los­sal da­für be­zah­len, dass er die Mo­del­le sei­ner Wer­ke ver­nich­tet.«

      »Merk­wür­dig!« mein­te An­dre­as.

      »Das ist das Feins­te!« jam­mer­te Süß. »Was für ’n großer Mann!«

      »Wol­len Sie das Clau­di­us-Ka­bi­nett se­hen?« wur­de An­dre­as von Klemp­ner ge­fragt.

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      Man stand vom Ti­sche auf, der Ta­ba­krauch fing an, sich im Saa­le zu ver­brei­ten. Alle Welt rauch­te, am Ne­ben­tisch hat­te die Fürs­tin Bou­bou­koff zwi­schen den Ge­rich­ten ihre Zi­ga­ret­te wie­der an­ge­zün­det.

      Duschnitz­ki und Süß ver­lo­ren sich in­mit­ten der Gäs­te, die über die Trep­pen­ga­le­rie in die Sa­lons zu­rück­kehr­ten. Klemp­ner führ­te An­dre­as seit­wärts in ein klei­nes Spie­gel­ka­bi­nett. Durch eine Glas­tür be­trat man von dort das ge­räu­mi­ge Ge­wächs­haus. Die fort­wäh­rend sprin­gen­de Be­leuch­tung setz­te An­dre­as in Er­stau­nen, er be­ob­ach­te­te die Da­men und Her­ren, die, mit trans­por­ta­blen Dräh­ten in der Hand, von ei­ner Pflan­zen­grup­pe zur an­de­ren gin­gen und hier und da das elek­tri­sche Licht auf­blit­zen lie­ßen. Auf schlan­ken So­ckeln, un­ter duft­lo­sen Blu­men halb ver­steckt, stan­den Bron­zen, Ter­ra­kot­ten und sil­ber­ne Sta­tu­et­ten, die alle ei­ner Fa­mi­lie an­ge­hör­ten, ei­ner Fa­mi­lie ha­ge­rer Fau­ne und mond­süch­ti­ger Syl­phen, be­gehr­li­cher Zie­gen­bö­cke und rät­sel­haft lä­cheln­der Kna­ben.

      »Das ist Clau­di­us Mer­tens’ Kunst!« rief Klemp­ner mit düs­te­rer Fei­er­lich­keit aus.

      An­dre­as nahm sich zu­sam­men, um die Be­fan­gen­heit zu ver­ber­gen, die ihm we­ni­ger Clau­di­us Mer­tens’ Schöp­fun­gen ein­flö­ßten als die Da­men, die sie mit so vor­ur­teils­lo­ser Ken­ner­schaft be­trach­te­ten.

      »Und was an­de­res macht der Künst­ler nicht?« frag­te er.

      Klemp­ner lä­chel­te schmerz­lich.

      »Ver­ur­tei­len Sie Clau­di­us nicht, er ist auch ei­ner, den die Welt er­zo­gen hat!« ver­setz­te er, sich an die Brust schla­gend.

      »Ich kann Ih­nen sa­gen, dass Clau­di­us in sei­nen jun­gen Jah­ren Mar­mor­blö­cke un­ter den Hän­den ge­habt hat, mit de­nen sich Mi­che­lan­ge­lo be­gnügt hät­te, als er nach aus­rei­chen­dem Ma­te­ri­al für das Grab­mal sei­nes Herrn such­te. Was fängt aber die mo­der­ne Ge­sell­schaft mit sol­chen Schwär­me­rn an? Als Clau­di­us noch der großen Kunst frön­te, leb­te er in ei­ner Stein­metz­ba­ra­cke von trock­nem Brot. Seit er aber ent­deckt hat, was die zah­len­den Kunst­freun­de ver­lan­gen, hat er wö­chent­lich zehn Ein­la­dun­gen, man reicht ihn sich her­um, beim Es­sen emp­fängt er Be­stel­lun­gen und ver­dient, wäh­rend er ver­daut.«

      Klemp­ner war in Em­pha­se ge­ra­ten.

      »Wir Künst­ler soll­ten al­len vor­an die Re­vo­lu­ti­on ein­läu­ten!« rief er so laut, dass zwei glatz­köp­fi­ge Ban­kiers, die ne­ben­an auf dem Di­wan gähn­ten, auf­blick­ten und die jun­gen Leu­te er­hei­tert an­blinz­ten.

      An­dre­as wa­ren die­se An­sich­ten nicht fremd, aber Klemp­ner, der es ge­wiss nicht böse mein­te, schrie zu laut für die fei­er­li­che Stil­le des Kunst­ka­bi­netts. Er kehr­te mit sei­nem Beglei­ter in den Saal zu­rück, der sich lang­sam wie­der füll­te. Die Ti­sche wa­ren ent­fernt, eine ganz neue und rei­ne Luft ließ alle auf­at­men. Türk­hei­mer, der eben ein­trat, nä­her­te sich ei­nem Kreis von Leu­ten, die mit er­ho­be­nen Na­sen schnup­per­ten.

      »Ge­birgs­luft, was?« sag­te er. »Noch ein biss­chen zu dünn, aber es wird schnell bes­ser wer­den.«

      Und er er­klär­te, dass er hier, wie schon frü­her in den Sa­lons, ei­ni­ge Schläu­che mit Oxy­gen habe lee­ren las­sen.

      »Ein ganz neu­es tech­ni­sches Ver­fah­ren, die Wis­sen­schaft macht doch ko­los­sa­le Fort­schrit­te. Für kaum tau­send Mark hat man den gan­zen Abend die reins­te kli­ma­ti­sche Hö­hen­kur im Hau­se.«

      »Für tau­send Mark Luft!« rief Liz­zi Laffé ent­zückt.

      »Tau­send Mark sind für mich Luft, wenn es sich um das Be­ha­gen mei­ner Gäs­te han­delt«, ver­setz­te Türk­hei­mer mit ei­ner ga­lan­ten Ver­beu­gung.

      Die

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