Im Schlaraffenland. Heinrich Mann

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Im Schlaraffenland - Heinrich Mann

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ganz un­nö­ti­ge An­stren­gung zu sein«, be­merk­te er.

      »Jun­ger Mann!« rief Kaf­lisch fei­er­lich, »Sie ken­nen nicht die Wil­lens­stär­ke ge­wis­ser Frau­en! Die­se hier will nun mal für an­stän­dig gel­ten, und sie weiß es durch­zu­set­zen, dass je­der, der ihre Le­bens­wei­se ganz ge­nau kennt, sie so be­han­delt, als glaub­te er an ihre Tu­gend, ’s ist ei­gent­lich ’ne un­ge­heu­re Leis­tung von so ’ner Frau, wis­sen­se, und ganz ohne Pro­fit, bloß der Ehre we­gen. Sie mimt die Tu­gend, wie an­de­re das Las­ter mi­men.«

      »So was gibt es auch?« frag­te An­dre­as.

      »Und ob! Sie wer­den hier im Hau­se die Frau Pim­busch ken­nen­ler­nen.«

      »Die Frau des großen Brannt­wein­fa­bri­kan­ten?«

      »Dem Schnaps­feu­da­len sei­ne Frau. Da wer­den Sie se­hen, wie das Las­ter aus­sieht. Aber ver­bren­nen Sie sich nicht die Fin­ger, rate ich Ih­nen! Sie ist un­schul­dig, nicht mal von Pim­busch hat sie sich ihre Un­schuld rau­ben las­sen. Er soll üb­ri­gens gar nicht dazu im­stan­de sein.«

      »Eine Frau muss sich doch recht sehr lang­wei­len, wenn sie auf sol­che Din­ge ver­fällt«, mein­te An­dre­as. Kaf­lisch zuck­te die Ach­seln.

      »Was wol­len Sie? Wir ha­ben Ner­ven. Müde Ras­se! wie Gold­herz sagt. Alte Kul­tur! Gott, wie sind wir müde!«

      Kaf­lisch ver­such­te, die Schul­tern tief zu sen­ken. Er ließ die Mund­win­kel her­ab­hän­gen und be­gann mit mat­tem Blick vor sich hin­zu­träu­men. An­dre­as be­fürch­te­te, man möch­te die Nach­ah­mung des Frei­herrn von Hochs­tet­ten er­ken­nen. Er such­te Kaf­lisch fort­zu­zie­hen, doch die­ser blieb ste­hen. Sie be­fan­den sich bei der Tür, hin­ter der frü­her der Haus­herr mit ei­ni­gen Gäs­ten ver­schwun­den war. Kaf­lisch mach­te eine Arm­be­we­gung, als setz­te er eine eif­ri­ge Un­ter­hal­tung fort.

      »Wis­sen­se was?« sag­te er lei­se. »Ne­ben­an wird ge­jeut. Sehn­se sich das mal an!«

      Er schob An­dre­as has­tig vor sich her über die Schwel­le und be­eil­te sich, den Vor­hang hin­ter ih­nen zu­fal­len zu las­sen.

      Sie durch­schrit­ten ein Spie­gel­ka­bi­nett, ganz ähn­lich dem, das als Vor­zim­mer des Clau­di­us-Mu­se­ums diente. Dann be­tra­ten sie ein wei­tes Ge­mach, das zu zwei Drit­teln leer stand. Auf den Di­wans an den Wän­den nick­ten zwei oder drei alte Her­ren, eine große An­zahl Gäs­te um­dräng­te da­ge­gen das kreis­run­de Ge­län­der, das in ge­rin­gem Ab­stän­de den gleich­falls run­den Spiel­tisch um­gab. An­dre­as be­merk­te auf dem Ti­sche ein äu­ßerst sinn­rei­ches ho­ri­zon­ta­les Rad, des­sen sie­ben Spros­sen durch el­fen­bei­ner­ne Pferd­chen be­zeich­net wur­den. Es sa­ßen klei­ne Rei­te­rin­nen, aus Sil­ber, mit Perl­mut­ter ein­ge­legt, in meis­tens durch­aus in­ti­men Stel­lun­gen dar­auf. Nur Clau­di­us Mer­tens konn­te sie ge­schaf­fen ha­ben.

      »Ha­ben Sie schon mal ge­spielt?« frag­te Kaf­lisch.

      An­dre­as hat­te Lust zu lü­gen, fürch­te­te aber, dar­auf er­tappt zu wer­den.

      »Nein«, sag­te er.

      Kaf­lisch er­hob plötz­lich die Stim­me, er rief schrill und tri­um­phie­rend in die stil­le Ver­samm­lung hin­ein:

      »Mei­ne Her­ren, Sie ah­nen es nicht! Hier ist ein Herr, der noch nie ge­spielt hat!«

      Ein Ge­mur­mel, das An­dre­as nicht ver­stand, ging durch die Rei­hen der Gäs­te. Ein lan­ger, ha­ge­rer Mensch trat so­fort auf ihn zu und be­rühr­te mit ei­ner Hand, die leicht zit­ter­te, An­dre­as’ Arm.

      »Wenn ich mir die Fra­ge er­lau­ben darf, wie alt sind Sie, mein Herr?« frag­te er höf­lich.

      »Drei­und­zwan­zig«, ant­wor­te­te An­dre­as eben­so höf­lich.

      »Ich bit­te um fünf!« rief der Ha­ge­re, ohne An­dre­as auch nur zu dan­ken, ei­nem Di­cken mit wei­ßen Haa­ren auf dem blas­sen fet­ten Ge­sich­te zu, der hin­ter dem Ge­län­der stand, das Geld des Ha­ge­ren in Empfang nahm und ihm meh­re­re Pa­pier­strei­fen über­reich­te.

      Die Men­ge der Spie­ler be­gann zu mur­ren. Es sei kei­ne Kunst zu ge­win­nen, wenn man einen Neu­ling für sich habe. Das Spiel sei un­gül­tig, sie ver­lang­ten ihre Ein­sät­ze zu­rück. Aber der blas­se, di­cke Herr pro­tes­tier­te leb­haft. »Fer­tig!« rief er und schick­te sich an, das Rad zu dre­hen. Man woll­te ihn dar­an hin­dern, Türk­hei­mer, der un­ter die Auf­ge­reg­ten trat, such­te sie lie­bens­wür­dig zu be­schwich­ti­gen.

      »Ord­nung vor al­lem, mei­ne Her­ren!«

      »Vo­y­ons, mes­sieurs!« ver­setz­te auch der Che­fre­dak­teur Dok­tor Be­die­ner, der sich an den Herrn hin­ter dem Ge­län­der wand­te.

      »Ei­nen Au­gen­blick, bit­te, Herr Stie­bitz!«

      »Wol­len Sie nicht set­zen?« frag­te er An­dre­as.

      »Na­tür­lich! Set­zen Sie doch!« sag­te Türk­hei­mer, der dem jun­gen Man­ne wohl­wol­lend zu­nick­te.

      »Set­zen Sie doch, Herr, Herr – re…«

      »Zum­see«, er­gänz­te An­dre­as.

      »Fünf!« ver­lang­te er so­dann mit lau­ter Stim­me, wie er es von dem Ha­ge­ren ge­hört hat­te.

      »Wie viel?« frag­te Herr Stie­bitz.

      An­dre­as sah auf dem grü­nen Be­zug des Ge­län­ders gan­ze Gold­hau­fen vor den Spie­lern auf­ge­baut, es ward ihm ein we­nig un­heim­lich zu­mu­te. Er fürch­te­te schon, ge­zö­gert zu ha­ben und griff schnell, aber so ru­hig wie es ihm mög­lich war, in die Ta­sche. Er öff­ne­te das Por­te­mon­naie, ohne es her­vor­zu­zie­hen, weil er dies für ele­gan­ter hielt, und warf nach­läs­sig die bei­den Zwan­zig­mark­stücke, die dar­in ge­we­sen wa­ren, auf das grü­ne Tuch.

      Stie­bitz gab ihm zwei Num­mern, dann schnurr­te das Rad in­mit­ten der all­ge­mei­nen Stil­le. An­dre­as ließ sich von dem krei­sen­den Ring hyp­no­ti­sie­ren, in dem an­fangs al­les zu­sam­men­ge­flos­sen war. All­mäh­lich wa­ren die ein­zel­nen Pferd­chen wie­der zu un­ter­schei­den. Es deuch­te ihm eine Ewig­keit, bis das Rad stand. Die Spie­ler neig­ten sich über das Ge­län­der und rie­fen durch­ein­an­der.

      »Fünf ge­winnt!« sag­te Stie­bitz ru­hig.

      Er be­gann die Ge­win­ne aus­zu­zah­len und leg­te vor An­dre­as zwei­hun­dert­un­dacht­zig Mark hin.

      An­dre­as sah das Geld flüch­tig an und ließ es lie­gen. Er fürch­te­te, vor Freu­de rot zu wer­den, und blick­te mög­lichst gleich­mü­tig nach dem fünf­ten Pferd­chen hin, das am Ziel ste­hen­ge­blie­ben war. Die sil­ber­ne Dame, die

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