Albrechts Chroniken IV. Friedrich S. Plechinger

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Albrechts Chroniken IV - Friedrich S. Plechinger

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Absichten sich mit den Naturgesetzen nicht vereinbaren ließen. Das hätte schon Erik der Rote versucht und seine Nachfahren ebenso. Vertrieben wurden sie und viele ihrer Leichen vermodern heute noch unter den Sümpfen dieser Erde!“

      Wir hatten sichtlich ein Problem, und ich erinnerte mich im selben Moment an das Versprechen, das ich einst Federico Pinzon gab: nie die Brut aus der alten Welt in dieses Paradies führen zu lassen. Das aber würde ohne Zweifel geschehen, wenn mein Vorschlag fruchten sollte.

      „Ich will es von Anukai selbst hören. Lehnt er meinen Wunsch ab, so werde ich das befolgen. Sagt er jedoch zu, dann scheiße ich auf das, was die Isländer verärgern sollte. Schließlich haben die Nordmänner die Überfälle hier begangen und den Kürzeren gezogen … Sag diesem Flegel das!“

      Ein kurzes Räuspern, und Ralf übersetzte Rauk meine Meinung darüber, wie ich zu der Angelegenheit stand. Verärgert setzte sich Rauk wieder hin und wollte das Wort an Anukai richten, doch dieser hielt die Hand ausgestreckt und bat Rauk, den Mund zu halten.

      Wieder nahm der alte Mann das Wort, und ich konnte ein Lächeln in Rauks Gesicht erkennen. Also durften wir hier keine Basis erbauen. Nun gut. Dann woanders. Die Zeit würde es richten, doch diese Basis würde nur für den Bund der „wenigen“ sein. Vergessen wir dieses Vorhaben auf dieser Fahrt. Auf der nächsten würden keine Nordmänner dabei sein, und dann würde uns keiner aufhalten können.

      Ich träumte schon weiter, als Ralf de Saddeleye versuchte, mir etwas zu sagen. Doch auch ich winkte ab, denn ich hatte verstanden. Ich wollte keinen Streit beginnen und verbeugte mich freundlich vor Anukai, bekam jedoch seinerseits versichert, dass wir jederzeit hier mit ihnen handeln dürften. Wir reichten uns die Hände und verließen höflich das Zelt.

      Meine Wut konnte ich für kurze Zeit kontrollieren, nicht aber Rauk Olafsons Disziplinlosigkeit. Was erlaubte sich dieser Fischerbursche, sich einem Admiral zu widersetzen. Er hatte sich freiwillig gemeldet. Ich hatte ihn nicht darum gebeten mitzukommen. Diese Angelegenheit bedurfte sofortiger Klärung. So nahm ich mir diesen unverschämten Burschen hinter einem Gestell vor, wo Fische zum Trocknen hingen. Ich packte ihn wutentbrannt am Kragen und presste ihn so lange gegen den stinkenden Fisch, bis mir der Geruch in den Kopf stieg. Doch ich ließ nicht locker. Er rang nach Luft, ich jedoch ließ nicht los. Richard und Ralf bekamen es mit, die anderen nicht, Gott sei‘s gedankt. Sie eilten zu mir, um einen Mord zu verhindern.

      „Admiral ...!“, flehte mich Richard an.

      „Sag diesem unverschämten Bengel, ich hätte große Lust, ihn hier an diesem Ort verrecken zu lassen. Noch so ein Ausrutscher und er kann nach Hause schwimmen, ist das klar? Ich bin der Admiral, der Befehlshaber dieser Truppe, und er ist nur ein Mitläufer. Ein Nichts. Ich brauche ihn als Übersetzer nicht mehr. Wir legen in drei Tagen ab und fahren weiter dorthin, wohin uns die Küste führt!“

      Grob stieß ich Rauk weg von mir und Furcht ließ das Blut in seinen Adern gefrieren.

      Den Befehl zur Abreise leitete ich an Ascanio di Sassari weiter, der sich auf eine Weiterfahrt sichtlich freute. So hatten mich die Männer schon lang nicht mehr gesehen, doch jede kleinste Nachlässigkeit gefährdete das Unternehmen. Ich hatte mir eine Antwort nun selbst gegeben, warum wir hier waren. Ich sollte mich eigentlich bei Rauk für seine Unverschämtheit bedanken, denn nun erst recht: Ich würde diese Basis bauen, und wem es nicht passte, der würde über Bord geworfen. Ich sah alles schon vor mir. Ein zweites Ashkelon. Hier, weit weg von der alten, vergifteten und vor Sünde triefenden Welt. Weiter südlich, wo das Klima freundlicher ist und doch nicht zu warm, damit man Proviant länger lagern kann und diese elendigen Stechfliegen einen in Ruhe lassen. Für den Winter zumindest.

      Ich würde nur einen Bruchteil der Güter nach La Rochelle überführen lassen und den Hauptteil hier in der geplanten Basis aufbewahren. Und wer weiß, vielleicht sogar eines Tages die neugebauten Karavellen hier vor Anker legen. Meine Absichten hatten sich von jetzt auf gleich geändert. Verraten und verkauft hatte man mich. Die, die ich für treu hielt, waren nichts anderes als Parasiten. Doch genug davon. Ich konnte dieses Spiel genauso spielen. Jetzt begriff ich, wie wichtig eine Erneuerung der Beziehung zwischen mir und Eduardo Cortez schien. Er hatte recht. Pinzon hatte recht. Jacques und Gilles hatten recht. Ja sogar der, den ich nie wieder in meinen Gedanken zu wissen hoffte und dessen Namen ich nie wieder aussprechen zu müssen hoffte, hatte recht. Der Teufel selbst. Bab Pha Med. Warum also nicht ich? Warum sollte ich nicht das gleiche Spiel mit diesen Verrätern spielen?

      Ich brauchte jedoch treue Männer an meiner Seite. Männer, die an mich glaubten und in den Tod für mich segeln würden, wie die wenigen damals in Äthiopien, die für mich in den Tod ritten. Heute noch denke ich an jeden Einzelnen von ihnen. Wie sich wohl Friedrich und Horst in Ashkelon machten? Ja für diese zwei würde ich meine beiden Hände ins Feuer legen, doch sie waren weit, weit weg.

      „De Saddeleye, bring mir Cortez in mein Zelt. Und ich will bis auf Weiteres nicht gestört werden. Verstanden?“

      „Zu Befehl, mein Admiral!“

      Ich begab mich zum Zelt und warf meinen Mantel auf die unaufgeräumte Pritsche. Der Wind, der hineinblies, drohte meine Aufzeichnungen und die Mappen vom Tisch zu fegen. Doch ein Krug, noch mit Wein aus dem Languedoc gefüllt, beschwerte sie und so rollten sie sich nur auf und zu. Ich nahm einen Zinnkrug, füllte ihn mit dem Wein und warf einen Blick auf eine der Mappen. Handgezeichnet und vom Seesalz vergilbt drohte diese so wichtige Karte auseinander zu bröseln. Das durfte nicht geschehen. Richard würde mir in den nächsten Tagen eine Kopie fertigen.

      Der Vorhang öffnete sich und ein erholter Cortez machte mir die Aufwartung.

      „Mein lieber Eduardo, nimm doch bitte Platz. Darf ich dir einen Wein reichen, Bruder?“ Nicht nur Cortez wunderte sich über die ihm entgegengebrachte übertriebene Freundlichkeit, ich wunderte mich ebenso. Monatelang hatte ich diesen Mann verspottet, gedemütigt, geschlagen und gefoltert. Vielleicht waren es sogar schon Jahre, ich erinnerte mich nicht mehr.

      „Admiral?“ Cortez verbeugte sich und nahm schüchtern auf einen Schemel Platz.

      „Ich habe über vieles nachgedacht, Eduardo. Ja, wir haben uns wieder genähert, jedoch dies nur auf eine Arbeitsbasis beschränkt. Ich habe mich jedoch entschlossen, dir wieder zu vertrauen, wie ich es einst tat. Du hast mir in vielen Dingen die Augen geöffnet, was aber nicht heißt, dass ich vor lauter Wald die Bäume nicht sehe!“

      „Gewiss, Admiral. Ich verstehe ...!“

      „Die Reliquien müssen zurück in eure Hände, dafür werde ich Sorge tragen …!“

      „Mein Admiral, ich weiß nicht, wie ich Euch danken soll ...!“, rief Cortez verzückt und glücklich.

      „Jedoch brauche ich dich ebenso für einen Plan, Eduardo. Für unseren Plan. Ich will mich an diesem Pack rächen und es ihnen heimzahlen. Nicht nur haben sie mich von meiner Familie frühzeitig getrennt, nein, ich war nicht einmal zugegen, als meine Frau starb, nachdem sie meinen Sohn geboren hatte. Dann der ganze Verrat und die Sache mit der Vatikanlüge. Ich frage mich, Bruder, warum schlagen wir sie nicht zusammen mit derselben Waffe?“

      „Ich versteh nicht ganz ...!“

      „Ich brauche dich, Eduardo Cortez. Ich brauche Pinzon ebenso, und sobald wir nach La Rochelle zurückgekehrt sind, werde ich Jacques und Gilles Montfort die Freiheit zurückgeben. Du musst mir jedoch hoch und heilig schwören, mich nicht mehr anzulügen und an meiner Seite zu stehen. Und wenn ich dafür einer von euch werden müsste!“

      „Was hast du vor, mein Bruder?“ Cortez Augen wurden zu dunklen Schlitzen. Das Weiß der Augäpfel war nicht mehr zu sehen, nur die

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