Games | Game Design | Game Studies. Gundolf S. Freyermuth

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existierten selbstverständlich Jahrtausende vor der Renaissance. In der Neuzeit erhielten sie jedoch einen dreifachen Entwicklungsschub:

       zum einen im Bereich der Schrift durch den Buchdruck, der erstmals eine standardisierte Vervielfältigung in zudem höheren Stückzahlen ermöglichte;

       zum zweiten im Bereich des Bildes durch die mathematisch basierte Perspektivtechnik, die zu einem zuvor unbekannten visuellen Realismus führte;

       zum dritten im Bereich audiovisueller Darstellung durch die Akkumulation einer Vielzahl mechanischer Techniken in eigens errichteten Theaterbauten – u.a. perspektivisch gezeichnete und perspektivisch arrangierte Kulissen, Hebebühnen, Vorhänge, Zurichtung des Blicks durch die Sistierung des Publikums –, aus denen in der Summe ein neuer audiovisueller Realismus resultierte.

      Als Gegenstück zum Kirchenschiff, dem zentralen fantasmatischen und öffentlichen Sakralraum der agrarischen Epoche, bildeten das Theater und seine Guckkastenbühne am Ende der von allmählicher Säkularisierung geprägten mechanischen Epoche den zentralen fantasmatischen und öffentlichen Profanraum individueller Sammlung, Erziehung und Selbstverständigung. Der neue Horizont, den die realistische audiovisuelle Nachahmung des Lebens eröffnete, ließ die Bühne zum Leitmedium werden:

      Zur gleichen Zeit durchlebten Spiele sekundärer Medialität – insbesondere Brett- und Kartenspiele wie SCHACH oder BLACKJACK – durchlebten einen kontinuierlichen Prozess der Standardisierung. Er gelang in Parallele zu der Fertigung der Spiele durch Druck und andere mechanische Verfahren und der Durchsetzung ihrer lokalen, regionalen, nationalen und schließlich internationalen Distribution. Vor allem in der industriellen Epoche kam es dann auch zur Erfindung einer Vielzahl neuer Spiele sekundärer Medialität – von dem sehr preußischen KRIEGSSPIEL (1824) über das sehr amerikanische MONOPOLY (seit 1933) bis zu DUNGEONS AND DRAGONS (1974). Die meisten dieser Neuschöpfungen waren zwar deutlich als Ausdruck spezifischer nationaler (Sub-) Kulturen zu erkennen, fanden aber massenhafte und interkulturelle Verbreitung.

      Einige dieser Radio- und TV-Shows versuchten nicht nur die Studiogäste zu involvieren, sondern auch einzelnen Repräsentanten des ›abwesenden‹ und passiv gestellten Radio- und Fernsehpublikums medial vermittelte Partizipation zu ermöglichen. Ein besonders interessantes Beispiel gab etwa in der Bundesrepublik die Spielshow DER GOLDENE SCHUSS (1964-1970). In ihr konnten Anrufer durch Sprachkommandos eine Apparatur, die eine Kamera und eine Armbrust verband, fernsteuern und schließlich zum Abschuss bringen. Die innovative Kombination von visueller Perspektive und Interaktivität lässt sich heute als eigentümliche Antizipation von Erfahrungen erkennen, die ein paar Jahrzehnte später Online-First-Person-Shooter vermitteln sollten. Mit Übertragungen von Sportveranstaltungen oder Quiz- und Spiel­shows, deren mediale Zurichtung sie von Spielen zweiter in Spiele dritter Medialität transformierte, gelang es den Broadcast-Medien über Jahrzehnte hinweg, die größten Gemeinschaftserlebnisse industrieller Kultur zu stiften.

      Die mediale Differenz von Spielen lässt sich somit im Hinblick auf ihre Repräsentationsweise bestimmen:

       Spiele primärer Medialität wie FANGEN basieren auf einer realen Simulation des Realen;

       Spiele sekundärer Medialität wie SCHACH basieren auf einer symbolischen Repräsentation des Realen;

       Spiele tertiärer Medialität wie Radio- und Fernseh-Übertragungen von Sport­veranstaltungen oder Quizshows basieren auf der medialen Repräsentation und Zurichtung von Spielen primärer und sekundärer Medialität, d.h. sie erlauben eine tele-auditive oder tele-audiovisuelle Teilhabe – überwiegend passiv und von Ferne – an montierten Simulationen des Realen sowie montierten symbolischen Repräsentationen des Realen.

      Radikal differiert dabei die Rolle der Spieler beziehungsweise des Publikums: Spiele primärer und sekundärer Medialität erlauben Spielern wie den physisch anwesenden Zuschauern teils selbstbestimmte Interaktion, teils fremdbestimmte Partizipation, wobei das Verhältnis von Spielenden wie Zuschauenden bis ins frühe 20. Jahrhundert relativ ausgewogen blieb. Spiele tertiärer Medialität hingegen führen nicht nur dazu, dass ein Publikum aus Millionen wenigen Spielern zuschaut. Sie unterwerfen auch die winzige Minderheit der Mitspielenden diversen medialen Regimes – von der Selektion des zu übertragenden Sportspiels wie der Akteure in Spielshows nach massenmedialen Kriterien bis hin zur Live-Re­gie mehrerer Kameras und ihrer Perspektiven, durch die jeder Spielfluss audiovisuell fragmentiert und zugerichtet wird.

      BEISPIEL FUSSBALL:

      DER WEG EINES SPIELS DURCH DIE MEDIALITÄTEN

      Aus Vorzeit und Antike in die europäische Neuzeit kam die Vorliebe, Bälle nicht mit der Hand, sondern mit dem Fuß zu spielen, über die keltischen Kulturen, da sie im christlichen und eher spielefeindlichen Mittelalter einige Unabhängigkeit bewahrten:

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