Das Weltkapital. Robert Kurz

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Das Weltkapital - Robert Kurz

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Welt durch ein gemeinsames Band des Interesses und Verkehrs miteinander verbindet. Dieser Grundsatz ist es, welcher bestimmt, dass Wein in Frankreich und Portugal, Getreide in Amerika und Polen angebaut und Metall und andere Waren in England verfertigt werden sollen« (Ricardo 1980/1817, 110 f.).

      Das klingt alles nur deswegen gut, weil Ricardo hier gänzlich von kapitalistischen Kategorien und Kriterien abstrahiert und so tut, als hätten wir es gewissermaßen nur mit naturalen Faktoren zu tun. Wäre es so, dann würden allerdings die Menschen in verschiedenen Weltregionen nach gemeinschaftlicher Absprache über die wechselseitigen Bedürfnisse und Möglichkeiten direkt füreinander produzieren, und es gäbe wohl einen weltumspannenden Gütertransport, aber keinen Weltmarkt, keine Konkurrenz und übrigens auch keine Nationalökonomien und Nationalstaaten; ebenso wenig ein geschlechtliches Abspaltungsverhältnis. Unter den Bedingungen von Markt, Konkurrenz und Nationalökonomie als Sphären und Bedingungen der Kapitalverwertung sieht die Sache aber ganz anders aus – und Ricardo selbst argumentiert in Wahrheit unter der Fragestellung, wie die Profitrate zu erhöhen sei!

      Profit ist aber nichts anderes als Plusmacherei in der reinen Geldform; eben der kapitalistische Selbstzweck, aus Wert mehr Wert und damit aus Geld mehr Geld zu machen, was auf der Ebene bloß naturaler Produkte ein völliger Widersinn wäre. Bei seiner Erörterung der internationalen ökonomischen Beziehungen tut Ricardo nun plötzlich so, als ginge es gar nicht um den Profit in der Geldform, sondern allein um die naturale, technische Arbeitsteilung. Zwar muss er zugeben, dass sich die Transaktionen vermittelt durch Geld (damals noch in Gestalt von Edelmetall) abspielen; dies Faktum soll jedoch angeblich keinerlei eigenständige Bedeutung haben:

      »Da man das Gold und Silber nun einmal zum allgemeinen Maßgut der Zirkulation gewählt hat, werden beide durch den Wettbewerb im Handel in solchen Mengen unter die verschiedenen Länder der Erde verteilt, dass sie sich dem natürlichen Verkehr, welcher eintreten würde, wenn keine derartigen Metalle existierten und der Handel zwischen den Ländern ein bloßer Tauschhandel wäre, von selbst anpassen« (Ricardo 1980/1817, 113).

      Ricardo vertritt hier die Auffassung vom »Geldschleier«, wonach das Geld ein bloßer »Schleier« über naturalen Austauschbeziehungen und als bloß vermittelndes Medium bei der ökonomischen Analyse quasi zu vernachlässigen sei. Indem so vom kapitalistischen Charakter der Austauschverhältnisse abgesehen und klammheimlich auf die Ebene einer bloß naturalen Beziehung übergegangen wird, kann die vermeintliche gegenseitige »komparative« Vorteilhaftigkeit selbst bei unterschiedlicher Produktivität abgeleitet werden:

      »Hätte Portugal mit anderen Ländern keine Handelsbeziehung, so würde es gezwungen sein, statt einen großen Teil seines Kapitals und seines Fleißes zur Erzeugung von Weinen zu verwenden, mit denen es für seinen eigenen Konsum Tuch- und Metallwaren anderer Länder ersteht, einen Teil dieses Kapitals in der Fabrikation dieser Güter anzulegen, die es wahrscheinlich auf diese Weise in geringerer Qualität und Quantität erhalten würde. Diejenige Weinmenge, welche es im Tausche gegen englisches Tuch hingeben muss, wird nicht durch die betreffenden Arbeitsmengen bestimmt, welche der Produktion jedes dieser Güter gewidmet wird, wie das der Fall wäre, wenn beide Güter in England oder in Portugal erzeugt würden. England kann vielleicht so gestellt sein, dass man zur Tuchfabrikation der Arbeit von 100 Mann auf ein Jahr bedarf; und wenn es versuchte, den Wein zu erzeugen, möchte die Arbeit von 120 Mann für dieselbe Zeit nötig sein. Infolgedessen läge es in Englands eigenem Interesse, Wein zu importieren und durch die Ausfuhr von Tuch zu erstehen. Um den Wein in Portugal zu produzieren, könnte vielleicht die Arbeit von nur 80 Mann im Jahr erforderlich sein, und um das Tuch daselbst zu fabrizieren, die von 90 Mann in derselben Zeit. Daher würde es für Portugal vorteilhaft sein, Wein zu exportieren im Tausche für Tuch. Dieser Tausch könnte sogar stattfinden, obgleich das von Portugal eingeführte Gut dort mit weniger Arbeit als in England produziert werden könnte. Obwohl es das Tuch mit der Arbeit von 90 Mann herstellen könnte, würde es dieses doch aus einem Lande importieren, wo man zu seiner Fabrikation die Arbeit von 100 Mann benötigte, weil es für Portugal vorteilhaft sein würde, sein Kapital zur Produktion von Wein zu verwenden, für welchen es von England mehr Tuch erhalten würde, als es durch Ablenkung eines Teiles seines Kapitals vom Weinbau zur Tuchmanufaktur produzieren könnte. Auf diese Weise würde England das Arbeitsprodukt von 100 Mann für das Arbeitsprodukt von 80 hingeben. Ein solcher Austausch könnte zwischen einzelnen Personen eines und desselben Landes nicht stattfinden. Die Arbeit von 100 Engländern kann nicht für die von 80 gegeben werden; wohl aber kann das Arbeitsprodukt von 100 Engländern für dasjenige von 80 Portugiesen, 60 Russen oder 120 Ostindiern hingegeben werden...« (Ricardo 1980/1817, 112).

      Das Argument läuft also darauf hinaus, dass in diesem Fall Portugal mehr Tuch erhalten wird, wenn es sich auf den Weinbau spezialisiert und das Tuch aus England im Austausch gegen Wein importiert, obwohl es selber das Tuch mit weniger Arbeit herstellen könnte, diese aber vom Weinbau abgezogen werden müsste. In Wirklichkeit geht es aber weder um Tuch noch um Wein, sondern einzig um abstrakten Profit in der Geldform, jenseits aller naturalen Bedürfnisse und letztlich gegen diese; und in diesem Kontext stellt sich das Problem der Produktivität bzw. ihrer Unterschiede ganz anders dar. Ricardo ist hier so generös, im theoretischen Beispiel Portugal die höhere Produktivität sowohl bei Wein als auch bei Tuch zu überlassen. In Wirklichkeit verhielt es sich natürlich schon damals genau umgekehrt, denn als Vorreiter der Industrialisierung war England in der Tuchproduktion haushoch überlegen und gerade dabei, die gesamte handwerkliche Textilproduktion in Europa und Übersee (Indien) zu ruinieren. Empirisch stellte sich der Produktivitätsabstand also keineswegs so rosig als fruchtbare internationale Arbeitsteilung mit beiderseitigen »komparativen Vorteilen« dar. Ricardo beeilte sich trotzdem, mit einem anderen Beispiel diese segensreiche Wirkung auch bei einem großen einseitigen Produktivitätsvorsprung zu postulieren:

      »Es wird daher einleuchten, dass ein Land, welches sehr bedeutende Vorteile im Maschinenwesen und in der Technik besitzt und deshalb imstande sein kann, gewisse Güter mit viel weniger Arbeit als seine Nachbarn zu erzeugen, gegen solche Güter einen Teil des für seinen Konsum notwendigen Getreides importieren kann, selbst wenn sein Boden fruchtbarer wäre und das Getreide sich mit weniger Arbeit als in dem Lande, woher es importiert wurde, erzeugen ließe. Zwei Menschen können sowohl Schuhe wie Hüte herstellen, und doch ist der eine dem anderen in beiden Beschäftigungen überlegen. Aber in der Herstellung von Hüten kann er seinen Konkurrenten nur um 20 Prozent übertreffen und in der von Schuhen um 33 Prozent. Wird es dann nicht im Interesse beider liegen, dass der Überlegenere sich ausschließlich auf die Schuhmacherei und der darin weniger Geschickte auf die Hutmacherei legen sollte?« (Ricardo 1980/1817, 113).

      Also auch für den Fall eines »bedeutenden« Gefälles der Produktivität wieder das Argument, für ein Land (eine Nationalökonomie) sei der arbeitsteilige wechselseitige Austausch zweier verschiedener Waren mit einem anderen Land unter allen Umständen und auch dann von Vorteil, wenn es beide Waren selber produktiver herstellen kann, aber in unterschiedlichem Grad.

      Ricardo macht hier nebenbei eine weitere klammheimliche Voraussetzung, indem er die beiden Nationalökonomien idealtypisch als »zwei Menschen« definiert, die als unabhängige Produzenten auftreten, und so tut, als könne man diesen Sachverhalt auf die wirklichen Individuen in diesen Nationalökonomien herunterrechnen – während es sich in Wirklichkeit der Mehrzahl nach um Lohnabhängige handelt, die keineswegs als unabhängige Produzenten in biblischer Manier Wein und Tuch austauschen, sondern ihre Arbeitskraft gegen Geld (Kapital) eintauschen müssen, also bloßes Material des betriebswirtschaftlichen Verwertungsprozesses sind.

      Was passiert nun unter den wirklichen Bedingungen des kapitalistischen Verwertungsprozesses beim Warentausch zwischen Nationalökonomien mit unterschiedlicher Produktivität? Selbst wenn die naturale Proportionalität des arbeitsteiligen Gütertauschs auf der abstrakten nationalökonomischen Ebene stimmen würde, heißt das keineswegs, dass sie auch auf der Ebene der abstrakten Wertverhältnisse und der angewendeten Lohnarbeit stimmen muss. Wenn das eine Land die Tuchproduktion einstellt, um sich auf Wein zu spezialisieren, geht dies ja weder innerhalb der eigenen Nationalökonomie noch im Verhältnis zur anderen, Tuch

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