Bildwerte. Группа авторов
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Mein dritter und letzter Punkt befasst sich mit einigen der erwähnten Haupt-akteure: Hollywood und die Unterhaltungsindustrie, die Avantgarde und Poeten der Obsoleszenz und die militärisch-industriellen Nutzer des visualisiert-virtualisierten Raumes. In jedem der Fälle wurde versucht, die Kernziele dieser Akteure in Form von kontraintuitiven oder alternativen Genealogien herauszuarbeiten. Was Hollywood betrifft, ist D3D kein Spezialeffekt, sondern ein Mittel zur Anpassung und Vereinheitlichung des Projektionsstandards. Die energische Werbekampagne ist keine Panikreaktion, sondern Teil des Versuchs, alle Plattformen und Bildschirme, groß und klein, fixiert und mobil durch einen Standard zu vereinen. 3D ist entgegen allen Erwartungen keine Erweiterung des realistischen Bildraumes, sondern fungiert als Ergänzung zu unseren Klang- und Tonräumen.
Was die verschiedenen Avantgardebewegungen betrifft, so haben diese in der Moderne – von William Turner über den Kubo-Futurismus, Dadaismus und Surrealismus bis hin zu Ken Jacobs und Harun Farocki – die Hegemonie der Renaissanceperspektive kontinuierlich in Frage gestellt. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts waren allerdings nicht länger Fotografie und Malerei, sondern Skulptur und Performancekunst die treibenden Kräfte hinter den zeitbezogenen Stereoräumen. Die Poetik der Obsoleszenz wiederum hat verschiedene alternative Genealogien des Kinos am Leben erhalten und sich, die Fotografie übergehend, immer auf die Phantasmagorie rückbezogen. Dadurch verspricht sie dem Kino eine mögliche Zukunft als Kunstinstallation: Digitales 3D-Kino ist Bild als Raum und Raum als Bild.
Jene, die 3D für militärisch-industrielle Zwecke verwenden (wie auch die Generation der Computerspieler), definieren das Bild neu: Es ist nicht länger eine zu betrachtende Darstellung, sondern eine Reihe von Handlungsanweisungen. In diesem Zusammenhang umfasst 3D auch Ton, Sonar, räumliche Datenaufzeichnung sowie die Verwendung des Bewegtbildes als Zeitindex. Der Blick selbst spielt hier gegenüber anderen Informationsquellen nur eine untergeordnete Rolle. Angesichts der Betonung der Kontrolle und Besetzung von bestimmten Gebieten wird 3D integraler Bestandteil des Überwachungsparadigmas, zumindest wenn wir dieses nicht mehr nur als ein Modell des Überwachens, Beweisens und Beobachtens verstehen, sondern als ein Modell des Sondierens und Durchdringens, des Auswertens und Beherrschens.
Überraschenderweise haben also die für die »Rückkehr des 3D« verantwortlichen Akteure, ihren unterschiedlichen Genealogien und Ideologien zum Trotz, viele ähnliche Belange und Ziele. Deren gemeinsamer Nenner scheint die Obsoleszenz der filmbasierten Fotografie und die historische Kontingenz der monokularen räumlichen Projektion zu sein sowie die Rückgewinnung des Stereoraums als vielfach variable, mobile raumzeitliche (Des-) Orientierung. Insgesamt könnte die kulturelle, politische und technologische Bedeutung dieser Re-Orientierung auf eine neue »symbolische Form« hinaus laufen, für die noch keine akzeptierte Terminologie gefunden wurde, da sie sehr unterschiedliche Phänomene und Konzepte umfasst: Überwachung, Allgegenwärtigkeit, Prozess und Entwicklung, relationale Ästhetik, Immanenz und Virtualität. Solange wir uns ausschließlich »innerhalb« der Erscheinungsform dieser neuen symbolischen Form bewegen, ist es nicht leicht, sie als kohärentes Feld zu erfassen. Um allerdings den Grad unseres geheimen Einverständnisses und unserer Beteiligung besser zu verstehen, müssen wir immer die verschiedenen involvierten Akteure berücksichtigen und diese vielleicht auch stärker unter Kontrolle halten. Aus Gewohnheit sehen wir die künstlerische Avantgarde als Gegenpol kommerzieller Verwertung (und somit Feind der Hollywood-Filmindustrie), betrachten wir wissenschaftliche Forschung als objektiv, Technik als instrumentell und den militärisch-industriellen Komplex als unmoralisch. Die »Rückkehr des 3D« zeigt, wie schwierig es ist, solch klare Unterscheidungen aufrecht zu erhalten. Es gilt also kritisch und kreativ über die verschiedenen Verstrickungen nachzudenken, die sowohl oppositionell, interdependent, kooperativ und verschwörerisch zugleich sind. Vielleicht ist die Szene in der Hugo, den Roboter seines Vaters im Arm, vom Bahnhofspolizisten vor dem digital heranbrausenden Zug gerettet wird, deshalb so einprägsam, weil die verschiedenen Handlungselemente auf genau diese unwahrscheinliche und dennoch notwendige Konstellation von antagonistischer Gegenseitigkeit anspielen.
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