Bildwerte. Группа авторов

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Bildwerte - Группа авторов Bild und Bit. Studien zur digitalen Medienkultur

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möglichen Raum zugeschnitten sind. Kurzum, 3D kann als symptomatisch für die starke Zunahme von Bildschirmen um uns herum gesehen werden und muss keine bestimmte Sichtweise implizieren und keine bestimmte Art von Bild projizieren, sondern es könnte einen neuen Zuschauer produzieren: Dem idealen, horizontlosen Bild entspräche der ideale Zuschauer – treibend, gleitend, schwebend. Wie bereits der Bezug zu den Phantasmagorien verdeutlicht (und auch das Zitat aus dem Observer), war eine solche raumzeitliche Re- und Dislokalisierung bisher Privileg von Geistern, Wiedergängern und dergleichen virtuellen Erscheinungen aus dem Jenseits. Gute Beispiele von Filmen, in denen Geister die narrative Grundlage für den Einsatz von 3D liefern, finden sich im zeitgenössischen japanischen Kino, allen voran Takeshi Shimizus The Shock Labyrinth 3D (2009). Ein Sonderfall ist der Film Bin Jip (2004) des Koreaners Kim ki-Duk. Obgleich technisch in 2D müssen wir uns hier oft »gekrümmte Räume« und Raumzeitverschiebungen vorstellen, da der Protagonist sich unsichtbar macht, indem er verschiedene para- und pseudostereoskopische Situationen schafft. Dies tut er, als wolle er andeuten, dass die Stereoskopie – Tarnkappenbombern ähnlich, die dem Radar unsichtbar bleiben – den Zuschauer eher mit einer gefühlten, denn mit einer sichtbaren Erscheinung konfrontiert und somit im unbeeinträchtigten Blickfeld Koordinaten der unsichtbaren Präsenz erschafft.51

      Diese Überlegungen führen zu einer bereits angedeuteten, paradoxen Schlussfolgerung: Da das neue 3D keine Rückkehr des »tiefen Raums« im Sinne der sogenannten »Creature Features« der Fünfziger ist, die spitze Objekte in den Kinosaal ragen ließen, wird die Wiederkehr des 3D eher zur Erweiterung der expressiven und konzeptuellen Register des post-euklidischen Raums beitragen. 3D könnte daher unser Wahrnehmungsspektrum erweitern, die emotionale Anteilnahme des Zuschauers verstärken und dazu führen, dass die (ursprünglich als störend empfundenen) Effekte der stereo-optischen visuellen Suggestionen von Raumtiefe stärker mit den monokularen Techniken der Tiefenillusion (Fluchtpunkt, Schattierung, Farbe, Größe) verbunden werden.

      Lügen und Handeln: Operative Bilder

      Meine zweite Einzelerfahrung, die auf eine kulturelle Veränderung hindeutet, beruht auf einer Begegnung mit einer Siebenjährigen. Ich saß mit Freunden beisammen und zeigte ihnen einige Bilder von uns allen – Bilder, die wir vor vielen Jahren gemacht hatten, und die ich nun digitalisiert und auf meinen Laptop geladen hatte. Eine ihrer Töchter stand neben mir. Anstatt die Fotos zu betrachten und Zeit, Ort oder die abgebildeten Personen zu erfragen, ergriff sie die Maus und fuhr mit dem Cursor über das Bild. Da nichts geschah, verlor sie rasch das Interesse, obwohl es sich um ein Bild handelte, das ihre Eltern zeigte, als sie noch jung waren und sie selbst noch nicht geboren war. Für ihre Generation sind Bilder auf einem Computerbildschirm also nicht etwas, auf das man blickt, sondern etwas, worauf man klickt – in der Erwartung, dass etwas passiert, dass sich etwas bewegt, dass man woanders hingelangt, einen weiteren Bildraum betritt. Die Idee des digitalen Fotos als Fenster auf eine Szene (die man betrachten kann oder deren Zeuge man wird) war für sie durch die Vorstellung vom Bild als Passage oder Portal ersetzt worden, als Schnittstelle, Teil eines fortlaufenden Prozesses – kurzum: als einem Handlungssignal.

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