Die Poesie des Biers 2. Jürgen Roth

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Die Poesie des Biers 2 - Jürgen Roth

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die durch das Aufeinanderprallen des afrikanischen und des europäischen Kontinents entstand. Das Fichtelgebirge, wesentlich älter als die dusseligen Alpen, diese »Tyrolerberge bei München« (Jean Paul), die zusammenpacken und nach Hause gehen dürfen, schob die weichen Gesteine des Vorlandes von sich weg. Jene senkten sich ab, das stolze, bockelharte Fichtelgebirge hob sich an. In den nach dem geologischen Ringkampf zurückgebliebenen Rissen löste sich unter dem Einfluß von Wasser und Sauerstoff peu à peu Gold, und das chemische Element mit der Ordnungszahl 79 fand fortan in der »Wohlfühlregion Fichtelgebirge« neben vielerlei anderen Gesteinskameraden eine kommode Heimstatt.

      »Daß es geologisch mal drunter und drüber ging« (Museumsfaltblatt), ist an den zahlreichen Goldkronacher Geopunkten zu studieren, zumal im Kellergewölbe des Schlosses, in dem ein aufmüpfiger Muschelkalksporn, der normalerweise hätte in der Horizontale verbleiben müssen, das Fundament des strahlend weißen Prunkgebäudes bildet.

      Gudrun und Hartmut Koschyk zeichnen hier im Namen des Alexander-von-Humboldt-Kulturforums seit 2008 für Symposien, Vorträge, Konzerte, Liederabende, Ausstellungen und Theateraufführungen verantwortlich. »Daß Humboldts Genialität hier in Franken zur Entfaltung kam«, betont Hartmut Koschyk zu Recht, und er habe sich »immer gewundert, warum man so wenig aus Jean Paul gemacht hat. Der Jean-Paul-Preis wird in München verliehen.«

      Sein Anliegen ist es, »Bewußtsein für Humboldt in der Region zu wecken«. Mittlerweile kämen Humboldtianer »aus China, Afrika und der arabischen Welt« in diesen »beschaulichen Ort«, in diese dörfliche Stadt, man müsse indes, wolle man den »Wegbereiter der Globalisierung«, der in dieser Kleinwuselwelt regelrecht aufblühte, den Menschen nahebringen, die hiesigen Gesangvereine und Posaunenchöre einbeziehen, was, verrät ein Blick in die Programme der Goldkronacher Kultursommer, offenbar bestens gelingt.

      »Die Leute sind offen für das geistige Erbe Frankens«, für den interkulturellen Dialog, nicht minder für die Vermarktungspotentiale jener beiden Intellektualgrößen, die sich nie begegneten und die nie miteinander ein »braunes Bier« (Jean Paul) auf der Terrasse des Goldkronacher Schlosses goutierten, das grünblaugoldene Landschaftspanorama förmlich in sich hineinsaugend.

      Wir treffen den Schauspieler und Rezitator Hans- Jürgen Schatz in Goldmühl, das bereits zu Bad Berneck gehört. Humboldt wohnte 1793/94 in der Alten Mühle. Im Schwarzen Roß nebenan, in fünfter Generation in Familienbesitz, kredenzt man uns zum seraphischen Steak dunkles Beck’n-Bier aus Büchenbach. Hans-Jürgen Schatz, künstlerischer Leiter der im Oktober stattfindenden ersten Jean-Paul-Tage in Bad Berneck, versucht seit 1992, die »Nachempfindbarkeit der Entstehungsbedingungen der deutschen Romantik« durch akribisch arrangierte Lesungen zu befördern und Jean Paul »durchzusetzen«. »Man braucht Ruhe, um Jean Paul zu lesen«, merkt er an, auch als Vortragender müsse man sich seine wildwüchsigen, gestrüppartigen, gewissermaßen avant la lettre postmodern mäandernden artistischen Welterkundungen »zäh erschließen«. »Doch wenn man Jean Paul kommentierend und einordnend vorstellt, sagen die Leute: ›Vorgelesen ist es gar nicht mehr so schwer.‹«

      Der in sich schlingernde Schwebezustand, das ist womöglich die Jean Paulsche Lese- und Lebensempfindung. Das gute Goldkronacher Gefühl. Sehr groß ist er, mit Rilke zu raunen, der Sommer, sehr groß ist sie, die kleine »geflügelte Welt« (Jean Paul: Siebenkäs). Das Firmament blank und heiter. »Man kann die seligsten Tage haben«, schwärmt Jean Paul, »ohne etwas anderes dazu zu gebrauchen als den blauen Himmel.«

      Laß uns vor die Tore der Stadt wandern, nur ein paar Meter. Laß uns behaglich die Luft und die gescheckten, sich in die Ferne hineinschmiegenden Wolken atmen. Laß uns die Untererde der Gesteine vergessen und das grüntrunkene Gehügel, Gesäume und Gebüschel schauen, das herumwackelnd’ Getier, das brummelnd und bummelnd sich wandelnde Wimmeln, die gnadenreiche Illumination all dessen, laß die Wonne Oberhand gewinnen in einem Kosmos, den Jean Paul ersonnen haben muß und aus dem man langsam, langsam herausfallen möcht’, weich und zeitverzögert.

      »Weizen?« – »Ja, gerne.« Die schlanke, kleinwüchsige Bedienung der Krone kennt uns unterdessen. Ein Einwortfragesatz langt. Die Bachstelze flaniert wippend vorbei. Der Koch tritt vor die Tür und erkundigt sich beim Mittagstisch, ob es schmecke. Ein altes, dürres Weiblein, die Nachbarin, sitzt auf der Bank vor ihrem Haus und lugt.

      Das zweite Weizen kommt. »Brauch’ mer net anschreib’n, oder?«

      In der milchig beleuchteten Schwemme, in der die olfaktorische fränkische Signatur von Sauerkraut und Angebratenem prosaisch verwunschen herumwabert, ist sie noch einmal zu spüren, die fußläufige Weltläufigkeit der beharrlich geschmeidigen Jean Paulschen Seele, und an der Wand hängt ein Schild: »Als der Herrgott die Arbeitsstunden der Wirtsleute mit deren Einkommen verglich, drehte er sich um und weinte bitterlich.«

      Daß sich innere und äußere Welt »wie zwei Muschelschalen aneinanderlöten und dich als ihr Schaltier einfassen«, das ist uns, »doppelselig« (Wutz), beschieden. Es ist gar recht dies alles, vor allem, wenn man wähnt, geistig in den Seilen zu hängen, die durch die Leere gespannt sind.

      Ein Mann in einem grünen Poloshirt schlappt mit einer goldenen Tuba auf den Marktplatz. Stände sind aufgebaut, anläßlich des alljährlichen Marktplatzfestes. Sie bieten Waffelbruch, Schaumwaffeln, gebrannte Mandeln, Kokosmakronen feil, wie in unserer Kindheit. Luftballons flattern im linden Wind, und vom Stand des Kleintierzuchtvereins Goldkronach gackert ein Huhn so unablässig und mechanisch herüber, als sei es eine elektronische Attrappe. Erst als wir es begutachten, gewahren wir: Es lebt. Es ist ein Zwerg-Vorwerkhuhn.

      Auf einem Informationsblatt der Frauenliste Goldkronach (»Nerven und Abgase sparen: Bus fahren«) finden wir eine Verbindung nach Bayreuth. Es schmerzt, der Ruhe den Rücken kehren zu müssen. Aber die Aussicht aufs gelbgrüne Buckelland rundherum wird uns dafür entschädigen, die Aussicht auf die gestaltgewordene Sanftmut unter einer unvergleichlichen Goldlichtglocke.

      Lehnen wir ab

      Kopfschmerzen bei Beck’s und Co. – nie zuvor haben die Deutschen weniger getrunken als 2013. Selbst schuld, sagt Jürgen Roth, Präsident des in Münster ansässigen Deutschen Bier-Institutes.

       Der Bierverbrauch ist auf einem historischen Tiefstand. Ist bei Ihnen jetzt Frustsaufen angesagt?

      Roth: Wir sind da zwiegespalten. Sehr zu unserer Freude ist der Rückgang gerade bei den Großbrauereien massiv. Da dürfte sich auch der Bierkartellskandal auswirken. Die Leute sind einfach nicht mehr bereit, für Markenprodukte mehr auszugeben als für beinahe identische Billigbiere. Traurig ist andererseits, daß die Menschen seltener in Gaststätten gehen, u. a. weil das Bier dort viel zu teuer ausgeschenkt wird.

      Der Brauer-Bund führt das schlechte Wetter als Grund für den Rückgang an. Dabei war 2013 in unserer Erinnerung ein Topsommer.

      Dieses dumme Gequatsche geht seit fünfzehn Jahren so. Nach dem Jahrhundertsommer 2003 wollten uns dieselben Leute weismachen, daß es zu heiß war und deshalb die Leute lieber Limonade getrunken hätten. Lachhaft.

       Könnte es schlicht sein, daß die Deutschen längst nicht mehr das beste Bier brauen?

      Die Erkenntnis setzt sich offenbar langsam durch. Daher sind sogenannte Craft-Biere – eine Bewegung aus dem angelsächsischen Raum – im Vormarsch, bisweilen mit Sorgfalt gebraute Getränke. Die Leute haben die Schnauze voll vom designten Einheitsbierbrei. Ein anderer Aspekt ist der Fitneßwahn der Deutschen, die Bier verteufeln und meinen, Weißweinschorle sei gesünder. Oder sie trinken gleich alkoholfreies Bier – ein Trend, den unser Institut rundweg ablehnt.

      Gleiches gilt womöglich für Bier mit Limonengeschmack.

      Wer so

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