Cyberland. Gundolf S. Freyermuth

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Cyberland - Gundolf S. Freyermuth

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sich ein wenig besser auskannte.

      »Die Jungs vom FBI wollten, dass ich für sie arbeite.«

      Bandler lacht lauter. Er hat ihnen das ganze Zeug hingeschmissen, andere Forschungen begonnen und ist eben damit reich geworden. Das rüstungsrelevante Hologramm-Projekt gedieh in den Händen der Sicherheitskräfte kaum.

      »Es reicht nicht, alles einzusacken«, sagt Richard Bandler. »Man muss es auch kapieren.«

      Der Mann ist ein Musterbeispiel für die Silicon-Psychedelic-Szene, die R. U. Sirius anvisierte, als er Mitte der achtziger Jahre das Cyberpunk-Magazin »High Frontiers« gründete, den Vorvorgänger von »Mondo 2000«. Das »High« im Titel spielte aufs Drogen-Hoch an wie auf die Hohe Technik - Cyberpunk als Gegenkultur aus High Tech und Haight-Ashbury, aus Drogen und Silicon.

      »Wir leben hier an der Grenze«, sagt Richard Bandler ruhig und hält mir das ziemlich wilde Kinderbuch hin, das er gerade veröffentlicht hat: »An der äußersten frontier.«

      Jeder halbwegs neutrale Beobachter wird es ihm glauben. In »New Brainia«, wie die smartesten San Franziskaner die Bay Area nennen, wo die Zukunft angeblich immer zuerst geschieht, drängen sich die innovativen Außenposten des Cyber-Zeitalters, von Apple und zahllosen anderen Computerfirmen im Silicon Valley über das NASA Ames Research Center an der Südspitze der Bucht und die Virtual-Reality-Pioniere in Redwood City und Sausalito bis hin zu George Lukas’ Industrial Light & Magic in Marin County. Im Zentrum dieser Hightech-Kultur liegt der Multimedia Gulch, ein alter Warenhaus-Bezirk in der Nähe von Downtown, dessen billige Loftmieten Hunderte von Multimedia-Firmen mit insgesamt über sechstausend Angestellten angezogen haben - junge Leute, die meisten zwischen zwanzig und vierzig, deren Hightech-Lifestyle auf eine Zeit voraus weist, in der biologisches und elektronisches Leben eine vollständige Symbiose eingegangen sind.

      »Ich bin der Ansicht, San Francisco sollte ein eigener unabhängiger Staat sein«, hat R. U. Sirius einmal gesagt: »Wir haben die kreativsten Leute in der Computerindustrie, eine blühende Kultur, was Künstler und Schriftsteller angeht, und die stärkste Ökonomie in den USA. Von Marihuana bis Microchips - wir haben den kraftvollsten multikulturellen transsexuellen Polizeistaat in der Welt.«

      Richard Bandler ist ganz seiner Ansicht. Gerade erzählt er, begleitet von wilden Handbewegungen und lautem Lachen, eine weitere frontier-Geschichte, die davon handelt, wie er einst die Xerox-Entwicklungscrew in die gewaltigen Rechner-Gewölbe der »Los Angeles Times« lockte, um ihnen vor Augen zu führen, was er mit dem papierlosen Büro als Vorform zukünftiger Entmaterialisierungen meinte, da schwebt plötzlich ein cherubinisches Lächeln über unseren Köpfen.

      »Papierlos? Huuuh?« sagt R. U. Sirius und streicht sich die langen Strähnen aus dem Gesicht: »Ich schreibe aber wieder ein Buch. Zusammen mit St. Jude, meiner Partnerin im Provozieren. Darüber, wie wir mutieren und die Welt übernehmen.«

      Der Diderot des Cyber.

      Ein Lebenslauf

      »Eine utopische Persönlichkeit war ich immer. Ich habe mich nie mit dem abfinden können, was da ist«, sagt R. U. Sirius.

      Aktuelle Position: nordamerikanischer Kontinent, Westküste, chinesisches Restaurant Silk in der Bay Area. Zeit: 02:45 h nach dem ersten Kontakt.

      Die Luft, die sich wie eisiger Atemhauch aus der leise rauschenden Aircondition auf uns herab senkt, riecht klarer und reiner, als es die Natur erlaubt. Die Flottille chinesischer Kellner bedient sprachlos und geschmeidig wie von seidener Hand programmiert. Sollte das Hochhaus, in dem wir speisen, Fenster haben, so hat der Innenarchitekt sie unsichtbar werden lassen. Wir könnten nirgendwo sein oder in einem tiefgekühlten Traum.

      »Ich bin alt«, sagt R. U. Sirius und sieht durch mich hindurch, als läge hinter mir eine andere Galaxis. »Ich bin Jahrgang 1952.«

      Der bisherige Lebensweg meines Cyber-Zerberus folgte strikt den Windungen des Zeitgeistes, und so begehrte er, ein Hippie zu werden, kaum dass er in seiner damaligen Inkarnation als Ken Goffman pubertierte:

      »Das Angenehme daran war, dass diese Veränderung meines Lebens keiner besonderen Anstrengung bedurfte.«

      R. U. Sirius lächelt das leicht buddhistische und enervierende Lächeln, das sein Markenzeichen ist, und erzählt weiter, wie er im Sommer 1968, bereits vom Hippie zum Marxisten bekehrt, in einem Buchladen jobbte und eine Kopie von Abbi Hoffmanns »Revolution for the Hell of It« stahl.

      »Das wurde der größte Einfluss meines Lebens. Da fand ich die psychedelische Dada-Energie, das Potential für Aggression und Spannung, das Verlangen, alles auf den Kopf zu stellen. Die Cyberkultur ist nur mein jüngster Schritt in diese Richtung.«

      Der Marxist wandelte sich damals zum anarchistischen Yippie und, im Gegensatz zur Mehrheit seiner alternativen Wegbegleiter, zum radikalen Anhänger des technischen Fortschritts.

      »Technophil wurde ich aus der Überlegung heraus, dass in der befreiten Gesellschaft den Menschen alle Arbeit von Maschinen abgenommen würde. Im Grunde ist das ein Gedanke von Herbert Marcuse, der hier in der Bay Area sehr populär war.« R. U. Sirius holt Luft: »Trotzdem hat mir meine Technikliebe lange Zeit viel Ärger eingetragen. Die Alternativ-Szene verkannte ja die ungeheuren Möglichkeiten. Die Leute des ‘New Age’ zum Beispiel wollen alles verlangsamen, während wir an der ‘New Edge’ alles beschleunigen wollen. Aber ich wusste, die Gegenkultur würde irgendwann aus der pessimistischen Ablehnung des technischen Fortschritts herausfinden müssen. Die Revolution wird aus Optimismus gemacht. Aus Begehren und nicht aus Versagung, aus Verschwendung und nicht aus Askese; nicht aus Verboten, sondern aus Wünschen.«

      Anfang der achtziger Jahre, kurz nach seiner Ankunft an der Westküste, beschloss R. U. Sirius, zum Verkünder der technischen Heilslehre zu werden.

      »Ich fühlte, dass ich etwas mitzuteilen hatte. Erst wollte ich eine Band gründen. Aber wir konnten keinen Schlagzeuger finden. Und dann versuchte ich es eben mit einer Zeitschrift.«

      1984 traf er auf der Äquinoktium-Party eines lokalen Magiers die Anthropologin Queen Mu alias Alison Kennedy. Die Ex-Freundin von Aldous Huxley ist Expertin für Kröten, Spinnen und Stachelrochen, über deren halluzigene Körpersäfte sie wissenschaftliche Abhandlungen veröffentlicht hat. Mit ihrem bescheidenen Erbe gründeten Queen Mu und R. U. Sirius das Billig-Zine »High Frontiers«.

      »Ich fühlte, dass digitale Technologie und auch abstrakte Erkenntnisse und Entdeckungen wie die Chaostheorie und die Quantenphysik ein neues Totem für das psychedelische Bewusstsein werden würden. Wir wollten diese Technik und das neue Wissen propagieren. Wir wollten Leute sein, die herausragen und sich nicht fürchten.« R. U. Sirius grinst stolz: »Als erstes haben wir damals die Hacker-Gemeinschaft an den Ohren aus ihren abgedunkelten Zimmern ans Tageslicht gezerrt. Sie haben geschrien und gezetert. Aber es hat ihnen nichts geholfen. Die gesamte Computerindustrie im Silicon Valley war ja durchsetzt von Leuten, die eine Hippie-Ästhetik hatten, linke oder libertäre Politik, all diese wirren Zauberer, und das wusste keiner.«

      Ende der achtziger Jahre und getragen von der Cyberpunk-Welle mutierte das bescheidene »High Frontiers« (Auflage fünfzehnhundert Stück) erst zu »Reality Hackers« (Start 1987, Auflage zwanzigtausend Exemplare) und schließlich zum hochglänzenden »Mondo 2000«.

      »Diese Namensänderung und das äußere upgrading waren nötig, um wenigstens ein Stück weit ins Massenbewusstsein vorzustoßen«, sagt R. U. Sirius über sein »Mutazin«: »Ich betrachte es nicht wirklich als Journalismus, mehr als Performance Art. Wobei ich den Gedanken liebte, ein Magazin zu veröffentlichen, das in seinem Titel ein Verfallsdatum trägt: das Millennium. Mit jeder Nummer von ‘Mondo

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