Ich rede zu viel. Francis Rossi

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ich rede zu viel - Francis Rossi страница 13

Ich rede zu viel - Francis Rossi

Скачать книгу

Kontakt, hauptsächlich durch Alan. Rick tauchte gelegentlich auf und übernachtete in der Wohnung von Alans Eltern. Manchmal besuchte er uns auch bei Konzerten.

      Ungefähr zu der Zeit nahmen wir endlich eine Platte auf. Pat Barlow war es irgendwie gelungen, einen Deal mit Piccadilly Records anzuleiern, einem Ableger von Pye, dessen populärster Act Joe Brown and the Bruvvers war.

      Wir hatten einige Nummern aufgenommen – sie locker-flockig in einem winzigen und nur für einen Nachmittag gebuchten Studio in Soho eingespielt –, und Pat schickte Kopien des Tonbands zu verschiedenen Plattenfirmen und Musikverlagen. Das Resultat: absolut keine Resonanz, bis sich aus heiterem Himmel ein Typ namens Ronnie Scott meldete – der Vorstand des Musikverlags Valley Music und nicht zu verwechseln mit dem berühmten britischen Jazz-Musiker, der später den gleichnamigen Club in Soho eröffnete. Er sagte Pat, dass er das Demo gehört habe, dass es Potenzial erkennen lasse und wir ihn aufsuchten sollten, um einen Vertrag zu diskutieren. Daraus resultierte die Einladung, Aufnahmen mit John Schroeder zu machen, dem Hausproduzenten von Pye.

      John ließ sich als „alter, erfahrener Kopf auf jungen Schultern“ beschreiben. Er wurde schon mit 26 Jahren mit dem Ivor Novello Award für seine Co-Autorenschaft bei „Walkin’ Back To Happiness“ ausgezeichnet, einer Nummer für Helen Shapiro. Daneben leitete er das John Schroeder Orchestra, das einige Easy-Listening-Hits hatte und Themen für Serien wie Auf der Flucht produzierte. Er war ein liebenswerter Mann und machte den Musikern immer Mut. John erklärte Pat: „The Spectres sind so weit von Glanz und Glorie entfernt!“, wonach er mit den Fingern schnippte. Wir liebten ihn regelrecht.

      Trotzdem war die erste Single mit John eine Coverversion von „I (Who Have Nothing)“ – bitte kein Gelächter auf den billigen Plätzen –, womit Shirley Bassey 1963 einen großen Hit gehabt hatte. Abgesehen von der Tatsache, dass er auf dem italienischen Stück „Uno Dei Tanti“ basierte, hatte ich überhaupt keine Affinität zu dem Song. Die Verantwortlichen bei Piccadilly hielten es jedoch für eine gute Idee, und wer waren wir schon, um uns mit einem bewährten Hit-Produzenten wie John anzulegen? Außerdem stand Alan auf den Song. Ich glaube, er schlug ihn sogar vor. Als brave Jungs spielten wir ihn also ein. Sie können sich das Stück heute auf YouTube anhören, doch ich würde es als großen persönlichen Gefallen wertschätzen, wenn Sie es lassen! Letztendlich brachte beinahe jeder eine Coverversion des Titels heraus – von Joe Cocker über Petula Clark bis hin zu Liza Minelli, Katherine Jenkins und Donny Osmond –, doch ich kann Ihnen versichern, dass unsere die schlechteste ist. Lasst uns nie wieder darüber reden.

      Rick dachte dennoch, das sei die wohl fantastischste Aktion, die jemals realisiert worden war. Als er die Platte das erste Mal in Händen hielt, begann er sogar zu zittern. Damals hatten sich die Highlights aufgelöst, und wir alle wussten, dass er sich nach einer neuen Band umschaute. Er schuftete als Fahrer eines Brotlieferwagens und tat mir wirklich leid, da ich wusste, wie knapp ich dem Schicksal eines Eiswagenfahrers entronnen war. Doch damals mussten wir aus finanziellen Gründen alle verschiedenen Teilzeitjobs nachgehen. Alan verdingte sich als Fensterputzer, und ich arbeitete zeitweise als Gärtner für die Londoner Stadtverwaltung und half beim lokalen Optiker aus.

      Dann hatte Pat Barlow eine weitere seiner zündenden Ideen. Ein besonders schlauer Kerl von Piccadilly hatte ihm den Vorschlag unter die Nase gerieben: Warum nahmen wir nicht Rick in die Band auf? Wir brauchten doch sicherlich eine zusätzliche Stimme und einen Gitarristen. Tatsächlich wollte er mich als Frontmann ablösen, doch das wurde mir erst einige Zeit später klar. Er suchte einen Musiker mit einer besseren Stimme, einen „richtigen“ Sänger.

      Wie üblich, machten wir kommentarlos mit. Davon abgesehen, war Rick ein wahrer Freund. Hätte das bedeutet, Fremde zum Vorsingen einzuladen, hätten wir möglicherweise abgelehnt. Doch es war nun mal Rick – mit seinen blonden Haaren und diesen knallengen Hosen. Und er konnte singen. Auch die anderen empfanden das als gute Idee, sogar Alan, was mich verblüffte, denn meist hinterfragte er jede Entscheidung, ob wichtig oder nicht. Später erfuhr ich, dass Pat ihn auf raffinierte Weise überredet hatte, bevor er mit der restlichen Band sprach.

      Und so baten wir Pat also, Rick anzurufen und zu fragen. Ich glaube, er willigte ein, noch bevor Pat seine Frage beendet hatte. Am nächsten Tag erschien er in unserem neuen Probedomizil, das im Keller von Pats Ausstellungsraum am Lambeth Walk lag. Er setzte sich hin, schob den Klinkenstecker in den Verstärker – und heraus kam ein schrecklicher Krach. Bis zu dem Moment hatte noch niemand bemerkt, dass Rick nicht besonders gut Gitarre spielte. Vor unserem geistigen Auge sahen wir ihn immer nur „Baby Face“ schrubben.

      Nachdem er gegangen war, wollten die anderen ihn unbedingt wieder loswerden, doch ich bestand darauf, dass er blieb. Ich spürte, dass er etwas hatte – und natürlich gut sang –, und glaubte fest daran, dass er auf der Gitarre nur noch besser werden konnte. Murrend stimmten die anderen zu. Beim ersten Gig stöpselten wir seine Gitarre jedoch insgeheim aus. Doch das war das einzige Mal, dass wir zu so einer Notlösung griffen. Rick sah den Einstieg in die Band als seine große Chance und zeigte sich zum zügigen Üben fest entschlossen. Und das tat er auch.

      Rick Parfitt – wie man ihn nun nannte – in der Band zu haben, verlief nicht nach den Vorstellungen von Pat Barlow und den anderen. Ich glaube, sie erhofften sich einen neuen Frontmann, der singen und Gitarre spielen konnte. Stattdessen entwickelten Rick und ich von Anfang an eine Art harmonisierendes „Frontmann-Duo“, dass ich mir seit den Tagen wünschte, als ich meinen Bruder für eine Band im Stil der Everly Brothers gewinnen wollte. Als Rick zu uns stieß, waren die Beatles das größte Ding überhaupt, und sie hatten mit John Lennon und Paul McCartney ein ähnliches Line-up. Das glich auch Mike Pender und Tony Jackson von den Searchers und vielen anderen Bands der Ära wie den Merseybeats.

      Es gab noch einen zusätzlichen Punkt, der sich durch Ricks Einstieg bei der Gruppe verbesserte, zumindest meiner Auffassung nach. Welchen? Ich mochte ihn! Roy war für mich viel zu alt, um mit ihm auf einer gleichberechtigten Ebene zu stehen. John war eher verschlossen – bis er nicht mehr verschlossen war und durch die Decke ging. Und Alan gab sich viel zu dominant, weshalb ich mich nie richtig entspannen konnte.

      Rick und ich hatten dasselbe Alter, und er verhielt sich immer sehr angenehm. Er war einfach nur nett – eine wahrhaft sanfte Seele mit einem großartigen Sinn für Humor. Bei ihm fühlte ich etwas, das ich bei den anderen Bandmitgliedern nicht erlebte. Wenn ich als Teenager die Schnauze voll hatte oder genervt war, begann ich schnell zu weinen. Alan schäumte dann vor Wut: „Hör sofort damit auf! Das ist doch peinlich“ Doch Rick ging auf mich zu, umarmte mich kurz und versuchte, mich zu trösten. Er war immer ein richtiger „Umarmer“.

      Beim ersten gemeinsamen Gig lieh ich ihm einige meiner Klamotten, denn er hatte keinen „trendigen“ Bühnendress – sagte er zumindest. Natürlich besaß er einige schicke Outfits, doch er wollte sichergehen, stilistisch zu uns zu passen.

      Man kann uns tatsächlich als Brüder bezeichnen. Bei den frühen Tourneen schliefen wir manchmal sogar in einem Bett. Aber nicht wie Bowie oder Elton – wie ich unterstreichen möchte. Eher wie Morecombe and Wise in den Sketchen, wo sie zusammen in einem Bett liegen und sich zanken und auf den Arm nehmen. Damals mussten sich junge Männer häufig ein Bett teilen. Waren es Einzelbetten schoben wir sie immer zusammen. Das war alles okay, bis auf den Fall, wenn einer von uns eine Mieze anschleppte. Oftmals lag Rick mit irgendeinem Mädchen im Bett neben mir, und ich musste mir anhören, was da vor sich ging. Einmal stritt er sich mit einem Mädel, und sie stand auf und fluchte: „Ich muss pissen!“ Ich erinnere mich noch an den Kommentar, den ich in Gedanken anbrachte: „Die Frau hat Klasse!“ Dann kam sie zurück und giftete: „Ich hab das Gefühl, dass ich heute noch einen erdolchen muss!“ In der Nacht machte ich kein Auge mehr zu. Rick auch nicht.

      Da damals anscheinend jeder glaubte, Rick sei schwul – oder eine Tunte,

Скачать книгу