Unbestreitbare Wahrheit. Mike Tyson

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Unbestreitbare Wahrheit - Mike  Tyson

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die anderen dadurch aufgefordert, mich mit Respekt zu behandeln. Es bedeutete: „Auf der Straße ist das mein Sohn, wir sind eine Familie, wir rauben und stehlen. Er ist mein kleiner Geldmacher, legt euch nicht mit diesem Nigga an.“ Er brachte mir das Rauben und Stehlen bei, erklärte mir, welche Personen ich dafür aussuchen sollte und welchen ich nicht trauen konnte, weil sie mir sofort wieder alles abnehmen würden. Mein Leben erinnerte mich an das von Oliver Twist, der von einem älteren Jungen namens Fagin unterwiesen wurde. Barkim kaufte mir ’ne Menge Klamotten, aber er gab mir nie viel Geld. Wenn er bei einem Raub ein paar Tausender ergatterte, gab er mir 200. Aber für einen Achtjährigen sind 200 Dollar viel Kohle.

      Mit der Rutland Road Crew erreichte meine Kriminalität eine andere Stufe. Meistens handelte es sich bei ihnen um Jungs aus der Karibik, aus Crown Heights. Barkim kannte die älteren, The Cats. Ich fing an, mit der RRC rumzuhängen, ihrer Nachwuchsabteilung, und machte bei ihren kleinen Raubzügen mit. Wir gingen gewöhnlich zuerst zur Schule, frühstückten, nahmen dann den Bus oder Zug und waren während der Unterrichtsstunden mit unseren Raubzügen beschäftigt. So wurde ich also einer von ihnen. Wir waren alle gleich, solange wir die Einnahmen unserer Beutezüge teilten.

      Wer dies liest, wird mich als erwachsenen Menschen dafür verurteilen und mich als kriminell bezeichnen, aber all dies spielte sich vor mehr als 35 Jahren ab. Ich war ein kleiner Junge und wollte geliebt und akzeptiert werden, und das wurde ich auf der Straße. Dies war meine einzige Erziehung, und diese Jungs waren meine Lehrer. Die älteren Gangster sagten mir zwar, „du solltest das nicht tun, du solltest lieber zur Schule gehen“, aber wir wollten nicht auf sie hören, auch wenn sie auf der Straße das Sagen hatten. Sie sagten uns, wir sollten in der Schule bleiben, wenn sie irgendwo einbrachen. Aber alle Jungs respektierten mich jetzt, da ich ein kleiner Geldmacher war. Einigen meiner Freunde, die ein bisschen Geld brauchten, griff ich unter die Arme. Ich besorgte uns allen Alkohol und etwas zu essen und fing an, Tauben zu kaufen. Wenn man gute Vögel hatte, wurde man respektiert. Es lief immer gleich ab: schnell auf Raubzug gehen und dann Klamotten kaufen. Ich merkte, wie ich jetzt von allen behandelt wurde, und ich war mit meinem Lammfellmantel und meinen Pumas gut angezogen. Ich besaß einen geilen Skianzug mit einer gelben Schneebrille, hatte aber noch nie in meinem Leben auf einer Skipiste gestanden. Ich konnte den Markennamen Adidas nicht einmal buchstabieren, aber ich wusste, welches Gefühl er mir verlieh.

      Einer der Rutland-Jungs brachte mir bei, wie man Schlösser knackte. Hat man einen Schlüssel, der in die Öffnung passt, dreht man ihn hin und her, sodass er den Zylinder runterdrückt und die Tür geöffnet werden kann. Ich war wie im Rausch. O Mann, wenn wir die Türen aufgebrochen hatten, stießen wir auf Silber, Schmuck, Gewehre und Geldbündel. Wir weinten und lachten vor Glück, konnten aber nicht alles mitschleppen. Man kann ja mit all dem Kram nicht einfach durch die Straßen laufen. Also stopften wir es in unsere Schultaschen.

      Eines Tages brachen mein Freund Curtis und ich in ein Haus ein. Die Besitzer stammten, genau wie Curtis, aus der Karibik. Plötzlich hörte ich: „Wer ist da? Bist du’s, Liebling?“ Ich dachte, es sei Curtis, also erwiderte ich: „Ich versuche, eine Waffe und das Geld zu finden. Kümmerst du dich um den Safe?“ Dann erkannte ich, dass es nicht Curtis’ Stimme war. Es war der Kerl, der hier wohnte und auf der Couch lag. Ich eilte zur Tür. „Curtis, diese Scheiße hier klappt nicht. Lass uns verduften, jemand ist im Haus“, sagte ich. Aber Curtis war ein Perfektionist. Er wollte lieber ganze Arbeit leisten und nicht einfach davonrennen. Ich rannte aus dem Haus, so schnell mich meine Füße trugen. Aber Curtis blieb zurück und versuchte, das Sicherheitsschloss zu knacken. Der Besitzer öffnete die Tür, knallte sie ihm gegen den Kopf und schlug ihn eiskalt nieder. Ich dachte lange, er wäre tot. Erst ein Jahr später sah ich ihn wieder. Er lebte, aber sein Gesicht war zerstört, so hart war der Aufprall der Tür gewesen.

      Wenn wir Silber gestohlen hatten, brachten wir es zu Sal’s, einem Laden an der Utica und Sterling. Ich war noch klein, aber sie kannten mich, da ich immer mit den älteren Jungs kam. Die Jungs in dem Laden wussten, dass ich gestohlenes Zeug brachte, aber sie konnten mich nicht übers Ohr hauen, denn ich wusste, was der Kram kostete. Auch wenn ich den genauen Preis nicht kannte, wusste ich, was das Zeug wert war. Und ich wusste, was ich wollte.

      Manchmal gingen wir, wenn wir unterwegs waren, zur Mittagszeit in eine Schule, in die Cafeteria, schnappten uns ein Tablett, stellten uns an und ließen uns dann das Essen schmecken. Wir hielten Ausschau nach jemandem, den wir beklauen könnten, und entdeckten Jungs, die einen edlen Schulring um den Hals trugen. Wir beendeten unseren Lunch, stellten die Tabletts zurück, schnappten uns den Ring und stürmten hinaus.

      Auf der Straße wollten wir immer ordentlich aussehen, denn ein kleines schwarzes Kind auf der Straße, das ungepflegt und schmutzig aussieht, wird schikaniert. Also sahen wir gepflegt und harmlos aus. Wir hatten das gesamte Outfit, Schulranzen und nette kleine Brillen und den typischen Look einer katholischen Schule, eine ordentliche Hose und weiße Hemden.

      Nach etwa einem Jahr unternahm ich die Brüche auf eigene Faust. Es war recht lukrativ, aber auf der Straße herumzuhängen und Ausschau nach Opfern zu halten, war viel aufregender als das Ausrauben von Häusern. Man erleichterte ein paar Ladys um ihren Schmuck, und die Bullen jagten einem hinterher. Wir nannten sie Helden, die kamen und den Tag retteten. Höheres Risiko für weniger Geld.

      Manchmal stellte man fest, dass man Konkurrenz hatte. Man stieg in einen Bus, in dem bereits jemand auf der Lauer lag. Vielleicht war man selbst auffällig. So was nannte man „Aufsehen erregen“. Bevor man einstieg, war im Bus alles ruhig, aber dann machte der Busfahrer eine Durchsage.

      „Meine Damen und Herren, soeben sind ein paar junge Männer eingestiegen. Passen Sie auf Ihre Handtaschen auf, man wird versuchen, Sie auszurauben.“ Dann stieg man bei der nächsten Haltestelle aus, aber der andere, der unauffällige Dieb, stieg ebenfalls aus und folgte einem.

      „Du Arschgesicht, du hast den ganzen Bus in Aufruhr gebracht“, schrie er. Und wenn er älter war als man selbst, versohlte er einem den Arsch und nahm einem das ab, was man bis dahin gestohlen hatte – das Geld und den Schmuck.

      Ich fand schwer einen Partner, der mit mir gemeinsam auf Taschendiebstahl gehen wollte, da ich weder so geduldig noch so gut wie die anderen darin war. Ich war nie so glatt, dass ich gesagt hätte: „Ich werde jetzt den Nigga da verarschen, mich langsam von rechts ranschieben und ganz nah dranbleiben.“ Ich war viel besser darin, jemanden zu überrumpeln.

      Jeder starke Kerl kann andere überrumpeln. Aber der Kick bestand darin, gerissen zu sein und den anderen auszutricksen. Die meisten Leute würden denken: „Man verfolgt mich, ich werde mich schnell verziehen.“ Aber nicht mit uns. Auch wenn eine Lady den ganzen Tag krampfhaft ihre Geldbörse umklammerte, ließen wir sie nicht aus den Augen, auch wenn sie keine Sekunde die Geldbörse losließ. Wir folgten ihr, zogen uns dann aber zurück. Eins der kleinen Kinder, die immer bei uns waren, beobachtete sie jedoch weiterhin. Ein paar Sekunden lang ließ sie sich ablenken, und der Kleine schnappte sich den Geldbeutel und machte sich aus dem Staub. Und bevor wir wieder auftauchten, hörten wir einen herzzerreißenden Schrei: „Um Himmels willen, mein Geld ist weg!“

      Es war verrückt.

      Der einfachste Beutegang war das Klauen einer Goldkette, was ich ganz dreist in der U-Bahn tat. Ich setzte mich an einen Platz am Fenster. Zu der Zeit konnte man noch die Fenster öffnen. Ich kurbelte ein paar Fenster herunter, dann hielt die Bahn an und neue Fahrgäste stiegen ein und setzten sich ans Fenster. Ich stieg aus, und sobald sich der Zug langsam wieder in Bewegung setzte, griff ich hinein und schnappte mir ihre Ketten. Sie schrien auf und blickten mich an, aber sie konnten nicht aussteigen. Ich behielt die Kette ein paar Tage lang, versteckte sie gut und verkaufte sie dann, bevor die älteren Jungs sie mir wegnehmen konnten.

      Obwohl ich mittlerweile mehr oder weniger dazugehörte, kam ich damals mit den Mädchen nicht so recht klar. Ich mochte Mädchen, aber in dem Alter wusste ich nicht, wie ich es ihnen sagen sollte. Einmal beobachtete ich die

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