The Who - Maximum Rock I. Christoph Geisselhart
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Das erfuhren auch seine leidgeplagten Eltern – vom Schuldirektor persönlich: „Alles, was ihn interessiert, ist Musik, Musik, Musik und sonst nichts.“
Nach der Schule hing Roger vor der Musikalienhandlung in Acton herum und studierte die Preisschilder der glänzenden E-Gitarren im Schaufenster. Das von ihm bevorzugte Instrument, Buddy Hollys Markenzeichen, kostete über hundertfünfundzwanzig Pfund, damals ein Vermögen. Doch tatkräftig, wie es seine Natur war, beschloss der Dreizehnjährige, eine solche Gitarre selbst herzustellen.
So unglaubwürdig das für einen Jungen von heute klingt, der einfach nur seinen Vater fragt und spätestens zum nächsten Geburtstag die gewünschte E-Gitarre in der Hand hält, so nahe lag der Entschluss damals. Das Königreich vibrierte ab 1957 unter dem Skifflefieber, der entschieden englischen Antwort auf die US-Musikinvasion. Überall schrammten junge Burschen über Waschbretter, zupften Besenstielbässe und trällerten dazu die neuesten Skifflehits. Skiffle war eine unkomplizierte Angelegenheit. Wer es sich leisten konnte, kaufte eine elektrische Gitarre und wurde zum Held an der Schule. Und wer kein Geld hatte, behalf sich eben anders.
Eines Nachmittags 1957 schleppte Roger zum Erstaunen seiner Eltern einen langen Holzblock nach Hause. Mit Lineal und Bleistift hatte er vorm Schaufenster des Musikgeschäfts Korpus, Hals, die Bünde und den Saitenabstand seiner Lieblingsgitarre kopiert, und nun machte er sich daran, ein getreues Abbild davon herzustellen. Mit Hilfe seines Onkels gelang es ihm tatsächlich, ein bespielbares Instrument zu fabrizieren, das dem Vorbild optisch kaum nachstand und überall mächtig Eindruck machte. Endlich hatte Roger etwas, das ihm Anerkennung einbrachte; er liebte seine selbst gefertigte Gitarre so innig, dass er sie sogar in den Urlaub ins Seebad Brighton mitnahm.
Die Eltern hatten Rogers Versuche, sich selbst Gitarrespielen beizubringen, bis dahin nicht sehr ernst genommen, obwohl der Junge Stunde um Stunde in seinem Zimmer übte. Doch als sie eines Abends die Strandpromenade entlang schlenderten, bemerkten sie eine Menschenansammlung am Strand. In ihrer Mitte saß Roger, die Beine überkreuzt, die geliebte Gitarre, ein halbakustisches Instrument, in der Hand, und sang. Erst die Polizei bereitete dem ersten öffentlichen Auftritt eines Who-Musikers ein Ende, doch immerhin folgte ein kleines Engagement in einem Pub.
Allmählich begannen Irene und Harry in Betracht zu ziehen, dass ihr Sohn über genügend Talent verfügte, um seine Leidenschaft ernsthaft zu betreiben. Zuhause freilich gingen die Probleme weiter. Roger hatte eine Handvoll Gleichgesinnter um sich geschart, die an der Schule für stete Unruhe sorgten. Sie kümmerten sich nicht um das Rauchverbot, kegelten mit Milchflaschen im Gang, bemalten alle Glühbirnen rot, so dass die achtbare Erziehungsanstalt mit einsetzender Beleuchtung plötzlich wie ein Nachtklub aussah; sie störten den Unterricht mit Rock’n’Roll-Gesängen und die Jahresrede des Direktors, indem sie ein Mikro vor die Klospülung klemmten und deren Rauschen in die schulmeisterliche Ansprache mischten.
Diese technischen Fähigkeiten verdankte Roger auch dem Umstand, dass er inzwischen mit einigen aus seiner Gang eine echte Band gegründet hatte, die wohl zunächst nur Skifflehits nachspielte und damit sogar einen lokalen Talentwettbewerb gewann. Sie nannten sich The Detours, und der vierzehnjährige Roger baute dafür weitere Gitarren und erste Verstärker: „Meine Gitarren waren gar nicht übel. Die letzte, die ich selber baute, war sogar richtig gut. Ich benutzte sie bis ungefähr 1962 auf der Bühne. Dann kaufte mir mein Vater eine neue Epiphone.“
Pete Towshend bestätigt: „Seine Gitarren waren ziemlich gut, nur die Hälse verbogen sich nach einiger Zeit.“
Da die oben genannte Gitarre Baujahr 1961 war, eine Epiphone Wilshire mit Solidbody, kann etwas an Rogers Rechnung nicht stimmen. Entweder bekam er seine erste richtige E-Gitarre schon 1959, wie andere Quellen behaupten (zum Beispiel Chris Charlesworth, Die illustrierte Who-Biografie, 1982), als absehbar war, dass sich seine schulische Laufbahn dem Ende neigte; oder er benutzte die selbstgebaute Gitarre nicht ganz so lange, wie er nachträglich meinte. In jedem Fall aber galt: „Musik war alles für mich. Nichts sonst interessierte mich.“
Zu dieser Schlussfolgerung kam 1959 auch Schuldirektor Desmond Kibblewhite: „Roger war ein lebhafter Bursche. Wir hatten ein Jahr voller Auseinandersetzungen. Oft ist nicht nachvollziehbar, was Jugendliche antreibt, wenn sie glauben, die Gesellschaft sei gegen sie. Da war nichts richtig Kriminelles an ihm. Aber wenn ein Junge mit den Taschen voller gestohlenen Toilettenspülketten erwischt wird, muss man was unternehmen.“
Der Schulmeister führte ein letztes, ein abschließendes Gespräch mit den Eltern. Roger wurde der Schule verwiesen, offiziell weil er das Rauchverbot wiederholt missachtet hatte; aber es gab auch Gerüchte, wonach ein Messer oder eine Luftgewehrkugel nahe am Auge eines Mitschülers die Entscheidung des Rektors beeinflusst hatte.
Rogers Eltern waren von dem Schulverweis geschockt. Ihr hoffnungsvoller Spross war als Unruhestifter gebrandmarkt und galt im ganzen Viertel als Raufbold mit zweifelhafter Zukunftsprognose. Schwester Gillian bestätigte das schlechte Image des späteren Who-Frontmanns. „Er war ein richtiger kleiner Tyrann.“
Roger selbst verteidigt sich gegen die Vorwürfe: „Ich habe mein ganzes Leben lang bedauert, dass sich keiner mit mir hingesetzt und mir erklärt hat, dass die Schule für einen selbst ist. Ich habe nie nach Streit gesucht. Ich habe nie jemanden grundlos verletzt, nur der Sache wegen. Aber ich konnte mich verteidigen.“
Dort, wo Roger herkam, durfte man nicht ausweichen, wenn man herausgefordert wurde. Man lieferte einen guten Kampf ab. Wenn jemand kaum einsfünfundsechzig groß war und von der Statur eines Kleiderschranks einiges entfernt, musste er vielleicht besonders aggressiv auftreten, um zu bestehen und seine Vorstellung vom Leben verwirklichen zu können: „Ein Junge von meiner Herkunft – welche Möglichkeiten, da raus zu kommen, hat er schon? Entweder du arbeitest in einer Fabrik und wirst ein Spießer. Oder du ergreifst, wenn bloß ein Funke des Wunschs nach Selbstverwirklichung in dir ist, einen von vier Berufen: Fußballspieler, Boxer, Krimineller oder Popsänger“, meinte Roger Daltrey.
Fußballer und Boxer wurde keiner von seinen Freunden. Einige landeten im Knast, wie Roger später herausfand. Die verbliebene Alternative nahm er fortan entschlossen in Angriff.
6.: Vereint im Zorn: Pete wird vom Schulhofkönig herausgefordert, und John, der Waldhornbläser, schaut ungerührt zu
„Den verdammt größten Triumph meiner Schulzeit feierte ich, als mich Roger fragte, ob ich Gitarre spielen könne.“
Pete Townshend
„Eine Nase auf einer Bohnenstange.“
Roger Daltrey über die optische Erscheinung seines Mitschülers Townshend
„… und ich erblickte diesen Typ, der wie Tony Curtis gestylt war.“
John Entwistle beschreibt Rogers Outfit während einer Schulversammlung
Betty und Cliff Townshend hatten es nicht leicht miteinander. Beide waren hitzköpfig und ehrgeizig, tranken gern über den Durst, gingen oft aus und wollten als Musiker erfolgreich sein. Keine geringen Ansprüche für ein junges Paar mit Kind.
Nach Petes Geburt musste Betty zwangsläufig ihre Karriere und das lieb gewonnene Künstlerleben zurückstellen, und so blieb sie zuhause in Acton in 22 Whitehall Gardens. Cliff war die meiste Zeit mit seiner neu formierten Big Band unterwegs. Sie war aus dem RAF Dance Orchestra hervorgegangen und nannte sich nun The Squadronaires. In kürzester Zeit