The Who - Maximum Rock I. Christoph Geisselhart

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The Who - Maximum Rock I - Christoph Geisselhart The Who Triologie

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gar nicht gut. Betty begann Affären mit anderen Männern und bekam Probleme mit Alkohol. Pete war noch ein Kleinkind, als sich die überforderten Eltern trennten und Betty den Jungen zu ihrer Mutter nach Kent brachte. „Granny Denny“, wie Bettys ­Mutter,­ Emma Dennis, gerufen wurde, durchlief allerdings selbst unruhige ­Zeiten­ und befand sich laut Pete in einer „Midlife Crisis“. In einem Interview 1993 berichtet er: „Ich war sehr einsam, von meinem Vater hörte ich überhaupt nichts mehr.“ (In einer anderen Erinnerung schickt der Vater immerhin eine Menge Taschengeld.) „Meine Mutter kam am Wochenende für eine Stunde, um mich zu sehen, unglaublich verführerisch angezogen. Sie war sehr schön, und ich wünschte mir innig, mit ihr zusammen sein. Ich wollte immer mit meinen berühmten, aufregenden, schönen Eltern zusammen sein. Stattdessen lebte ich bei dieser bitteren, übellaunigen, klinisch verrückten Großmutter.“

      In einem weiteren Interview äußerte er sich so: „Ich hatte eine merkwürdige Beziehung zu meiner Mutter. Sie war sehr schön und heiratete einen gutaus­sehenden Mann“ (Petes Vater). „Dann hatte sie dieses sehr gewöhnliche Kind.“ (Pete meint sich selbst!) „Sie war liebevoll, aber ich konnte ihre Verwirrung und Enttäuschung fühlen. Ich schaffte es nicht mehr, sie für mich zu interessieren, als ich kein Baby mehr war.“

      Ungeachtet der für Pete typischen poetischen Einfärbung seiner Erinnerungen besteht kein Zweifel, dass er als Junge aus der für ihn unverständlichen Abschiebung durch die Eltern einen weitreichenden Minderwertigkeitskomplex ent­wickelte.­ Zorn, Frustration und die Sehnsucht nach Nähe und Anerkennung bestimmten früh seine Gefühlswelt.

      Die Situation spitzte sich zu, als Granny Dennys reicher Liebhaber davonlief und die labile Mittvierzigerin laut Pete nackt durch die Straße rannte. Seine beiden­ Jahre im Haus der Großmutter bezeichnete er 1993 als „Hölle“ und „Trauma“, das ihn als Künstler stark beschädigen würde, wenn er sich bewusst damit aus­einandersetzte. „Ich hasste meine Großmutter“ gab er bekannt. Aber er sagte auch: „Sie war so alt wie ich heute, und ich identifiziere mich sehr mit dieser Frau, die sich um mich kümmern musste.“

      Solche ambivalenten Aussagen wurden einige Jahre später spekulativ aus­gedeutet, als ihn die Vergangenheit im Zusammenhang mit dem sogenannten ­„Kinderpornografie-Skandal“ doch wieder einholte (siehe Band 2). War Pete als Kind etwa selbst missbraucht worden?

      Die endgültige Antwort auf alle Fragen und Vorwürfe aus jener Zeit hat sich Townshend für seine Autobiografie vorbehalten, an der er seit 1995 arbeitet und die nach seiner Auskunft „in Kürze“ (2009? 2010?) erscheinen soll. Auf seiner Website hatte er 2007 Auszüge veröffentlicht, die sich flüssig und interessant lasen und viele detaillierte Beobachtungen boten – allerdings fehlten verbindliche Stellungnahmen zu dieser Phase seines Lebens. Einige Äußerungen Townshends lassen auch die Vermutung zu, dass er erst später, im Alter von zehn Jahren, von jugendlichen „Seekadetten“ zu sexuellen Handlungen gezwungen wurde. Ein anderes Mal sieht es eher so aus, als habe er sich den Missbrauch nur eingebildet. Aktuelle Informationen könnte der interessierte Leser unter www.petetownshend.com finden, wobei zu bemerken ist, dass Townshend das Medium Internet gleicher­maßen begeistert wie wechselhaft benutzt. Zur Drucklegung dieses Buchs war seine eigene Webseite mit der neuen Who-Webseite gleichgeschaltet.

      Sicher ist, dass sich die Eltern nach zwei Jahren der Trennung zusammen­rauften­ und ihren dreijährigen Sohn zurückholten. Die wieder vereinte Familie bezog Quartier in einem gepflegten zweistöckigen Backsteinhaus in der Woodgrange Avenue, Hausnummer 20, einer Sackgasse in Ealing, jeweils nur ein paar Kilometer von Shepherd’s Bush, Acton und Chiswick entfernt, wo ein gewisser John Entwistle vielleicht gerade singend vom Stuhl in der großväterlichen Lieblingskneipe plumpste, während Roger mit aufgebrochenem Magengeschwür im Kranken­wagen Richtung Hospital vorbeifuhr – die Welt der angehenden Rockstars Großbritanniens war überraschend klein; umso mehr, wenn man bedenkt, dass allein Entwistles anscheinend besonders fruchtbarer Londoner Stadtbezirk so namhafte­ Künstler wie Phil Collins (Genesis), Ian Gillan (Deep Purple), Jimmy Page (Led Zeppelin) oder Ian McLagan (Small Faces) hervorbrachte.

      Musik spielte im Zuhause der Townshends zunächst eine überraschend hinter­gründige Rolle. Es gab kein Klavier und auch keine besondere Musikanlage, vielleicht weil Vater Cliff nicht ständig an den anstrengenden Alltag eines Berufs­musikers erinnert werden wollte, wenn er daheim war. Er übte zwar gelegentlich Klarinette oder Saxofon im Wohnzimmer, ermunterte den Sohn aber wenig, ein eigenes Instrument zu erlernen. Auch Betty gestand später, dass sie Petes musikalisches Talent lange nicht gefördert hatte. Er blies bis zum elften Lebensjahr auf der Mundharmonika – und lernte im Weiteren vor allem durch Beobachtung.

      Musik bedeutete für den jungen Pete letztlich, dass er mit seinen Eltern zusammen sein konnte. Cliff war gut im Geschäft und nahm seine Familie gern mit, wenn er Engagements außerhalb Londons hatte. Vor allem in den Sommermonaten,­ während der bis zu vier Monate langen Spielzeiten in Ferienorten wie Brighton, Clacton oder auf der Isle of Man, konnte Pete jeden Tag und bis spät in die Nacht genau studieren, was das Leben eines Berufsmusikers ausmachte: „Wann immer es möglich war, nahmen wir Peter mit. Da stand er dann vorn am Podest, verfolgte­ die Proben, beobachtete die Band, hüpfte herum und trommelte auf dem Schlagzeug“, erinnerte sich Betty. „Alle unsere Freunde waren Musiker. Er hatte einen musikalischen Hintergrund von Beginn an. Nicht nur von seiner Familie. Es war die gesamte Umgebung.“

      Erinnerungen an die Isle of Man findet man in Petes Who-Song „Happy Jack“, dessen Handlung dort spielt. In der Pressekonferenz zur Who-Tour 2007 erzählte­ Pete außerdem, dass er dort zeitweise zur Schule gegangen sei.

      Unter der Woche spielten The Squadronaires vor allem in Tanzsälen, wo Pete früh lernte, was man machen musste, wenn eine Schlägerei ausbrach. Während seine Mutter mit der Band des Vaters auf der Bühne stand, ließ sie ihn meist an der Bar in trinkfreudiger Gesellschaft zurück, was er im Nachhinein treffend rekapitulierte: „Ich war eine Art Rock’n’Roll-Baby.“

      Als Pete in die Schule kam, beschränkten sich die Reisen mit seinem Vater auf die Ferienzeit. Im Sommer 1956, während eines längeren Gastspiels der Squad­ronaires auf der Isle of Man, nahm Betty ihren damals elfjährigen Sohn nebst Freund ins Kino mit. Aufgeführt wurde Rock Around The Clock mit Bill Haley: „Sie wollten den Film am nächsten Tag noch einmal anschauen, und am nächsten Tag wieder, und schließlich gaben wir ihnen das Geld für ein Dauerticket – sie haben den Film praktisch jeden Tag angeschaut.“

      Petes Vater brauchte keinen Film, um das angehende Phänomen Rock’n’Roll in Augenschein zu nehmen. Der Gezeitenwechsel in der Unterhaltungsmusik betraf ihn persönlich. Die Engagements von traditionellen Jazz- und Dixieland-Kapellen wie The Squadronaires gingen im gleichen Maß zurück, wie der junge Rock’n’Roll die Tanzsäle eroberte. Cliff hieß die neue Bewegung gut, weil er laut Pete „alles mochte, was swingt“, obwohl seine Karriere direkt davon betroffen wurde. Vielleicht ahnte er, dass sein Sohn das musikalische Erbe der Familie weiterführen würde, und tröstete sich damit. Jedenfalls bekam Pete, der 1957 noch den Schock verdauen musste, dass zwölf Jahre nach ihm sein erster Bruder Paul geboren wurde, ab dieser Zeit alle Unterstützung der Eltern für eine eigene Laufbahn als Musiker. „Mein Vater war zu seiner Zeit im Grund ebenfalls ein Popstar. Er war ein hervorragender Musiker und ein faszinierender Mann. Ich bewunderte ihn und wollte­ so werden wie er“, sagte Pete. „Er unterstütze mich in allem, was ich tat.“­

      Cliff nahm seinen Ältesten oft mit zu Auftritten von Count Basie und anderen US-Stars und führte ihn später auch in die theoretischen Grundlagen der Musik ein – mit wenig Erfolg allerdings zunächst. Pete lernte nach eigenen Angaben erst Jahre später die Notenschrift, weil er seinem fixen Vater nicht folgen konnte.

      Im Winter 1956 kamen Bill Haley & The Comets nach London. Cliff ging mit Pete und dessen Freund hin. Es war Petes erstes Rock’n’Roll-Konzert, mit elfeinhalb Jahren. Ursprünglich hatte er seinem Vater nacheifern und Saxofon lernen wollen, aber nach diesem Erlebnis war klar,

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