Gonzo. Matthias Röhr

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Gonzo - Matthias Röhr

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ihrer Band kennen. Ralf Jaklin war mindestens genauso besessen von den großen Bands jener Zeit wie Röhr und Nebenführ und passte menschlich perfekt. Und deshalb bewegte sich tatsächlich schon bald der RockʼnʼRoll hin zu dem jungen Mann mit den vielen Flausen im Kopf wie der sprichwörtliche Berg zum Propheten.

      Jaklin war ein Klassenfreund und musikbegeistert. Einer, der eher etwas introvertiert war. Coole Jeans, T-Shirt, keine gebügelten Hosen. Schulterlanges Haar. Kein Streber, dafür sagte er zu wenig, aber jemand, der schlauer war als viele Gleichaltrige. Seine große Liebe war das Bassspiel. Und irgendwie fanden sich Röhr und Jaklin sympathisch. Sie trafen sich immer öfter, um bei Ralf daheim abzuhängen und über Musik zu diskutieren.

      Matthias erinnert sich noch gut an diese Momente: „Ralf hatte einen älteren Bruder. Wahrscheinlich war er damals schon Student. Und der hatte eine unfassbar große Plattensammlung, an der wir uns immer zu schaffen gemacht haben. Neben Johnny Winter, den ich für mich entdeckte, lag auch ein Album von Ted Nugent rum. Als ich das erste Mal ‚Stranglehold‘ gehört habe, wusste ich, das rockt! Das ist es. So geht’s, so muss es sein!“

      Was jetzt noch fehlte, war ein Schlagzeuger. Den Part übernahm tatsächlich Thomas G., der kurze Zeit vorher noch leidlich versuchte, durch seine Gitarrenkünste zu überzeugen. Das Schlagzeugspielen lag ihm mehr. So sehr, dass Matthias, Norbert und Ralf begeistert waren, nachdem sich Tommy einfach während der Musik-AG, an der sie alle vier teilnahmen, an die Schießbude setzte und loslegte.

      Es war nicht zu fassen. Der Typ, der kaum einen Song seiner Lieblingsbands auf der Gitarre fehlerfrei nachspielen konnte, war der geborene Drummer.

      Headliner. Der Name der frisch gegründeten und komplettierten Band stammte von Matthias. Und gemeinsam fühlte man sich schon jetzt unsterblich. Der Keller der Nebenführs war fortan an der Reihe. Dort wurde geprobt und geschnackt, lamentiert, palavert und komponiert. Norberts Vater richtete ihn sogar noch ein bisschen her, sodass die Jungs Platz zum Musizieren hatten. Neben Einmachgläsern und einer Kühltruhe wurde ab sofort hessische Musikgeschichte geschrieben.

      Norbert Nebenführ erinnert sich: „Meine Eltern hatten das Haus aus eigener Kraft gebaut. Mein Vater war Fabrikarbeiter und hätte samstags, wenn wir immer probten, ganz sicher auch ein bisschen Ruhe gebraucht. Nie hat er gemeckert. Im Gegenteil: Er hat uns immer unterstützt. Er ist 2008 gestorben, und ich verdanke ihm vieles. Dafür aber, dass wir immer unserem geliebten Hobby nachgehen konnten, werde ich ihm auf ewig dankbar sein.“

      Man kann es Herrn Nebenführ nicht hoch genug anrechnen, dass er die Leidenschaft seines Sohnes (und die seiner Freunde) mit aller Kraft unterstützte, dabei sogar auf seine eigenen Ruhezeiten verzichtete und merkwürdige, teilweise verächtliche Blicke der Nachbarschaft in Kauf nahm.

      Harter Rock war zu jener Zeit nicht Teil der Gesellschaft. Die großen Bands, die ihn spielten, waren Außenseiter – wenn auch extrem erfolgreiche. Die kleinen Bands, die dem RockʼnʼRoll nacheiferten, waren hingegen der öffentlichen Kritik ausgesetzt. Dem Getratsche und Geläster von Nachbarin Schmidt, Herrn Bauer oder Fräulein Baumann. Im gutbürgerlichen Liederbach trat man der freiwilligen Feuerwehr bei, oder man spielte im Verein Fußball, Tischtennis und Handball, aber man gründete sicher keine Bands, die infernalischen Krach mit gotteslästernden Texten am Fließband produzierten. Und man hörte auch keine Musikgruppen, die sich selbst „Ritter im Dienste Satans“ nannten. Und das zur Mittagszeit am heiligen Wochenende. Maria hilf!

      Headliner bestanden aus Matthias Röhr, der sang und die Leadgitarre spielte, Ralf Jaklin zupfte den Bass, Tommy G. saß am Schlagzeug, und Norbert Nebenführ zockte die Rhythmusgitarre. Zunächst wurden Songs der Stones und von Chuck Berry („Johnny B. Goode“) gecovert, doch schon nach kurzer Zeit schrieben die Jungs eigene Stücke. Alle auf Englisch und alle den großen Bands der Endsiebziger huldigend. Ein bisschen AC/DC und KISS, eine Prise Rolling Stones und ein Schuss Deep Purple.

      Der örtliche Handballverein überließ Headliner die Halle, um eine erste eigene Show zu spielen. Tommy ließ DIN-A4-Plakate über seinen Vater drucken, die anschließend wild um Liederbach und Kelkheim herum aufgehängt wurden. Der Eintrittspreis betrug neunundneunzig Pfennig. Irgendjemand hatte Norbert im Vorfeld gesagt, dass ab einer Mark Eintritt die GEMA auf der Matte stehe, und das wollte nun wirklich niemand riskieren.

      Die Halle hatte eine kleine Bühne, und es wurde sogar noch ein „Support Act“ aus dem Umkreis an den Start gebracht. Fast zweihundert musikinteressierte Menschen wohnten dem ersten Gig von Headliner bei. Ein Erfolg, der Matthias, Ralf, Tommy und Norbert stolz machte. Damit hatte niemand gerechnet. Nebenführs Vater, der an jenem Abend auch anwesend war, fiel direkt Matthiasʼ Art und Weise auf, mit dem Publikum zu interagieren. Dass der sich außerdem als Gitarrist pudelwohl fühlte, war offensichtlich.

      Wenig später stieß Andreas B. als neuer Sänger hinzu. Man lernte ihn auf einer der unzähligen Partys kennen. B. sang damals Songs von Pink Floyd rauf und runter. Seine hohe Stimme begeisterte. Das war der perfekte Mann, um die Gallionsfigur von Headliner abzugeben.

      Nun konnte sich Matthias voll und ganz darauf konzentrieren, ein waschechter Gitarrist zu sein. Er konnte von links nach rechts laufen, grinsen, seine Axt in den Händen halten und die Gitarre wie ein richtiger Rockstar hochreißen. Soli spielen, die Crowd anfeuern und lauthals mitgrölen. Aber ohne Mikrofon. Singen war seine Sache nicht.

      B. konnte das besser und hatte obendrein noch echte Entertainer-Qualitäten, die das Publikum mitreißen sollten.

      Norbert erinnert sich gut an die Monate, in denen Headliner richtig anfingen zu wachsen: „Im Proberaum ging es teilweise gut ab. Matthias hatte einen Song für seine damalige Freundin geschrieben, dessen Text er aber irgendwie nicht mochte. Also hat er einfach den Zettel samt Ketchup gefressen und wenig später ausgekotzt. Wir haben immer zusammengesessen, Bier getrunken, geraucht und Pommes gegessen. Langsam wurde auch das Equipment besser. Matthias und ich haben uns dann Stratocaster-Nachbauten von Ibanez gekauft. Die klangen deutlich geiler.“

      Andreas B. hatte eine Connection zu einem Aufnahmestudio klargemacht, in dem die Jungs ein bisschen die Luft professioneller Bands einatmen sollten. Die Besitzer waren schmierige Typen, die eher mit Schlager oder Discomusik gerechnet hatten, weniger mit Hard Rock. Und als die Matthias und dessen Aussehen sahen, witterten sie die Chance, aus ihm einen Schlaghosen tragenden Discotypen zu machen, den sie managen wollten.

      „Vergesst es, ihr spinnt wohl“, sagte der. Damit hatte sich das Thema der Studioaufnahmen erledigt.

      Der große Traum, Headliner würde es irgendwann aus der hessischen Provinz rausschaffen, wurde im Laufe des Jahres zerschlagen. Es gab noch einen Gig während des Schulfests in Kelkheim-Fischbach, und man hing zusammen viel ab, schaute gemeinsam die ersten Rocknächte im Fernsehen, während derer man schwer von Motherʼs Finest und Rory Gallagher begeistert war, aber langsam ging es bergab.

      Erledigt hatte sich bald auch die Schulzeit. Zumindest für Norbert, der unmittelbar nach der Schule eine Lehre begann.

      Matthias durfte noch eine „Ehrenrunde“ drehen.

      Es half alles nichts, und als auch noch Tommy die Band verließ und man auf die Schnelle keinen Schlagzeuger finden konnte, sahen sich Headliner mit dem Beinahe-Ende konfrontiert.

      Norbert: „Matthias war schon damals ein Typ, der seine Freunde brauchte und schätzte. Er war ein prima Kumpel, auf den man sich immer verlassen konnte, der aber auch den unbedingten Willen hatte, sich musikalisch weiterzuentwickeln. Er kam auch mit unserem neuen Schlagzeuger nicht zurecht, es entstanden Spannungen. Matthias hat Headliner dann 1979 verlassen. Wenig später ist er nach Frankfurt gezogen. Ab da hat man sich dann leider komplett aus den Augen verloren. Dennoch: Ich erinnere mich mit Genuss an die gemeinsame Zeit mit dem späteren ‚bösen Onkel‘.“

      Spätestens

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