Hölle auf zwei Rädern. Kerrie Droban

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Hölle auf zwei Rädern - Kerrie Droban

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sich ein Grinsen auf dem Gesicht breit machte. Sie hatte das also schon gemacht!

      „Hast du was gespürt?“, fragte ich nach einer Minute.

      Marcy schüttelte nur den Kopf.

      „Vielleicht habe ich dann alles richtig gemacht?“

      Ich hatte bereits gelernt, dass Sex ein durch und durch selbstsüchtiger Akt sein musste, denn Emotionen waren mit Narben verknüpft. Ich wollte nicht, dass Marcy Narben bekam.

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      Cheese und Crackers lebten in einem heruntergekommenen Reihenhaus in South Philly, zusammen mit Drogenabhängigen, Prostituierten und streunenden Tieren, die alle nur erdenklichen Krankheiten übertrugen. Der Gehweg war mit zerbrochenen Flaschen übersät. Zerschlagene Fenster hinterließen klaffende Löcher in der Wand. Von den Dachpfannen blätterte die Farbe ab. Das Haus machte einen zusammengeschrumpften Eindruck, als würde es bei jedem Regenschauer kleiner werden. Cheese hatte keine Nachbarn. Lagerhallen und die Ruinen ehemaliger Fabriken säumten sein Blickfeld.

      „Du hast doch nichts dagegen?“ Mum drückte mich sanft in die Wohnung meiner Babysitter.

      Cheese strubbelte mir durch die Haare. Er stand ohne Hemd im Türrahmen, trug lediglich Boxer-Shorts – und das am späten Nachmittag. Die knallige Sonne spiegelte sich im Glas der Cola-Flasche von Crackers, seiner Frau. Sie überragte ihn und ihr knallrotes, verschwitztes Haar klebte ihr an den Wangen. In der einen Hand balancierte sie ein Bier und in der anderen hielt sie eine Kippe.

      „Wir werden zusammen Spaß haben.“ Sie winkte mir zu.

      „Nur für einige Tage“, meinte Mum mit Nachdruck. Obwohl nur wenige Worte gewechselt wurden, bestand ein stillschweigendes Einverständnis zwischen meiner Mum und Cheese. Sie brauchte Zeit für sich, eine Pause von der Doppelrolle als Mutter und Drogendealerin. Meist nahm mich Mum mit zu ihren Jobs und ließ mich allein im Wagen sitzen, wobei ich mir alle Mühe gab, einen Blick in das zerfallene Haus zu werfen. Ich konnte einen schwarzen Mann erkennen, auf dessen Gesicht sich Schweißperlen von den Rauchwolken gebildet hatten, und Mum, die nervös an ihrer Haut zupfte, während zwei Pagans dem Drogenkoch Pistolen an die Schläfe hielten.

      Später ließ sie mich in fremden Parks zurück, das einzige weiße Kind in einem Meer von schwarzen Gesichtern. Ich saß auf einer demolierten Schaukel, der scharfe Wind biss in meine Haut, und ich hörte nur das metallische Klicken der Kette, die gegen die verrosteten Streben dieses Dings schlug. Als die Nacht hereinbrach, holte Mum mich wieder ab. Das Auto roch süßlich-orange, nach bitteren Mandeln und ein wenig nach Zuhause. Ich spürte Erleichterung. Sie hatte sich daran erinnert, mich aufzulesen. Sie hatte mich sogar gefunden! Nicht, dass sie mich jemals vergessen hätte, aber Drogengeschäfte können schon so einige Ablenkungen mit sich bringen. Andere ließen mich in dunklen Gassen neben Mülleimern zurück, während böse Dinge geschahen. Ich empfand ihr Verhalten nicht als grausam, sondern nur als Vorsichtsmaßnahme.

      Cheese legte ein Video ein – Kampf der Titanen. Ein Film, der von dem Kampf gegen Dämonen handelte und der Rettung von Jungfrauen aus höchster Not. Das mit den Dämonen kapierte ich. Doch niemand wurde wirklich gerettet. Ich machte es mir auf der Couch bequem. Leere Pizza-Kartons, angeknabberte Krusten und ein grünlicher Hühnchenflügel lagen auf dem Fußboden. Chips-Krümel hatten sich in den Teppich eingegraben. Aus der Dunkelheit hörte ich rhythmisches, krampfartiges Würgen, das von Crackers im Badezimmer kam. Mit zittrigen Händen baute Cheese einen Joint, blinzelte in Richtung des Fernsehers und rückte näher an die Mattscheibe. Crackers tauchte wieder auf und warf Cheese mit ihren klitzekleinen Augen einen Blick zu. Sie marschierte zu ihm rüber, schnappte sich seinen Kopf und küsste ihn so wild auf den Mund, dass es den Eindruck machte, er würde ein Brandzeichen verpasst bekommen.

      „Du weißt, dass ich dich hasse“, meinte sie mit einem spielerischen Unterton.

      „Ich hasse dich auch.“

      Das Licht hüllte das Apartment in einen grauen Schleier. Es wirkte wie in einem Grab. Die Vorhänge blockierten die Außenwelt. Blutige Bilder flackerten über den Bildschirm. Cheese stellte den Fernseher leiser. Er winkte mir zu, zuckte mit den Schultern und zog an seiner Kippe. Crackers setzte sich auf seinen Schoß und hielt seine Hand. Rauch stieg ihr in die Augen. Sie begannen zu tränen. Ich rutschte von der Couch, wodurch einige Kissen auf den Boden fielen. Cheese und Crackers verzogen keine Miene. Ich öffnete die Vordertür. Die beiden wurden von dem Licht wie ein Foto von einem Rahmen eingefasst. Ich schlüpfte in die Gasse zwischen den Reihenhäusern, fand einen Stock und einige Steine. Ein dünner und krank wirkender Hund schleppte sich gequält auf die Straße. Verfilzte Fellstücke bedeckten seinen Körper, der übersät war mit kahlen Stellen. Aus seinen unförmigen Pfoten drang Eiter. Das Tier starrte in meine Richtung, wobei mich die blauen, wissenden Augen scheinbar anstarrten. Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Ich hatte das Gefühl mein eigenes Spiegelbild zu sehen.

      Ich warf den Stock in die Nähe einer Reihe von Mülleimern, aus denen verdorbenes Obst, halb aufgegessene Hamburger und leere Bierdosen quollen. Der Hund verfolgte den Stock mit seinen Augen, bewegte sich aber nicht. Eine Sirene durchschnitt die Stille der Nacht. Wie in Zeitlupe setzte ich mich in Bewegung, um das Stöckchen wiederzuholen. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie mich das Tier angriff. Es knallte mit solch einer Wucht auf mich, dass ich umfiel. Ich schlug mit dem Kopf auf dem Beton auf. Grelle Sterne tanzten vor meinen Augen. Ein wahnsinnig lautes Knurren hallte in den Ohren, begleitet von einem stechenden Schmerz, der mir bis in die rechte Schläfe drang. Blut lief mir in die Augen. Sie brannten.

      Ich spürte das Gewicht des Viehs auf mir, seine Pfoten, die mein Gesicht aufrissen, den feuchten, fleischigen Atem an meinem Ohr. Und dann hörte ich dieses komische, kauende Geräusch. Ich muss geschrien haben, denn Cheese und Crackers tauchten plötzlich in der Gasse auf, rannten auf mich zu und beugten sich über mich. Ich sah wie sich ihre Münder in den angespannten Gesichtern bewegten, doch ich konnte kein Wort verstehen. Meine Hände fühlten sich warm und klebrig an, als sie es mir vom Kopf wegzogen. Blut. Crackers riss den Hund mit aller Gewalt von mir und warf das Vieh gegen einen Mülleimer. Verdutzt, aber immer noch am Leben, humpelte es aus der Gasse. Wie vom Teufel geritten, kroch Crackers auf Händen und Knien auf dem Boden und durchsuchte den Schutt und die Müllberge. Sie schienen etwas zu suchen.

      Cheese hielt mich ganz fest in den Armen, wobei seine Brille zur Nasenspitze runterglitt. Er drückte so fest, dass ich fast ohnmächtig wurde.

      „Das Ohrläppchen. Finde das Ohrläppchen.“

      In seinem Gesicht zeigten sich Mitleid und eine flehentliche Bitte um Entschuldigung. Bislang hatte ich mir niemals vorstellen können, dass ich Körperteile verliere, dass die Ärzte mich nicht mehr zusammenflicken können. Panik stieg in mir hoch. Musste ich jetzt mein ganzes Leben als Tauber verbringen, gefangen in einer unerträglichen Stille? Nichts ist beängstigender, als die sich steigernde Panik in den Augen eines anderen Menschen zu sehen. In dieser Nacht lernte ich eine bedeutende Lektion von Cheese – dass er mich nicht beschützen konnte, egal mit welcher ungebändigten Kraft er um mich kämpfte, dass mich niemand beschützen kann, dass es in letzter Konsequenz nur mich und die anderen gab, deren Liebe oft genug in Gefahr umschlug.

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      Am Anfang hatte ich keine andere Wahl. Ich trieb zwischen zwei Welten – der meiner Pagan-Familie und der meiner Freunde in der Stadt. Die beiden Lager wussten nichts voneinander, was mir auch ganz recht war. Durch die Distanz konnte ich Nähe erleben. Mit zwölf Jahren war ich schon zu einem regelmäßigen Partygänger der

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