Exentanz. Stephan Steinbauer

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Exentanz - Stephan Steinbauer

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vor dem Fenster geweckt. Er sah auf die Uhr – fast neun. Das Schiff nach Hvar wäre um acht Uhr gegangen. Nun war es ohne sie weggesegelt. Er drehte sich nach rechts. Josefine schlief noch. Er ließ sie schlafen. Doch der Radfahrer vor dem Fenster klingelte auf Leben und Tod. Josefine erwachte.

      »Unser Schiff ist weg«, sagte Joseph.

      Sie gähnte und blinzelte ihn an. »Und nun?«

      »Nun kriegst du erst mal einen Morgenkuss, dann sehen wir weiter.«

      Sie spitzte den Mund zu einer Herzkirsche und stupste damit gegen seinen Kussmund. Er verstand. Erst mal Zähneputzen. So angeheitert und müde, wie sie gestern Nacht waren, hatten sie darauf verzichtet.

      Nach der Morgentoilette hätte er Josefine gerne noch mit Zärtlichkeiten verwöhnt, aber sie zog sich an, eine leichte Leinenhose und eine weitgeschnittene Bluse mit kurzen Ärmeln. So schlüpfte auch er in seine Jeans, stopfte sein Hemd in den Hosenbund und sie verließen das Zimmer. In der Küche, die den Gastgebern jetzt auch als Schlafraum diente, beglichen sie ihren Obolus, verabschiedeten sich dankend und zogen mit ihren Rollkoffern los zum Diokletian-Palast. Auf einem sonnigen Platz innerhalb der Mauern fanden sie ein Kaffeehaus, nahmen Platz unter einem Sonnenschirm.

      Nach einem ausgiebigen Frühstück schlenderten sie zum Bahnhof, wo Joseph ein Touristikbüro wusste. Am Nachmittag um siebzehn Uhr würde noch ein Schiff nach Hvar gehen, erfuhren sie dort.

      »Also wenn schon die Anreise auf deine Insel so viel Zeit kostet, wann bist du dann zu deinen amourösen Abenteuern gekommen?«, fragte sie schelmisch.

      »Sag ich nicht. Das Thema ist tabu.«

      »Vielleicht treffen wir ja eine von deinen Verflossenen?«

      »Selbst wenn. Ich werde sie dir nicht vorstellen.«

      »Schade. Hätte gerne Erfahrungen ausgetauscht.« Sie lachte über sein verlegenes Gesicht.

      »Und ich würde jetzt gerne baden gehen«, sagte er, um sie abzulenken. »Vor dem Bahnhof fährt der Bus ab zur Badebucht.«

      Sie brauchten nicht lange auf den Bus zu warten. Er brachte sie in eine benachbarte Bucht, in der die Badeanstalt mit aufgeschüttetem Sandstrand lag. Sie mieteten eine Kabine und schlüpften in ihre Badekleidung. Josefine zog einen einteiligen, dunkelblauen Badeanzug aus dem Koffer.

      »Ich dachte, du wolltest mich mit einem süßen, knappen Bikini überraschen?«, fragte er und in seiner Stimme lag Enttäuschung.

      »Den musst du dir erst verdienen«, meinte sie nur schnippisch.

      »Ach ja, und womit?«

      »Du musst selbst draufkommen, streng deine Fantasie an«, beschied sie ihn mit einem Funkeln in ihren Augen und ging hinunter zum Strand. Er folgte ihr nachdenklich.

      Inmitten der Bucht erhob sich ein Felsenriff, auf dem sich Badegäste auf einer hölzernen Terrasse sonnten.

      »Wer zuerst auf dem Riff ist!«, rief Josefine und spurtete ins Wasser. Sie war eine gute Schwimmerin und pflügte mit flottem Crawlstil durch die flachen Wellen. Joseph beherrschte nur Brustschwimmen und folgte ihr mit Mühe.

      »Also bei deinen Schwimmkünsten ist noch Luft nach oben«, meinte sie lächelnd, als sie auf der Sonnenterrasse standen. »Da kannst du noch was von mir lernen.«

      »Na ja, in irgendeiner Disziplin musst du ja auch mal besser sein als ich«, antwortete er und bemühte sich, kein verdrießliches Gesicht zu machen. Aber heimlich war er stolz, so eine sportliche Geliebte zu haben.

      »Ach, habe ich deinen männlichen Stolz verletzt? Komm her, ich mach es wieder gut.« Sie zog ihn an sich, streichelte über sein triefnasses Haar und drückte ihm einen salzigen Kuss auf den Mund, den er leidenschaftlich erwiderte. Dann ließ sie sich wieder ins Wasser gleiten.

      Joseph sprang kopfüber vom Steg hinter ihr her, tauchte mit offenen Augen und schwamm unter Wasser dem Ufer zu, ohne viel zu sehen, weil der Sand alles trüb und verschleiert erscheinen ließ. Das Wasser wurde flacher, hier konnte man schon stehen. Er sah vor sich zwei hübsche Beine, dachte, sie gehörten Josefine und zog sich daran hoch. Ein wildfremdes, recht appetitliches Mädchen sah ihn erstaunt an, ein zögerndes, vielleicht ermunterndes Lächeln auf den Lippen.

      »Sorry«, murmelte er und sah sich nach Josefine um. Sie schwamm hinter ihm.

      »Wenn du schon fremdgehst, dann bitte so, dass ich es nicht merke«, feixte sie.

      Dann tauchte sie ab, packte seine Beine und brachte ihn zu Fall. Sie alberten und balgten eine Weile, schwammen abermals hinaus zum Riff und ließen sich auf der Terrasse von der Sonne trocknen. So verging der Vormittag. Als die Sonne am höchsten stand, fragte Josefine:

      »Hast du eigentlich keinen Hunger?«

      Sie aßen eine Kleinigkeit im Restaurant der Badeanstalt und legten sich dann in den Schatten einer Pinie. Sie dösten vor sich hin, tauschten träge ein paar Worte und nickten dann ein. Als sie nach fast zwei Stunden erwachten, zog sich der Himmel allmählich mit grauen Wolken zu. Es war schwül. Kein Lufthauch.

      Sie kleideten sich wieder an und marschierten zur Bushaltestelle. Sie kamen an einem Denkmal vorbei, einer hohen, schwarzen Statue. Es war wohl ein Bischof mit einer reich verzierten Mitra, der mit seiner Linken ein Buch an seine Brust drückte, die Rechte schüttelte er drohend gegen unsichtbare Angreifer. Sein grimmiges Aussehen wurde noch durch einen wallenden Vollbart unterstrichen.

      Joseph glaubte, die Gestalt einer jungen Frau erblickt zu haben, die Josefine und ihn beobachtet hatte und blitzartig hinter dem Denkmal verschwand, als sich ihre Blicke trafen. Ein blonder Schatten, mehr nicht. Und wieder verspürte Joseph für einen Herzschlag lang diese Angst vor einer unsichtbaren Gefahr. Er blickte sich scheu um, konnte aber nichts Auffälliges mehr erspähen. Vielleicht hatte er sich auch nur getäuscht. Josefine merkte nichts.

      Der Bus rollte heran, sie stiegen ein und fuhren zurück zum Hafen. Bis zur Abfahrt des Schiffes waren noch fast zwei Stunden Zeit. Sie deponierten ihre Koffer in einem Schließfach am Bahnhof, flanierten entlang der Kaimauer und bogen wieder ein in die Altstadt. Nach einem Bummel durch die Andenken- und Modegeschäfte erfrischten sie sich mit einem Eiskaffee.

      Joseph war glücklich. Ein Traum war in Erfüllung gegangen. Vor 4 Monaten noch hatte er zaghaft um Josefines Freundschaft geworben, wohl wissend, dass er für dieses millionenschwere Mädel aus der Oberschicht nichts weiter sein konnte, als eine flüchtige, eher exotische Bekanntschaft. Und nun hatte sie seinetwegen sogar auf eine luxuriöse Flugsafari durch Südafrika mit ihrer Mutter verzichtet. Auch die Aussicht, auf der Insel in Dalmatien nur sehr rustikal in einer Blockhütte zu wohnen, konnte sie nicht abschrecken. Dabei war sie doch den Komfort von Luxushotels gewohnt. Liebte sie ihn so sehr? Joseph gab sich ganz seinem wohligen Gefühl hin.

      Das Klingeln seines Handys riss ihn aus seinen Gedanken. Er blickte auf das Display – seine Eltern aus Wien.

      »Geh Joseph, wo steckst du denn?«, vernahm er die vorwurfsvolle Stimme seiner Mutter. Er verfiel augenblicklich in die Rolle des gehorsamen Sohnes.

      »Wir sind in Split, Mama.«

      »Geh, was machst denn in Split. Bist net allein?«

      »Nein, mit meiner Freundin.«

      »Ah, hast jetzt eine Freundin?

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