Lust aufs Alter. Peter Scheer

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Lust aufs Alter - Peter Scheer

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wichtiger, dass sie das kurze Stück, das sie noch gesund gehen können, erleben, genießen und freudig annehmen. Denn das, was sie weiterzugeben haben, das, für das sie wertgeschätzt werden wollen, das ist vorbei.

      Alte Menschen, unglückliche Pensionisten, selbst die, welche in Phase drei sind – also im „gesunden Alter“ –, denken gern über ihre möglichen Krankheiten nach. Sie haben hie und da Schmerzen, fühlen sich an manchen Tagen nicht wohl und schlafen nach einem reichlichen Abendessen schlecht oder wachen nachts auf.

       Die Schlafstörung

      Das Schlafen wird beobachtet, Veränderungen werden gern als Schlafstörung empfunden. Ein amerikanischer Forscher, James J. McKenna7, konnte zeigen, dass es – jedenfalls bei Babys – keine Schlafstörungen gibt. Babys wachen einfach immer wieder auf und es liegt nur an der Reaktion der Umgebung, ob sie danach lang oder kurz wach sind. Die „Störung“ wird von der Umgebung diagnostiziert, die zum Beispiel gern durchschlafen würde. Schlafstörungen sind ein subjektiver Befund. Meine Frau und ich schlafen ganz unterschiedlich. Gestern schlief sie um 15.45 Uhr ein, nachdem sie ein Steak und etwas Brot gegessen hatte, schlief dann bis 20 Uhr, arbeitete bis 23.30 Uhr und wachte um 5.40 Uhr auf, weil ich sie weckte. Sie ging dann eine Stunde schwimmen. Ich hingegen war gestern um 6.20 Uhr joggen und radelte danach nach Hause. Seit ich Pensionist bin, erlaube ich mir manchmal, selbst wenn das Wetter strahlend schön ist und ich an sich im Freien sein müsste, ein Bad am Vormittag zu nehmen. Danach trockne ich mich kaum ab, ziehe mir den Bademantel mit Kapuze an und gehe nach den Anweisungen Sebastian Kneipps halbnass ins Bett. Ich schlief dann bis 10.45 Uhr, aß ein Müsli mit steirischem Apfel und südafrikanischen Weintrauben und schrieb an diesem Buch weiter. Im Garten schien die Sonne, sodass ich bei offenem Fenster die Gesänge der Vögel hörte. Zu Mittag aß ich ein Brot und, wie meine Frau, um 15 Uhr ein Steak. Nach einem Wissenschaftstermin und einem Treffen in einem Kaffeehaus spielte ich von 18 bis 22 Uhr Tarock, ein Kartenspiel. Mit dem Fahrrad nach Hause gekommen, war ich, trotz zwei halben Liter Bier und einer scharfen Wurst, hellwach und ging erst um 1.40 Uhr schlafen. Um 5.45 Uhr wurde ich wieder geweckt – Schwimmen für meine Frau, Joggen für mich stand auf dem Programm. Sowohl meine sechzigjährige Frau als auch ich schlafen also sowohl am Tag als auch in der Nacht, mal so, mal so. „Dem Schlaf braucht man nicht hinterherzurennen, der holt einen schon ein, wenn man ihn braucht“, sagte sie einmal. Wir genießen die Errungenschaft des elektrischen Lichts, stehen manchmal nachts auf, legen uns am Tag hin und schlafen und wachen wie die Tiere, die McKenna so wunderbar beobachtet hat.

      Wir kennen allerdings auch Menschen, die in der Nacht schwer aufstehen. Das sind meist Langschläfer, die erst nach etwa einer Stunde eine REM-Phase, also den paradoxen Schlaf8, erreichen und daher unter zu kurzem oder wiederholt unterbrochenem Schlaf leiden. Sie erquicken sich daher auch nicht bei einem Mittagsschlaf, und wenn sie weniger als acht Stunden schlafen, sind sie müde. Bei ihnen ändert sich die Schlafarchitektur im Alter wenig. Das Wichtigste, was man aus der Schlafforschung wissen muss, ist: Es gibt keine Schlafstörung, es gibt nur das subjektive Gefühl, zu wenig geschlafen zu haben. Davon ausgenommen ist das Schlafapnoesyndrom, unter dem vor allem Männer leiden. Sie bekommen im Schlaf zu wenig Luft, ersticken fast und wachen dann müde auf. Schwere Hirnfunktionsstörungen, zum Beispiel nach einem Unfall oder Schlaganfall, können den Schlaf auch verändern; die Altersdemenz kann zu einem oft wiederkehrenden, nicht erquickenden Schlaf führen.

      Die meisten „Schlafstörungen“ kommen jedoch aus der Unfähigkeit, sich an geänderte Umstände anzupassen, wie zum Beispiel das Vorhandensein kleiner Kinder, die in der Nacht essen wollen, oder weil man Nachtdienste machen muss oder eben einfach älter wird und man öfter auf die Toilette muss.

      Es gibt einige Regeln, die man beachten sollte: Aufstehen, wenn weiterschlafen nicht geht. Nur dann liegen bleiben, wenn aufstehen gar nicht geht. Kein gemeinsames Schlafzimmer – besser zwei Zimmer, man kann sich ja jede Nacht besuchen. Es ist selten, dass zwei Menschen denselben Tag-Nacht-Rhythmus haben. Licht machen und alles tun, wozu man Lust hat. Keine Angst vor dem nächsten Tag. (Kein: „Ich muss morgen frisch sein!“) Nicht unbedingt zu schlafen versuchen, weil man am nächsten Tag zum Beispiel einen frühen Termin hat. Schlaf lässt sich nicht erzwingen, also soll man’s erst gar nicht versuchen. Es macht auch nichts, wenn man einmal eine Nacht durchmacht. Als Junger hat man das aus erfreulichen Gründen, etwa für ein Fest, gemacht, als Alter nützt man die Zeit und schreibt oder liest oder spaziert durch die menschenleere Stadt. Man ist nie mehr so ausgeschlafen, wie man es mit zehn oder elf Jahre war. Es macht nichts, dass man manchmal am Tag müde ist und einnickt; man hat nur mehr selten Wichtiges zu tun. Alles gelingt besser, wenn man sich nicht einredet, dass man müde ist. Daher gibt es auch fast keinen Grund, am Abend nicht Kaffee zu trinken und sofort daran zu denken, dass man dann nicht schlafen kann. Das zeigt nur, dass einem das Schlafen zu wichtig geworden ist. Dabei könnte es einem doch um jede Minute schade sein, die man von dem noch zu erwartenden Erdendasein verschläft. Koffein führt an sich nicht zu Schlaflosigkeit, sondern zu einer besseren Atmung, weswegen es auch bei Frühgeborenen, die an einer Regulationsstörung der Atmung im Schlaf leiden, verwendet wird.

      Da Sie nun wissen und verstehen, dass es keine Schlafstörung gibt, haben Sie auch keine. Sollte Ihr Schlafrhythmus mit dem Ihres Partners nicht harmonieren, ziehen Sie schleunigst aus dem ehelichen Schlafzimmer aus und schlafen Sie, wenn Ihnen danach ist, suchen Sie sich eine Beschäftigung für die unterbrochenen Nächte oder fühlen Sie sich einfach heiter müde, denn es ändert gar nichts, wenn Sie sich ärgern. Haben Sie das alles beherzigt, brauchen Sie meist kein natürliches Beruhigungsmittel wie Baldrian, kein Schlafmittel und keinen Wein am Abend. Sollten Sie sich aber an solche Mittel gewöhnt haben, überlegen Sie sich, ob es noch lohnt, sie sich wieder abzugewöhnen. Welche Nebenwirkungen will ich vermeiden? Schadet es meiner Gedächtnisleistung? Werde ich dadurch unfallanfälliger? Wenn Sie diese Fragen negativ beantworten (gemeinsam mit ihrem Arzt), dann frage ich Sie: Warum wollen Sie sich das wieder abgewöhnen?

       Gesundheit war einmal, nur die Todesangst treibt an

      Die meisten Menschen beginnen sich um ihre Gesundheit zu kümmern, wenn es zu spät ist. Wie ich in dem Buch „Taubenfüttern allein ist nicht genug“, dessen Fortsetzung sie in Händen halten, geschrieben habe, führen die meisten Lebensstiländerungen statistisch nur bis zum vierzigsten Lebensjahr zu einem besseren und gesünderen Alter. Damals hatte man aber keine Zeit oder keine Lust oder einfach noch keine Todesangst – und so änderte man nichts. Hingegen wird aber großer Wert auf die Gesundheit dann gelegt, wenn sie im Schwinden begriffen ist. Gesundenuntersuchungen bei Senioren verlieren aber ihren Wert, wenn keine Gesundheit mehr festzustellen ist. Ebenso verhält es sich mit den Anweisungen zum Essen – also zu Diäten – und der Aufforderung, mehr Bewegung zu machen.

      In einem Fernsehbericht über die „wahrhaften“9 Inglourious Basterds 10, also jenen Kämpfern des jüdischen Korps der Haganah (israelische Armee), die nach dem Krieg Naziverbrecher stellten und ohne Urteil töteten, sah man einen fünfundachtzigjährigen Mann, der sein ganzes Leben in einem Kibbuz schwer gearbeitet hatte. In der Dokumentation sieht man, wie er in der Früh nach dem Aufstehen im Unterleibchen Turnübungen macht. Der einstige militärische Drill ist noch spürbar, weshalb diese Übungen wahrscheinlich in der Dokumentation gezeigt wurden.

      Aus medizinischer Sicht haben Fitness- und Lebensstilvorschläge im Alter nur den Sinn, dass man sich jetzt besser fühlt, dass man beweglich bleibt, Treppen steigen kann, nicht traurig wird, weil man zuerst körperlich, dann geistig zunehmend abbaut, und dass man nicht so dick wird, dass an Bewegung kaum mehr zu denken ist. Das ist fein und erfreulich genug.

      Besorgniserregend wird es jedoch, wenn alte Menschen sich von ihrer Angst dominieren lassen. Da wird zunehmend auf Salz verzichtet, angeblich wegen des Bluthochdrucks. Da erzählen ältere Menschen, dass sie dieses und jenes nicht mehr vertragen, und bekommen Diäten empfohlen, die das Leben zwar nur selten (etwa im Fall der erforderlichen

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