Hilfskreuzer „Chamäleon“ auf Kaperfahrt in ferne Meere. Heinz-Dietmar Lütje

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Hilfskreuzer „Chamäleon“ auf Kaperfahrt in ferne Meere - Heinz-Dietmar Lütje страница 13

Hilfskreuzer „Chamäleon“ auf Kaperfahrt in ferne Meere - Heinz-Dietmar Lütje

Скачать книгу

style="font-size:15px;">      Der Artillerieoffizier, Oberleutnant zur See Fritz Bolte, exerzierte derweil mit den Bedienungen der 15-Zentimeter Kanonen. Immer wieder wurde das Enttarnen der Geschütze, das Laden und Richten der Rohre auf einen imaginären Gegner geübt. Wenn der Besatzung auch durchaus klar war, dass nur stetige Übung letztendlich im Ernstfall auch die dann erforderliche Routine vermittelte, so wurde doch – zumindest unterdrückt – über das immer wiederkehrende Rollenexerzieren geflucht. Ähnlich betroffen waren auch die Mannschaften auf allen anderen Stationen des Schiffes. Eine Rollenübung löste die andere ab. Mal hieß es „Feuer im Schiff“, dann wieder „Mann über Bord.“

      Auf steuerbordvorderen Ausguckposten stand der Matrosenobergefreite Jochen Dunker, ein 20jähriger Ostpreuße, der als Fischer durchaus mit der See vertraut war. Unablässig hielt er das schwere Marineglas an die Augen und suchte den ihm zugewiesenen Sektor ab. Plötzlich stutze er, nahm das Glas von den Augen, rieb dieses und hob das Glas erneut. „Doch“, er hatte sich nicht geirrt. Ein nadelfeiner dunkler Streifen stand über der Kimm.

      „Rauchfahne Steuerbord 30°“, meldete er. Der wachhabende zweite Offizier, Oberleutnant zur See Uwe Semmler, stürzte an die Brückennock und hob ebenfalls das Glas. Nichts. Er verließ die Brücke und hastete zum Ausguck. „Wo denn, Mann, ich sehe nichts?“ „Doch Herr Oberleutnant“, entgegnete der Matrosenobergefreite Dunker in der ihm eigenen bedächtigen Art und wies dem Offizier die genaue Richtung. Jetzt sah es auch Semmler. „Gut gemacht, die Kiste Becks ist Ihnen sicher.“ Der Oberleutnant klopfte dem Ausguck auf die Schulter und strebte eilig wieder auf die Brücke.

      Sekunden später waren Kommandant und IO auf der Brücke und schauten ebenfalls auf die nadelfein über der Kimm nur im schweren Marineglas sichtbare Rauchfahne. Auch der NO, Wilhelm Kleinhausen, den es bei der Sichtmeldung ebenfalls nicht mehr im Kartenraum hielt, hatte sich angeschlossen.

      „Na also, brummte der Kommandant befriedigt, jetzt hoffen wir nur noch, dass es kein Neutraler ist.“

      „Oder ein Tommi-Kreuzer“, brummte leise der IIO.

      „Mann Gottes, lassen Sie die Unkerei“, mischte sich Graf von Terra in das Gespräch und schaute immer noch angestrengt in Richtung der Sichtung. Ohne Glas war absolut nichts wahrzunehmen.

      „Wie weit schätzen Sie die Entfernung, meine Herren“, wandte sich der Kommandant an die Offiziere auf der Brücke. Graf von Terra antwortete als erster, „schwer zu sagen, aber ich glaube schon, dass es mindestens 30 Meilen sind. Vielleicht sollten wir unsere Herren Sonderführer auf die Brücke bitten, da die Handelsschiffskapitäne sicherlich auch ihren Senf dazugeben können“, fuhr Terra in der ihm eigenen etwas burschikosen Art fort. „Gut, mein Lieber“, stimmte ihm der Kommandant zu, „veranlassen Sie das.“ Wenige Minuten später bevölkerten nunmehr auch die erfahrenen ehemaligen Handelsschiffer die Brücke. Bei diesen bestand durchweg Einigkeit darüber, dass aufgrund der Sichtigkeit die Entfernung wohl kaum mehr als ca. 30, 32 Meilen betragen würde. „In Ordnung, den versuchen wir zu kriegen“, versetzte der Kommandant und gab Befehl, auf die Sichtung zuzudrehen. Mit Höchstgeschwindigkeit von 19 Knoten strebte der Hilfskreuzer auf den vermuteten Gegner zu.

      Zwei Stunden später war die Rauchfahne des anderen Schiffes auch bereits mit bloßem Auge zu erkennen. Durch die schweren Marinegläser wurden mittlerweile auch die Konturen der Masten sichtbar, so dass einwandfrei feststand, es handelte sich um ein Handelsschiff.

      Nachdem der Generalkurs des Gegnerfrachters klar war, ließ der Kommandant leicht vom Kurs abfallen, um nicht allzu verdächtig zu erscheinen. Langsam aber stetig holte der Hilfskreuzer, von achtern aufkommend, auf. Bemühte sich aber, den seitlichen Abstand von etwa 7 Meilen nicht zu unterschreiten – noch nicht.

      Kommandant und IO erörterten die Lage, wie man sich am unverfänglichsten dem Gegner nähern könne.

      „Wir sind als schwedischer Schwergutfrachter getarnt“, versetzte Graf Terra., „warum sollte er Verdacht schöpfen?“ „Ich vermute, dass die britische Admiralität, ähnlich wie im Weltkrieg, sicherlich ihren Schiffen wiederum Anweisung erteilt hat, bei Aufkommen von verdächtigten Schiffen sofort abzudrehen und entsprechende Funkmeldung abzusetzen“, entgegnete Waldau. Terra widersprach; „wenn wir ein Kriegsschiff …“, er unterbrach sich und grinste. „Wollte sagen wenn wir als Kriegsschiff erkennbar wären, würde ich das verstehen. Aber Hilfskreuzer können ja noch gar nicht gemeldet sein. Warum sollte der Kapitän drüben übervorsichtig reagieren? Und wenn doch, wie sollen wir es verhindern?“ „Gut“, versetzte Waldau. „Lassen wir es darauf ankommen.“

      Langsam aber stetig wurde nicht nur die Entfernung zum Gegner, sondern auch der seitliche Abstand verkürzt. 45 Minuten später dröhnten die Alarmglocken durch das Schiff. Alle Mann hasteten auf ihre Gefechtstationen. Der Kommandant ließ auf Lautsprecheranlage schalten und befahl: „Schiff klar zum Gefecht. Wir greifen an.“ Umgehend folgten die Klarmeldungen des 1. Artillerieoffiziers für die schwere Artillerie, des II AO für die Flakbewaffnung sowie des TO für die Torpedowaffe, des Funkraums, der sich erforderlichenfalls zum Störfunken bereithielt und aller anderen Stationen. Der Hilfskreuzer hatte sich zwischenzeitlich auf etwa eine Seemeile genähert. Noch immer zog das Gegnerschiff völlig ungerührt seinen Kurs und war zwischenzeitlich ausgemacht worden als der englische Frachtdampfer „Jolante“, Heimathafen Liverpool, nach Lloyds Register ein Schiff von 6368 BRT (Bruttoregistertonnen).

      Dann folgte zum ersten Mal der Befehl:“ Heisst Flagge und Wimpel, fallen Tarnung.“ Die schwedische Flagge wurde eingeholt und rauschend entfaltete sich die deutsche Kriegsflagge am Mast. Die Tarnungen vor den Geschützen fielen und drohend streckten sich die Rohre zum nah beistehenden Gegnerfrachter. Gleichzeitig wehte auf dem deutschen Hilfskreuzer das internationale Flaggensignal „Stoppen Sie sofort, nicht funken“, aus. Gebannt schauten Offiziere und Besatzung, soweit sie freien Zublick auf den Gegner hatten, hinüber. Deutlich erkennbar führte der englische Frachter noch kein Heckgeschütz, wie es später für alle englischen Schiffe eine Selbstverständlichkeit war. „Frage Funkraum“, ließ sich der Kommandant vernehmen. Postwendend erfolgte die Antwort „Gegner funkt nicht.“ Gut erkennbar am endlich zusammenfallenden Kielwasser nahm der Gegner die Fahrt aus dem Schiff. 10 Minuten später dümpelten beide Schiffe in einer Entfernung von ca. einer Meile im bewegten Nordatlantik. „Prisenkommando fertig machten! Flaggensignal, ich schicke ein Boot, halten Sie die Schiffspapiere bereit!“ Die nächsten Befehle des Kommandanten folgten sofort. 3 Minuten später stieß das Motorboot mit dem Prisenkommando von 12 Mann, bewaffnet mit Maschinenpistolen, geführt vom 1. Offizier, Graf Terra, vom Hilfskreuzer ab. Mit an Bord befanden sich zwei Feuerwerker mit den nötigen Sprengmitteln versehen, um ggf. das Gegnerschiff durch Sprengpatronen zu versenken.

      Deutlich sichtbar legte das Motorboot des Hilfskreuzers wenig später am gestoppten Frachter an und – allen voran Graf von Terra– enterten über die herabgelassene Jakobsleiter den Gegner.

      Äußerlich völlig ruhig, das Glas auf das gegnerische Schiff richtend, innerlich aber außerordentlich gespannt, erwartete der Kommandant den Bericht seines IO. Die Minuten dehnten sich endlos. Mit Anzeichen erster Nervosität fuhr sich Waldau mit gespreizten Fingern durch die Haare, was in der allgemeinen Anspannung aber kaum vom Brückenpersonal bemerkt wurde. Dann endlich ließ der IO durch Funkspruch mitteilen: „Schiffspapiere sichergestellt. Keine Gegenwehr. Ladung besteht aus Stückgut und landwirtschaftlichen Maschinen. Funkanlage defekt. Als Prise ungeeignet.“

      Der Kommandant winkte seinem Läufer. „Winkspruch an IO, lassen Sie die Besatzung ihre persönlichen Sachen bergen und das Schiff verlassen. Frist 30 Minuten. Durch Sprenggranaten versenken. Schiffspapiere sicherstellen.“

      Schon vor der gesetzten Frist legten die Boote des Gegners an der Bordwand des Hilfskreuzers an. Der Kommandant ließ die gegnerischen Offiziere und Matrosen – bis auf den Kapitän – sofort unter Deck in die für sie zur Aufnahme vorbereiteten

Скачать книгу