Jahrbuch der Baumpflege 2021. Группа авторов

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Jahrbuch der Baumpflege 2021 - Группа авторов

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Lebensvorgänge der Bäume wurden in den vergangenen Jahrzehnten weitgehend erforscht. So haben wir viel gelernt, z. B. über die Steuerung des Triebwachstums, die Einlagerung und Mobilisierung von Reservestoffen im Holz oder die aktive Reaktion der Bäume auf Verletzungen und wiederkehrende mechanische Belastungen.

      Zu dem erworbenen Wissen „rund um den Baum“ gehören auch Kenntnisse über die Grundlagen des Wurzelwachstums. Diese unterirdischen Organe entziehen sich in der Regel unseren Blicken und so verwundert es nicht, dass sie hin und wieder regelrecht in Vergessenheit geraten. Doch von ihrem Zustand, ihrer Gesundheit und Funktionsfähigkeit hängt die Existenz des ganzen Baumes ab. Bäume benötigen nicht nur gesunde Wurzeln, auch das Volumen dieser unterirdischen Versorgungsorgane muss in einem ausgewogenen Verhältnis zum Volumen der in den Kronen vorhandenen oberirdischen Versorgungsorgane, den Blättern (oder Nadeln) stehen. Nur dann sind Bäume im „Gleichgewicht“, und können ihre vielfältigen Wohlfahrtswirkungen uneingeschränkt erbringen.

       Abbildung 2: Z. ERDELJAC und F. DÄUBLE

      So unterschiedlich das äußere Erscheinungsbild der verschiedenen Baumarten auch sein mag, so unterschiedlich ihr natürliches Wurzelwachstum auch sei, so sehr ihre Ansprüche an den Standort auch differieren, eines ist allen Baumarten gemeinsam: ihre Wurzeln wachsen bevorzugt dort, wo sie ein gutes Angebot an Sauerstoff (und Feuchtigkeit) vorfinden. Denn Wurzeln müssen atmen und benötigen daher dasselbe Medium, das auch uns am Leben erhält. So lange der Sauerstoffgehalt im Gasgemisch des Bodens bei 15 % oder darüber liegt, können sich die Wurzeln artgemäß entwickeln. Sinkt der Partialdruck des Sauerstoffs im Gasgemisch des Bodens, geht das Wurzelwachstum zurück. Bei 11 % und darunter, kommt es zum Erliegen, die Wurzeln sterben ab und nachfolgend auch der „oberirdische Baum“.

      Selbstverständlich sind auch die chemischen und biologischen Eigenschaften eines Bodens für das Wurzelwachstum von großer Bedeutung. Doch die bodenphysikalischen Gegebenheiten überlagern diese, sowie die genetische Ausstattung der Bäume, bei der Ausprägung der Wurzeln viel stärker, als früher angenommen. In zahlreichen Untersuchungen wurden diese Sachverhalte nachgewiesen und fanden Einzug in die gärtnerische Praxis. Die Entwicklung von Pflanzsubstraten in europäischen Ländern und in den USA sowie die Anwendung neuer vegetations- und bautechnischer Verfahren sind Beispiele für die Umsetzung dieser Erkenntnisse.

      Bei der Erforschung des Wurzelwachstums ist auch deutlich geworden, dass es möglich ist, die Wurzeln zu „lenken“ (HEIDGER 2002). Indem man ihnen ein gut durchlüftetes, an Grobporen reiches Medium anbietet, das sie unmittelbar erkennen und bevorzugt durchwurzeln, kann man sie aus anderen Bereichen, in die sie nicht hineinwurzeln sollen, „heraushalten“, wenn man die Eigenschaften des Substrates dort „wurzelunfreundlich“ gestaltet. Diese Erkenntnis wird bei innerstädtischen Baumpflanzungen auch im Zusammenhang mit Leitungsschutzmaßnahmen an Bedeutung gewinnen.

      Wenn auf natürlichen Standorten keine optimalen Voraussetzungen für die Ausbreitung der Wurzeln herrschen, reagieren Bäume mit „intelligenten Tricks“, um damit ihr unaufhörliches Wurzelwachstum, dessen Ende ihren Tod bedeuten würde, sicherzustellen. Können sie nicht in die Tiefe wachsen, bilden sie flachere Wurzelteller aus, die dafür aber viel weiter über die Kronentraufe hinausreichen, als üblich. Oder sie wurzeln in tiefen Felsspalten, um das hinein gespülte mineralische und organische Feinmaterial für sich zu erschließen. Sie suchen mit ihren Wurzeln Halt an Felsbrocken, die sie umwachsen und in ihr „Wurzelfundament“ integrieren. Wenn es sein muss, durchqueren sie auch Hohlräume, auf ihrer ständigen Suche nach Wasser und Nährstoffen. So können sie sich mit dem Lebensnotwendigen versorgen und den Kräften von Wind und Wetter widerstehen.

      Auch auf innerstädtischen Standorten versuchen Bäume das, was sie im Laufe der Evolution „gelernt“ haben, umzusetzen und für ihr Überleben zu nutzen. Dann kann es allerdings zu Konflikten kommen, denn sie können nicht unterscheiden zwischen einer Felsspalte und einem Kanalrohr, zwischen einem Felsbrocken und einer Gasleitung…

      2 Bäume und Leitungen

      2.1 Technische Infrastruktur

      Die Menschen unserer Zeit benötigen nicht nur Parks und viele Bäume in ihrer direkten Nachbarschaft. Sie erwarten auch ein warmes, helles Zuhause und dass Radio und Fernseher funktionieren. Ebenso soll die Toilette spülen und die Dusche warmes Wasser spenden, kurzum, die Ver- und Entsorgung soll sicher gestellt sein.

      All diese Segnungen unserer modernen Zivilisation werden bei uns überwiegend unterirdisch an Wohnungen und Arbeitsplätze heran- und herausgeführt, über die so genannten Ver- und Entsorgungseinrichtungen. Sie befinden sich bevorzugt in Straßen oder sonstigen öffentlichen Flächen, genau dort, wo auch die Straßenbäume mit ihren Wurzeln zu Hause sind.

      In ihrer Addition ergeben die Ver- und Entsorgungseinrichtungen oft ein Vielfaches der gesamten Straßenlänge einer Kommune. Da der unterirdische Raum kostbar (weil begrenzt) ist und sich nicht jede Leitung mit jeder beliebigen Nachbarin verträgt, wurden für die Platzierung der verschiedenen Kabel und Rohrleitungen Regelwerke entwickelt. Diese sollen für eine prinzipielle Ordnung in der „Unterwelt“ sorgen.

      So ist beispielsweise geregelt, dass zwischen einer Gasleitung und einem Hochspannungskabel ein bestimmter Sicherheitsabstand einzuhalten ist oder eben dieses Hochspannungskabel nicht in einen Kabelkanal eingezogen werden darf, weil es den direkten Kontakt mit Erdreich zur Kühlung benötigt. Der unterirdische Straßenraum ist sowohl horizontal aufgeteilt, als auch bezüglich der Tiefe, in der die Anlagen zu installieren sind.

      Da der Bereich unter den Fahrbahnen aus verschiedenen Gründen möglichst nicht für das Verlegen von Versorgungseinrichtung genutzt werden soll, drängen sich die Rohre, Kabel und Leitungen unter den Gehwegen, Radwegen und Parkstreifen. Genau hier sind aber auch die Bereiche, die am ehesten für die Pflanzung von Straßenbäumen in Frage kommen.

      2.2 Der Konflikt

      Natürlich wäre es wünschenswert, so „problematische Nachbarn“, wie technische Einrichtungen und Bäume, vor allem deren Wurzeln, möglichst weit voneinander entfernt zu wissen. Doch unsere Städte sind eng, die Grundstückspreise hoch und kaum ein Stadtplaner hat es in den letzten Jahren oder Jahrzehnten gewagt, Baumstreifen in ausreichender Breite und frei von Ver- und Entsorgungseinrichtungen vorzuschlagen. So kam es zu den bekannten Problemen, auf die die betroffenen Dienststellen – respektive die beteiligten Personen – sehr unterschiedlich reagierten.

      Da waren „auf der einen Seite“ die „Techniker“, die die Priorität eindeutig bei der „Versorgungssicherheit“, der Unversehrtheit ihrer Einrichtungen sahen und auf unkalkulierbare Haftungsfragen z. B. bei undicht gewordenen Gasleitungen verwiesen. Die mit Argusaugen bei jeder Aufgrabung auf Baumwurzeln achteten und sie als Beweisstücke sicherstellten, auch wenn diese nur um „ein dünnes Kabel“ herum gewachsen waren. Sie wurden wie Trophäen präsentiert, wenn mit den „Baumleuten“ wieder einmal über die Pflanzung von Straßenbäumen gesprochen werden musste.

      „Auf der anderen Seite“ standen die „Baumleute“, die Bilder von abgerissenen Baumwurzeln und verletzten Bäumen aus ihren Taschen zogen und dadurch entstehende Fäulen und Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit ins Feld führten. Sie forderten Platz für ihre Baumpflanzungen und behaupteten, damit „dem Auftrag von Rat und Verwaltung“ zu folgen. Hin und wieder maßten sie sich an, darauf hinzuweisen, dass sie nur von ihrem Recht Gebrauch machen wollten, denn die Straße

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