Theologie im Kontext des Ersten Weltkrieges. Группа авторов

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Theologie im Kontext des Ersten Weltkrieges - Группа авторов Erfurter Theologische Schriften

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denselben „gerechten“ Krieg für sich und gegen die anderen in Anspruch nahmen? Wie konnte denn der Krieg auf der einen Seite als „heilig“ bezeichnet werden, auf der anderen Seite aber als Folge der Sünde, als Unglück und Strafe? Wie konnte Gott mit den deutschen Waffen sein, wenn der Krieg verloren wurde? Welchen Wert hatte die Deutung des Krieges als „Zuchtrute“ und Erziehungsarbeit Gottes, wenn der anfänglich zu beobachtende religiöse Aufschwung nicht nur nach kürzester Zeit erlahmte, sondern mitunter zu synkretistischmagischem Aberglauben mutierte, ja, sich im Laufe des immer länger sich hinziehenden Krieges sogar in Skepsis, Zynismus und Religionslosigkeit verwandelte? Diesen Aporien wäre historiographisch einmal gezielt nachzugehen und zu fragen, welche theologischen „Lösungen“ Theologen, Hirten, Prediger wirklich anzubieten hatten.

      1 Demnach wurde die Kriegserklärung vor allem in den Großstädten, vom Großbürgertum und im akademisch-studentischen Milieu mit Begeisterung aufgenommen. Vgl. dazu S. Neitzel, Blut und Eisen. Deutschland und der Erste Weltkrieg, Zürich 2003, 36ff.; J. Verhey, Der „Geist von 1914“ und die Erfindung der Volksgemeinschaft, Hamburg 2014; G. Hirschfeld, Deutschland im August 1914, in: N. Beaupré / G. Hirschfeld u.a., Der Erste Weltkrieg, Darmstadt 2013, 31–40; S. Bruendel, Ideologien: Mobilmachungen und Desillusionierungen, in: N. Werber / S. Kaufmann / L. Koch (Hg.), Erster Weltkrieg. Kulturwissenschaftliches Handbuch, Stuttgart / Weimar 2014, 280–310, hier 285f. – Es liegen inzwischen zahlreiche regionale bzw. lokale Studien vor. Etwa (unvollständig): C. Geinitz, Kriegsfurcht und Kampfbereitschaft. Das Augusterlebnis in Freiburg. Eine Studie zum Kriegsbeginn 1914 (Schriften der Bibliothek für Zeitgeschichte NF 7), Essen 1998; ders. / U. Hinz, Das Augusterlebnis in Südbaden: Ambivalente Reaktionen der deutschen Öffentlichkeit auf den Kriegsbeginn 1914, in: G. Hirschfeld / G. Krumeich / P. Langewiesche / H.-P. Ullmann (Hg.), Kriegserfahrungen. Studien zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkriegs (Schriften der Bibliothek für Zeitgeschichte NF 5), Essen 1997, 20– 35; V. Ullrich, Vom Augusterlebnis zur Novemberrevolution. Beiträge zur Sozialgeschichte Hamburgs und Norddeutschlands im Ersten Weltkrieg, Bremen 1999; S. Herzig, Der Weltkrieg kam nach Osnabrück. Julikrise und „Augusterlebnis“ 1914 im Spiegel der Osnabrücker Tagespresse, Marburg 2010; M. Stöcker, Augusterlebnis 1914 in Darmstadt. Wie die Darmstädter den Ausbruch des Ersten Weltkriegs erlebten, Darmstadt 22014; P. Anhalt, „Soll’s sein, so sei’s wie mein Gott will“. Eine Studie zum „Augusterlebnis“ 1914 im Eichsfelddorf Steinbach, in: Eichsfeld-Jahrbuch 22 (2014) 239–258; M. Schütz, „Julikrise“ und „Augusterlebnis“ 1914. Hildesheim bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs, in: Hildesheimer Kalender 282 (2014) 22–31; K. Klasen, Kriegsbegeisterung oder Kriegsfurcht? Das Augusterlebnis 1914 im Saargebiet, in: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend 62 (2014) 81–104. – Schon älter: T. Rohrkrämer, August 1914 – Kriegsmentalität und ihre Voraussetzungen, in: W. Michalka (Hg.), Der Erste Weltkrieg. Wirkung, Wahrnehmung, Analyse, München 1994, 759–777.

      2 In den großen historischen Darstellungen wird die Rolle der Religion, die Haltung der Konfessionen, kaum thematisiert: J. Kocka, Klassengesellschaftliche Tendenzen und Gegentendenzen: das Verhältnis Land-Stadt, Generationen, Konfessionen und Minderheiten, in: W. Kruse, Der Erste Weltkrieg (Neue Wege der Forschung), Darmstadt 2014, 35–50, fordert „auf erweiterter Materialbasis“ zu untersuchen, ob „nicht-klassengesellschaftliche Gegensatz-, Spannungs- und Konfliktlinien (z.B. die zwischen den Konfessionen, den Generationen, zwischen Stadt und Land etc.) im Krieg relativ zu den Klassenlinien zurücktraten“. Während Kocka ausführlich auf die im Krieg wachsenden Spannungen zwischen Stadt und Land eingeht, auch auf einen ebenfalls ökonomisch begründeten, wachsenden Antisemitismus, wird der Katholizismus nur mit einem Satz bedacht: „Für die katholische Kirche bedeutete das relative Zurücktreten konfessioneller Merkmale stärkere Integration in die Gesamtgesellschaft“. Ebd. 46. Kocka stützt sich dabei auf eine kleine Studie aus den 1920er Jahren: A. Rademacher, Die Stellung der katholischen Kirche, in: O. Baumgarten u.a., Geistige und sittliche Wandlungen des Krieges in Deutschland, Stuttgart 1927, 149–216. – Im Handbuch von N. Werber / S. Kaufmann / L. Koch (Hg.), Erster Weltkrieg (wie Anm. 1), wird die Religion überhaupt nicht eigens thematisiert, auch nicht im Kapitel: T. Rohkrämer, Ideenkrieg: Sinnstiftungen des Sinnlosen. Ebd. 385–409. – In der Rubrik „Darstellungen“ bei G. Hirschfeld / G. Krumeich / I. Renz (Hg.), Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Paderborn, 2. erweiterte und aktualisierte Studienausgabe, Paderborn 2014, gibt es immerhin einen ursprünglich französischen Beitrag Religion von sechs Seiten aus der Feder von A. Becker (ebd. 192–197); außerdem in der Rubrik „Lexikon“ einen Artikel Katholizismus von R. Haidl (ebd. 607f.) sowie einen Artikel Protestantismus von G. Hübinger (ebd. 782f.). – Inzwischen liegen jedoch etliche monographische Studien zum Thema vor: S. Fuchs, „Vom Segen des Krieges“. Katholische Gebildete im Ersten Weltkrieg. Eine Studie zur Kriegsdeutung im akademischen Katholizismus (Contubernium 61), Stuttgart 2004; A. Jantzen, Priester im Krieg. Elsässische und französisch-lothringische Geistliche im Ersten Weltkrieg (VKZG.B 116), Paderborn u.a. 2010; O. Göbel, Die Fuldaer Katholiken und der Erste Weltkrieg. Zur konfessionellen Spezifik nationaler Integration am Beispiel der fuldischen katholischen Publizistik 1914–1918 (Beiträge zur Kirchen- und Kulturgeschichte 23), Frankfurt a.M. u.a. 2011; eher journalistisch: M. Lätzel, Die katholische Kirche im Ersten Weltkrieg. Zwischen Nationalismus und Friedenswillen, Regensburg 2014. Vgl. außerdem: G. Baadte, Katholischer Universalismus und nationale Katholizismen im Ersten Weltkrieg, in: A. Langner (Hg.), Katholizismus, nationaler Gedanke und Europa (Beiträge zur Katholizismusforschung, Reihe B), Paderborn 1985, 89– 109; K. Schreiner, „Helm ab zum Ave Maria“. Kriegstheologie und Kriegsfrömmigkeit im Ersten Weltkrieg, in: RJKG 25 (2006) 65–98; C. Holzapfel, Krieg als „heilsame Kreuzes- und Leidensschule“. Die religiöse Deutung der Weltkriege, in: RJKG 25 (2006) 99–126; C. Schlager, Zwischen Feindesliebe und Erbfeindschaft. Die katholischen Kirchen in Deutschland und Frankreich und der Erste Weltkrieg, in: R. Johler u.a. (Hg.), Zwischen Krieg und Frieden. Die Konstruktion des Feindes, Tübingen 2009, 177–206; A. Holzem, „… wenig gebetet, aber heißer als je“: Katholiken im Ersten Weltkrieg (1914–1918), in: zur debatte. Themen der Katholischen Akademie in Bayern 5/2012, 25–29.

      3 So H. Hürten, Kurze Geschichte des deutschen Katholizismus 1800–1960, Mainz 1986, 183. Vgl. auch H. Lutz, Die deutschen Katholiken in und nach dem ersten Weltkrieg, in: Hochland 55 (1962/63) 193–216; A.-H. Leugers, Einstellungen zu Krieg und Frieden im deutschen Katholizismus vor 1914, in: J. Dülfer / K. Holl (Hg.), Bereit zum Krieg. Kriegsmentalität im wilhelminischen Deutschland 1890–1914. Beiträge zur historischen Friedensforschung, Göttingen 1986, 56–73; R. van Dülmen, Der deutsche Katholizismus und der erste Weltkrieg, in: ders., Religion und Gesellschaft. Beiträge zu einer Religionsgeschichte der Neuzeit, Frankfurt a.M. 1989, 172–203; A. Holzem / C. Holzapfel, Der erste Weltkrieg in der Erfahrung von Katholiken, in: ThQ 182 (2002) 279–297.

      4 O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 48–52 berichtet, dass es bei der Bekanntgabe der Regierungserklärung Österreich-Ungarns an Serbien im katholisch geprägten Fulda zu Jubel und spontanen Kundgebungen in Restaurants und Cafés kam. Patriotische Lieder wurden angestimmt. Dasselbe wiederholte sich, noch einmal verstärkt, bei der Kriegserklärung Deutschlands an Russland. Der Andrang von Freiwilligen, gerade auch bei älteren Schülern und Studenten war enorm. Die Fuldaer Zeitung schrieb: „Die Heimat ist bedroht von asiatischen Barbaren“. Auch in den kommenden Monaten wird aus Fulda und dem Umland von patriotischen Treffen und Äußerungen berichtet, die auch von katholischen Vereinen und Verbänden ausgerichtet wurden. Ein – allerdings auswärtiger – Pfarrer feierte in einer klassischen Rede die Vaterlandsliebe und wies auf die jeden Bürger betreffenden „heiligsten Verpflichtungen Thron und Altar gegenüber“ hin. Seine Aufforderung zur Treue gegenüber Vaterland und Kaiser sei durch ein „donnerndes Hurra“ aus „vielen begeisterten Herzen“ beantwortet worden. Noch im Dezember 1916 wurde eine Rede beim Katholischen Volksverein, in der zu „Opfersinn und Tatkraft und Arbeit für den Endsieg“ aufgefordert wurde, mit starkem

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