Personalentwicklung im Bereich Seelsorgepersonal. Christine Schrappe
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3.1.3 Humanisierung (ab ca. 1970)
Das Leitbild der Anpassung der Mitarbeiter an die Organisation kehrte sich um. In den Vordergrund traten Akkommodationskonzepte, in welchen es um die Anpassung der Organisation an die Mitarbeiter ging. Die Rahmenbedingungen der Organisation sollten nach den Belangen der Mitarbeitenden, die Unternehmensziele nach den Interessen der Menschen ausgerichtet werden. Ziel war die Umsetzung von Werten und die Entfaltung der Humanbedingungen. Die Personalentwicklung (PE) in dieser Phase „gründet in der Regel bereits auf einheitlichen Grundsätzen. Grundsätze, die die Bildungs- und Förderarbeit für das ganze Unternehmen verbindlich regeln, sind:
• PE ist eine nicht delegierbare Managementaufgabe von hoher Priorität.
• PE arbeitet bedarfsorientiert.
• PE berücksichtigt die Entwicklungsbedürfnisse der Mitarbeiter.
• PE erfolgt auf freiwilliger Basis.
• PE ist eine Kooperationsaufgabe.“96
Die Strategie war eine bessere Spezialisierung im Personalwesen und eine stärkere Mitarbeiterorientierung der Personalfunktionen. Es ging um Humanisierung, Partizipation und Ausbau qualitativer Funktionen wie Aus- und Weiterbildung „off the job“, also um eine Erweiterung des außerbetrieblichen Fort- und Weiterbildungswesens. Das Lern- und Entwicklungskonzept „off the job“ umfasste alle Maßnahmen, die in räumlicher, zeitlicher Distanz zur Position stattfanden wie z.B. externe Führungsseminare oder technische Anwendungsschulungen. In den Geschäftsleitungen gab es nun Personalressorts und Personalstäbe, die Gesprächspartner für die Arbeitnehmervertretungen darstellten. Um Personalentwicklung als einen Teil der Organisationsentwicklung professionell betreiben zu können, haben sich Rollendifferenzierungen ergeben, welche unterschiedliche Spezialisierungen im Kontext der verschiedenen Handlungsebenen der Personalentwicklung bezeichneten. Die arbeitsteilige Ausgestaltung führte zu unterschiedlichen Funktionen. Stellen wie eigene Personalreferenten, Stabsstellen in der Personalarbeit, Ausbildungsleitungen und eigene Abteilungen für Fort- und Weiterbildung wurden geschaffen.
Neben konzeptionell und koordinierend zuständigen Personalentwicklern waren dies vor allem Trainer, internes Ausbildungspersonal, Dozenten für die betriebliche Weiterbildung, Coaches und Berater im Bereich der Führungskräftequalifizierung. Beratung stellte in den differenzierten Berufsrollen innerhalb der Personalentwicklung ein verbindendes Element dar. Personalmanagementfunktionen wurden in den Diözesen quantitativ und qualitativ ausgebaut, um kirchenspezifische Anliegen wir kooperative Führung, Zusammenarbeit aller Dienste und Berufsgruppen im Team voranzutreiben. Neben dem Anliegen der Beratung ging es um den Faktor „Lernen“ in umfassendem Sinn, sei dies als Führungskraft oder Mitarbeiter in einem diözesanen Subsystem oder im Sinne der organisationalen Kompetenzentwicklung. Personalbetreuung und kooperative Mitarbeiterführung waren nun Schlagworte, die Humanisierung von Arbeitsplätzen und Arbeitszeiten war angestrebt. Begriffe wie Personalentwicklung und Organisationsentwicklung beschreiben ein neues Denken.
3.1.4 Ökonomisierung (ab ca. 1980)
Nach der Phase der Humanisierung der Personalarbeit trat wieder der Aspekt der Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund. Hintergrund waren starke Markt- und Kundenorientierung, Globalisierung und Entwicklung neuer Technologien. Leitbild war der Unternehmer, der sich für das Unternehmen und dessen Erfolg einsetzt.97 Das Ziel hieß Anpassung von Organisation und Personal an veränderte Rahmenbedingungen. Die Interessen des Personals sollten den Unternehmensbelangen untergeordnet und den betrieblichen Rahmenbedingungen angepasst werden. Die Strategie war sowohl Generalisierung wie Zentralisierung, es ging um Entbürokratisierung und um die Rationalisierung von Personalfunktionen.
Durch gestiegenen Konkurrenzdruck im globalen Wettbewerb traten nun Aspekte wie Flexibilisierung der Arbeit, Rationalisierung des Entwicklungspotenzials bis hin zur Orientierung an Freisetzungspolitik in den Vordergrund. Ökonomische Überlegungen bekamen Vorrang. Nun wurde genau geprüft, ob sich innovative Lernformen wie kollegiale Beratung, Lerninseln und Qualitätszirkel auch wirtschaftlich lohnten, viele im Zuge der „Humanisierung“ entwickelten Instrumente des Lernens am Arbeitsplatz und Arbeitsstrukturen wie Teamarbeit wurden wieder zurückgefahren. Zertifizierungsprozesse in Bildungseinrichtungen, Erfolgskontrolle und Erfolgsdokumentation von Schulungsmaßnahmen waren neue Stichworte. Rentabilitätseinschätzungen sollten Art und Umfang entstandener Kosten mit Art und Umfang des gelernten Wissens und dem Ausmaß der sichtbaren Verhaltensänderung vergleichen. In den 80er Jahren setzte sich dabei die Einsicht durch, „dass eine bloße Input-Output-Analyse des Bildungserfolges bei weitem nicht ausreicht, um die Effizienz von Weiterbildungsaktivitäten zu erfassen oder sie gar systematisch zu beeinflussen. Man war darum bemüht, weniger den Erfolgskontroll- als vielmehr den Erfolgssteuerungsaspekt in der Weiterbildungspraxis stärker zu betonen – ein Anliegen, welches auch den Bildungscontrolling-Ansätzen der 90er Jahre zugrundeliegt.“98 Rolf Arnold benennt vier Qualitätsdimensionen im Bereich betrieblicher Fort- und Weiterbildung:
Der Zufriedenheitserfolg, der dann gegeben ist,
• wenn die Teilnehmer ihrer Zufriedenheit über Verlauf und Ergebnis des Lernprozesses Ausdruck verleihen,
• der Lernerfolg, der über die inhaltliche Qualität des Lernprozesses Auskunft gibt,
• der betriebswirtschaftliche Erfolg, der sich aus einem Kostennutzenvergleich ergibt,
• der Transfererfolg, der dann gegeben ist, wenn mit Hilfe des Gelernten betriebliche Abläufe verbessert werden können.99
Eine Gefahr wird in Ökonomisierungsbestrebungen deutlich: Personalentwicklungsmaßnahmen wie z.B. das Angebot zu kollegialer Beratung am Arbeitsplatz oder Supervision werden als Privatinteressen behandelt, institutionelle Angebote des Arbeitgebers wie Freistellung in der Arbeitszeit und Bezuschussungen werden eingefroren oder Etats im Bereich der Personalentwicklung zurückgefahren. Bis in die Gegenwart sehen sich die Personalführungs- und Personalentwicklungsabteilungen in deutschen Diözesen nicht selten in Konfrontation mit den Finanzkammern, treffen unterschiedliche Auffassungen von Personalarbeit aufeinander oder stehen Stellen und Aufgaben in der Personalentwicklung zur Disposition, wenn es um Kürzungen geht.
3.1.5 Unternehmerische Orientierung (ab ca. 1990)
Mitarbeiter sind überfordert, wenn sie vor Ort die Reformen oder den Reformstau ertragen, deuten und gestalten und als loyale „Mitunternehmer“ verantworten müssen, ohne selbst Unterstützung zu erfahren durch Schaffung adäquater Arbeitsstrukturen und Bereitstellung entwicklungsfördernder Rahmenbedingungen. Unternehmerische Orientierung meint die Gleichwertigkeit von Organisation und Personal als „Mitunternehmer“. Personalentwicklung wird nicht nur als Aufgabe einzelner Abteilungen, sondern als strategische Aufgabe des Gesamtunternehmens gesehen. „Ging es in den 60er Jahren noch darum, dass Arbeitnehmer befähigt wurden, Anweisungen gut und qualifiziert auszuführen, geht es im Produktions- wie im Dienstleistungssektor immer mehr darum, den gesamten Arbeitsprozess in seinen Teilen zu verstehen, das technische Können mit berufstheoretischen Fähigkeiten zu verbinden und in der Lage zu sein, Abläufe verantwortlich und im Team zu gestalten.“100
Arnold sieht in der 1987