Die katholische Kirche und die Medien. Wolfgang Beck
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Das Verhältnis von Religion und Öffentlichkeit unterliegt in modernen Gesellschaften massiven Wandlungsprozessen. Die Präsenz von (meist extremistischen) Ausformungen von Religion in den Medien und öffentlichen Debatten im 21. Jahrhundert sind vereinzelt sogar Anlass, von einer „Wiederkehr der Religion“ zu sprechen.
In dem Bemühen von medienhermeneutischen Ansätzen wird ein prophetischer Ansatz bedeutsam, der nicht nur von vagen Zukunftsprognosen und auch nicht nur von kritischen Gegenwartsanalysen bestimmt ist, sondern sich als aktives Einmischen in Prozesse der Gegenwart versteht, um darin zeitgenössische Solidarität zu realisieren. So ist die naheliegende Frage, wie ein „Einmischen“ in den Mediensektor in der katholischen Kirche beobachtet und analysiert werden kann.
In der Nachkriegsgeschichte der katholischen Kirche in Deutschland sind mit der institutionellen Ausdifferenzierung der Kirche auch eine Fülle von Medienaktivitäten entstanden. Besondere Impulse gingen zudem vom Zweiten Vatikanischen Konzil und dem Dekret „Inter Mirifica“127 zum Umgang der Kommunikationsmittel aus.
Zu ihnen gehören auf Ebene der Diözesen Pressestellen, aber auch religions- und medienpädagogische Arbeitsstellen, die einerseits Medien für Katechese und Religionsunterricht für Haupt- und Ehrenamtliche anbieten und andererseits der Entwicklung von Medienkompetenzen bei pastoralen Akteur_innen fördern sollen. Im weiteren Sinn sind auch Diözesanbibliotheken und Pfarrbibliotheken zu diesem Angebot zu zählen. Einzelne Diözesen haben darüber hinaus in der Gestaltung eines eigenen, regionalen Medienprofils profilierte Schwerpunkte gebildet. Das kann beispielhaft an dem Internetradio www.domradio.de der Erzdiözese Köln veranschaulicht werden, aus dem seit seiner Gründung im Jahr 2000 ein wichtiger Anbieter von kirchlichen und gesellschaftlichen Informationen, Debatten und gottesdienstlichen Angeboten geworden ist.
Zahlreiche Medienaktivitäten wurden zudem auf Bundesebene gebündelt und in Trägerschaft der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) entwickelt. Dies galt für den „Film-Dienst“, bei dem alle in Deutschland gezeigten Kinofilme in einer eigenen Zeitschrift rezensiert wurden. Im Jahr 2004 kam das gemeinsame Internetportal www.katholisch.de hinzu. Es gilt als Beispiel dafür, dass journalistisches Arbeiten zunehmend im Rahmen eines kirchlichen Angebotes an Bedeutung gewinnt.
Zu den großen Ansätzen der Bischofskonferenz gehört ein eigenes Institut zur Ausbildung von Journalist_innen, das 1968 gegründet wurde. Es hat sich weit über kirchliche Kreise hinaus einen herausragenden Ruf in der Szene journalistischer Ausbildung erworben. Seit 2008 residiert das „Institut zur Förderung des publizistischen Nachwuchses“ (ifp) in München und bietet studienbegleitende Ausbildungsgänge und berufsbegleitende Seminare an.
Ähnliche Ausbildungsangebote zur Vermittlung journalistischer Kompetenzen werden von kirchlichen Einrichtungen auch im Umfeld universitärer Felder angeboten. Sie verstehen sich in der Regel als Beitrag, Kommunikationsprobleme128 zwischen kirchlicher Öffentlichkeitsarbeit und Journalist_innen zu verringern. Eng verbunden mit der Qualifizierung journalistischer Nachwuchskräfte und der Arbeit von www.katholisch.de ist die Katholische Nachrichtenagentur (KNA). Sie bietet kirchliche und kirchennahe Informationen, unterhält Korrespondentenbüros, Landes- und Regionalbüros.
In weitgehender institutioneller Unabhängigkeit ist schon 1995 das Internetportal www.kath.de entstanden. Es stellt eines der frühen Informationsportale von kirchlichen und gesellschaftlichen Veröffentlichungen im Internet dar. Zu einer besonderen Herausforderung haben sich daneben Portale und Internetforen aus dem traditionalistischen Milieu entwickelt. Sie zeichnen sich in der Regel durch Schwerpunktsetzungen im traditionellliturgischen Bereich wie durch eine politische Nähe zu nationalkonservativen und rechtspopulistischen Gruppierungen aus.129
Auch die Vernetzung von katholischen Journalist_innen in der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands (GKP) gehört zu den Initiativen, die jenseits institutioneller Ansätze Vernetzungen von journalistischen Akteur_innen ermöglichen.
Dass die rechtliche Basis der Konkordate kaum mehr der kirchlichen Stellung in der Gesellschaft wie auch der Entwicklung der Medien entspricht, wird im Aufbau von Spartensendern wie KiKA, Arte oder 3Sat oder bei Internetformaten von ARD und ZDF sichtbar. Da hier nicht auf jahrzehntelange Erfahrungen und Traditionen aufgebaut werden kann, müssen neue Formate und das Maß kirchlicher Präsenz durch eigenverantwortete Sendungen jeweils neu verhandelt werden. Als Beispiel kann hier auf die Kooperation von ARD und ZDF verwiesen werden, die mit dem Titel „Funk“ im Jahr 2016 ein internetbasiertes Fernsehprogramm für Jugendliche und junge Erwachsene entwickelte (vgl. www.funk.net). Darin sind katholische und evangelische Kirche mit der Sendung „frei.willig. weg“ vertreten.
Zur Geschichte der katholischen Medien gehören seit den 1960er-Jahren auch Unternehmen, mit denen die kirchlichen Medienaktivitäten gebündelt und effektiv gestaltet werden sollten. Zu größerer Bekanntheit gelangte dabei das Verlagshaus Weltbild, das mit Buchläden in ganz Deutschland einer größeren Öffentlichkeit bekannt ist. Vor allem mit seiner Insolvenz im Jahr 2014 erlangte das Verlagshaus traurige Berühmtheit und warf Diskussionen um die Notwendigkeit von Wirtschaftsunternehmen im Besitz von Diözesen auf.130 Andere Unternehmen, wie die Tellux-Gruppe, eine seit 1960 bestehende Produktionsgesellschaft aus 22 Einzelunternehmen, bestehen fort und bilden ein ausdifferenziertes Netzwerk. Dazu gehören Verlage für religiöse und theologische Literatur, zu deren Anteilseignern verschiedene Diözesen gehören (wie z. B. der Benno-Verlag im Besitz von vier ostdeutschen Diözesen), Verlage von Ordensgemeinschaften und Säkularinstituten (z. B. Vier-Türme-Verlag der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, Don-Bosco-Verlag des Salesianerordens) und auch Verlage, die sich vorrangig durch ihre Angebotspalette mit religiösen, theologischen oder katechetischen Veröffentlichungen im kirchennahen Umfeld verorten.
Zu den großen Veränderungen der Medienarbeit der katholischen Kirche gehörte die Gründung des Katholischen Medienhauses in Bonn. Unter einem gemeinsamen Dach wurde hier die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) mit dem Informationsportal „www.katholisch.de“, der Zeitschrift „Filmdienst“ und bis 2016 der ZEIT-Beilage „Christ und Welt“ (vormals Rheinischer Merkur) zusammengeführt und die Videoproduktion konzentriert.
Das Portal „www.katholisch.de“ gehört in den zurückliegenden Jahren zu den profiliertesten und ambitioniertesten Aufbrüchen der institutionellen katholischen Medienarbeit. Es bildet das lange Zeit erfolglose Bemühen einer gemeinsamen und einheitlichen Medienpräsenz der deutschen Diözesen ab. Neben diesem vielbeachteten Projekt der Bischofskonferenz haben sich freie Initiativen mit großer Kreativität und beachtlichen Nutzerzahlen entwickelt. Im überkonfessionellen Bereich der Printmedien kann dies für das „Froh-Magazin“ gesagt werden. Im Bereich digitaler Veröffentlichungen sind das „sinnstiftermag“ oder seit 2014 das theologische Feuilleton „www.feinschwarz.net“