Die wilde Reise des unfreien Hans S.. Martin Arz
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Читать онлайн книгу Die wilde Reise des unfreien Hans S. - Martin Arz страница 13
»Ich dachte, man kann als Janitschar nur innerhalb des Korps aufsteigen.«
»Meist ja. Aber das letzte Wort hat immer unser Vater Bayezid der Blitz.« Bahadir klopfte Hans auf die Schulter. »Du bist zu gut im Schwertkampf, um mit den anderen zu trainieren. Du wirst dem Übungsleiter ab sofort assistieren und deine Kunst den anderen zeigen.«
»Danke für die Ehre«, sagte Hans erfreut.
»Dafür musst du mehr mit dem Bogen üben. Ach, und einen guten Rat noch, Hans. Du hast sicher den hohen Herrn schon bemerkt, der ab und zu vorbeikommt und euch inspiziert.«
Hans nickte. Der Suppenmacher konnte nur den massigen Edelmann meinen, den Prackl, den er zum ersten Mal in Gallipoli gesehen hatte.
»Das ist der Beylerbey, Herr der Herren, der Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Gouverneur von Rûm, Lala Nedim Pascha, der Sohn des großen Lala Schahin Pascha. Über ihm stehen nur die Wesire und der Sultan. Ein äußerst wichtiger und einflussreicher Herr. Der bedeutendste Stratege unseres Sultans. Dein blonder Freund mit den blauen Augen gefällt ihm, glaube ich. Aber ihm zu gefallen ist nicht immer erstrebenswert. Das ist nur ein Rat. Ich glaube nicht, dass du ihm gefallen möchtest.«
»Das verstehe ich nicht, Herr.«
»Das wirst du früher oder später.« Bahadir wandte sich zum Gehen. »Ach, eines noch, gefallen euch die Tricktrackspiele, die ich euch zukommen ließ? Ich habe sie dem Blonden gegeben, der offenbar Lala Pascha gefällt.«
»Ja, Herr, Yorick hat sie verteilt. Danke, Herr!« Dieser verdammte Yorick mit seiner Geheimniskrämerei.
5 Schwarze Dämonen
Es hatte drei Tage geregnet, der Boden war weich. Keine optimalen Bedingungen für eine Schlacht. Immerhin schien an diesem Tag endlich die Sonne, die feuchten Zelte dampften in der Wärme. Sie hatten in der Früh im nahen Dolay-Bach gebadet und sich von der Aprilsonne trocknen lassen, bevor es zum Frühstück ging. Es gab Fleisch für alle, Kraftfutter für den Kampf. Vor ihnen lag die Ebene von Konya. Im Osten erahnte man die Zitadelle der Stadt, deutlich besser sah man die Truppen des Gegners, die vor der Stadt lagerten. Weit in der Ferne leuchteten die weißen Gipfel des Taurusgebirges.
Hans war gespannt, wie ihr erster Einsatz verlaufen würden. Sultan Bayezid musste seinen Schwager zur Räson bringen, den aufrührerischen Alaeddin Ali, König von Karaman. Alaeddin Ali war ein ständiger Dorn im Fleisch der Osmanen. Er hatte schon gegen Bayezids Vater Murad Krieg geführt, hatte andere anatolische Herrscher gegen den Sultan aufgewiegelt, und seit einiger Zeit paktierte er ganz offen mit dem berüchtigten Tamerlan, dem Tatarenherrscher, der das Reich Bayezids bedrohte. Die Abwesenheit des großen Sultans während der Schlacht von Nikopolis hatte Alaeddin Ali dreist dazu genutzt, Anatolien zu besetzten und den Gouverneur Timurtasch Pascha gefangen zu nehmen. Schwager oder nicht, Bayezid wollte im Frühjahr 1398 mit aller Härte gegen Alaeddin Ali vorgehen. Wozu hatte der Vater die Schwester mit dem rebellischen Fürsten verheiratet? Gewiss nicht einfach so. Niemand bekam einfach so eine Prinzessin, schon gar nicht Bayezids Schwester Nefise Melek Sultan Hatun, die bei der Hochzeit zarte fünfzehn Lenze zählte, also im allerbesten Hochzeitsalter steckte. Dafür konnte man Loyalität und dauerhaften Frieden erwarten.
Beim Auszug aus Bursa hatte Hans endlich einen kurzen Blick auf die prachtvolle Hauptstadt erhaschen können. Wenn er zurückkäme, dann würde er diese Stadt erkunden. In München waren steinerne Häuser noch immer eine Seltenheit, auch wenn langsam die Ziegelproduktion in einem räudigen Kaff namens Haidhausen östlich der Stadt angekurbelt wurde. Hans hatte mehrere Stadtbrände erlebt, große und kleine. Kaiser Ludwig der Bayer hatte zwar schon vor Jahrzehnten verfügt, dass alle neu erbauten Häuser zumindest Ziegeldächer haben mussten, um den Funkenflug zu unterbinden, doch die wenigsten Bauherren hielten sich daran. Holz und Lehm waren einfach billiger als Ziegel. Da es im gesamten Umkreis von München keine Natursteinvorkommen gab, konnten sich nur die Reichsten Steinhäuser leisten. Wie hatte Hans gestaunt, als er unterwegs in Wien und Buda und auch Nikopolis viele Steinhäuser gesehen hatte. Und nun in Bursa schienen sie praktisch nur Steinhäuser zu haben. Eine Art Zukunftsvision von München.
Sie zogen in strammen Märschen durch die bergige, teils hochgebirgige Landschaft. Vorneweg die Träger des großen Suppenkessels, dann die Musiker, gefolgt von den Janitscharen, dann der Sultan mit großem Gefolge, die Generäle und die Reiterei. Das Schlusslicht bildeten wie immer die Marketender, die fast alles bereithielten, womit man Krieger bei Kräften und Laune halten kann.
Wir folgen tatsächlich einem Suppenkessel, dachte Hans.
Als sie das Lager auf der beinahe baumlosen Steppe vor der Oasenstadt Konya aufschlugen, öffnete sich kurz das Haupttor der Stadt. Eine kleine Karawane von zerlumpten Gestalten verließ die Stadt. Männer, Frauen und Kinder. Nur wenige konnten aufrecht gehen. Sie humpelten und krochen so schnell sie konnten davon, um aus der Schusslinie zu kommen. Man hatte die Aussätzigen, Krüppel und Bettler davongejagt, um sie nicht bei einer Belagerung mit durchfüttern zu müssen.
Das erste Treffen der Kriegsparteien war kaum mehr als ein abtastendes Kräftemessen. Der Pfeilregen der einen Seite wurde mit dem Pfeilregen der anderen beantwortet, bevor die Fußtruppen aufeinanderprallten. Sultan Bayezid setzte nur einen kleinen Teil der erfahreneren Janitscharen, unterstützt von Sipahi-Reitern, ein. Hans und seine Orta blieben im Lager. Fußkämpfer zu sein, war für sie neu. Sie standen bereit, falls der Einsatzbefehl kommen würde und fachsimpelten über den Schlachtverlauf. Wobei sie mehr interpretierten, als sie tatsächlich sehen konnten. Denn was die hin und her jagenden Boten den hohen Herren mitzuteilen hatten, konnten sie nicht hören.
»Ouuuh, der steht nicht mehr auf!«
»Ich hätte ja mit dem Schwert und nicht mit der Axt zugeschlagen.«
»Quatsch, siehst doch, dass das Schwert mehr gebracht hat!«
»Scheiß Matsch. Da kann doch keiner vernünftig standhalten. Voll weggerutscht!«
»Der Alaeddin hat keine Chance, Mann. Warum schickt der Sultan, unser Vater, nicht mehr Männer? Die fegen wir doch weg! Das sind doch nur Stammeskrieger.«
»Von Strategie hast du auch noch nie was gehört, oder?«
»Was ist jetzt? Signal zum Rückzug? Wieso das denn?«
»Alaeddin Ali zieht sich doch auch zurück.«
»Ja, eben, da muss man doch nachrücken!«
»Klugscheißer.«
Die Schlacht am Nachmittag verlief heftiger, aber ebenso ergebnislos und ohne Einsatz der jungen Janitscharen. Enttäuschung machte sich breit. All das angestaute Adrenalin verpuffte. In und vor den Zelten vertröstete man sich auf morgen, während die Suppenmacher sich über die Zahl der Gefallenen und Verletzten informieren ließen. Die Ärzte hatten alle Hände voll zu tun, doch die Verluste hielten sich in Grenzen. Ihr Vater, Sultan Bayezid der Blitz, und Alaeddin Ali von Karaman hatten sich durch Boten auf einen Waffenstillstand für die Nacht geeinigt, ließ man die Truppe wissen.
Kaum war die Sonne untergegangen, verflüchtigte sich auch die Frühlingswärme. Überall zwischen den Zelten wurden Feuer entfacht, und Essensdüfte stiegen in die Nasen. Zur Überraschung aller kam unmittelbar nach dem Essen der Befehl des Sultans, dass alle Feuer nun zu löschen seien. Man werde die Nacht in völliger Dunkelheit verbringen. Erschöpft von Märschen verkrochen sich die meisten aus Hans’ Orta in die Zelte und schliefen sofort ein. Tosender Lärm ließ sie bald hochschrecken. Von Konya her schallten Pauken und Trompeten.
»Die