FEURIGE RACHE. Ralf Feldvoß

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FEURIGE RACHE - Ralf Feldvoß

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die vermeintlich verlorene Zeit des gestrigen Tages wieder etwas einzuholen.

      Die Gruppe war vollständig, mit einer Ausnahme jedoch. Alessandro fehlte. Sein Zeltkumpan Emilio Traverso konnte auch nicht sagen wo er blieb. Er berichtete, dass Alessandro schon nicht mehr da war, als er, Emilio, um kurz nach fünf wach wurde.

      Petra und Franz wechselten einen schnellen Blick. In Petras Mime tat sich etwas wie Beunruhigung auf, auch wenn sie dieses Gefühl nicht hätte näher beschreiben können. Was konnte das bedeuten? Hatte es überhaupt etwas zu bedeuten, oder gab es eine einfache Erklärung dafür?

      „Emilio!“, rief sie und bedeutete ihm zu ihr zu kommen. Emilio gehörte zu denen aus der Truppe, die schon im Sommer hier waren. Emilio und Alessandro waren die einzigen beiden der Alteingesessenen, die gemeinsam ein Zelt bewohnten. Alle anderen waren so aufgeteilt, dass immer ein neues Teammitglied mit einem alten zusammengelegt war, um so den Teamgeist zu stärken. Ansonsten, so war die Befürchtung, würden sich eventuell zwei Gruppen bilden können und das wäre bei einer Expedition dieser Art gefährlich, wenn man sich nicht zu hundert Prozent auf jeden Einzelnen verlassen konnte, oder zumindest das Gefühl bestand, dass es so sein könnte.

      „Ja, Frau Dr. Maurer?“ Emilio war schon früher schwer davon zu überzeugen gewesen, dass es in Ordnung war, wenn er Petra duzte. Er blieb immer noch bei seiner Meinung, dass sie eine Respektsperson war und somit gesiezt werden müsse. Er war stets höflich und zuvorkommend. Petra hatte es irgendwann aufgegeben, ihn davon zu überzeugen sie zu duzen.

      „Emilio, du und Alessandro habt den ganzen Sommer miteinander hier verbracht. Hast du eine Idee, wo er sein könnte? Hat er einen Lieblingsplatz, wo er sich aufhalten und die Zeit vergessen haben könnte? Ist er früher schon mal einfach verschwunden?“

      Emilio überlegte kurz und verneinte dann. „Nein, ich wüsste nicht, dass er so einen Platz hat. Er redet halt nicht viel, was mir, ehrlich gesagt, auch ganz recht ist. So habe ich meine Ruhe. Verschwunden ist er früher schon, ja, aber das ist in den vergangenen Monaten jeder mal, auch ich.“

      Petra kam das trotzdem merkwürdig vor. Sie wollte gerade eine Suche veranlassen, als eine Stimme vom Eingang der Höhle her alle Köpfe dorthin umdrehen ließ.

      „Da seid ihr ja. Ich bin schon ein Stückchen vorgegangen.“ Alessandro stand dort in voller Montur und machte einen unschuldigen Blick, als wenn er kein Wässerchen trüben könnte.

      „Sag mal spinnst du!?“, entfuhr es Petra etwas lauter und schärfer, als sie es beabsichtigte. Alessandro starrte sie an, so wie alle anderen auch, als sei er ein kleiner Junge, der bei einer Dummheit erwischt worden war, die er selber nicht richtig einzuschätzen wusste. Niemand kannte sie so, dass sie so einen bösen Ton annehmen konnte. Nicht einmal Paul, der mit seiner tolpatschigen Art Petra häufiger zur Weißglut brachte und sie manchmal durchaus Grund dazu hätte.

      „Was denn? Ich wollte doch nur den Seismographen an Ort und Stelle nochmal überprüfen. Nicht das wir drinnen wieder einen Fehlalarm bekommen.“ Unschuldig schaute er Petra aus seinen ungewöhnlich hellblauen Augen direkt an.

      Die Erklärung war durchaus plausibel, das konnte niemand abstreiten, aber dennoch hat er sich damit einer Gefahr ausgesetzt, die gestern schon angesprochen wurde, als es darum ging ihn alleine ins Camp zu schicken.

      Petra schnaufte tief durch, um sich wieder zu beruhigen. „Trotzdem. Du kannst nicht einfach alleine in die Höhle gehen und schon gar nicht, ohne jemand Bescheid zu sagen.“ Verständnislos schüttelte Petra den Kopf. „Wenn wir morgen Abend wieder zurück sind, werden wir uns unter vier Augen nochmal über die Regeln des Camps und der Expedition unterhalten.“ Eine Strenge huschte über ihr Antlitz, bei der selbst ihre Eltern verwundert gewesen wären. Eine ganz andere Petra schien in diesem Moment an die Oberfläche zu kommen. Eine Petra, die seit über dreißig Jahren irgendwo in ihr geschlummert haben muss.

      Alessandro senkte beschämt den Kopf bei diesen Worten. Er war einer der Ersten, die damals für diese Aufgabe ausgesucht wurde und nun musste er sich vor dem komplett versammelten Team wie ein Schuljunge behandeln lassen, der bekannt für seine Streiche war. Das passte ihm gar nicht.

      „Gehen wir!“, rief Petra laut genug, dass auch der Letzte sie hören konnte. Der Treck setzte sich in Bewegung. Petra, Franz und Enrico marschierten vorne weg, gefolgt von Alessandro, Marie und Paul. Dahinter folgten die angestellten Wissenschaftler und andere Fachkräfte. Den Abschluss bildeten die acht Hilfskräfte, Studenten der neapolitanischen Universität, von denen jeder einen Bollerwagen mit der Verpflegung, den Gerätschaften und den Schlafsäcken hinter sich herzog.

      Das Gerumpel der Räder von den Bollerwagen hallte in der Höhle nach und bewirkte zusammen mit dem ebenso widerhallenden Geräusch des Getrappels und Gestampfe der schweren Schuhe, die jeder tragen musste, ein unheimliches Gefühl in dieser Enge und Dunkelheit. Diesmal kamen sie problemlos und ohne durch irgendeinen Fehlalarm hervorgerufene Zwischenfälle gut voran. Die Karten schienen ihre Genauigkeit beizubehalten, es gab keine, oder nur geringfügige Abweichungen, die aber nicht der Rede wert waren.

      Der Geruch nach Schwefel schwankte sehr stark. Mal war es kaum auszuhalten und an anderen Stellen schien er fast gar nicht vorhanden zu sein. Hier roch man nur die Feuchtigkeit und wie zur Bestätigung gab es an diesen Stellen zahlreiche Rinnsale an denen Wasser die Wände hinab glitt und leise plätschernd und blubbernd im Boden verschwand. Und es wurde kälter. Waren es draußen noch an die dreißig Grad, entwickelte sich die Höhle mit zunehmender Feuchtigkeit den Temperaturen eines Kühlschrankes. Die Ersten zogen sich bereits die dicken Westen über, um nicht zu sehr zu frieren. Dies konnte nur bedeuten, dass sie sich vom Zentrum der vulkanischen Aktivität entfernten.

      Erst als sie nach knapp zwei Stunden an eine Abzweigung kamen, von der es in drei verschiedene Richtungen weiter ging, standen sie vor einem Problem. Auf der Karte gab es lediglich einen Weg, der von einer größeren Kaverne unterbrochen wurde, vorausgesetzt sie waren auch an dem Punkt der Karte, von dem sie annahmen, dass das ihr derzeitiger Standort war.

      Petra rief den Trupp zum Halt. „Wir machen hier eine kurze Pause von zwanzig Minuten!“, verkündete sie und bat Franz und Enrico zu sich.

      „Was meint ihr? Ist das der Punkt wo wir sein sollten, oder haben wir uns jetzt schon verlaufen?“, fragte sie mit einem Blick auf die Karte, die sie auf ihrem Schoß ausgebreitet liegen hatte. Selbstzweifel ergriffen sie. Sie war sich sicher, dass sie exakt den Weg genommen haben, den die Karte zeigte. Sie konnte sich auch nicht an irgendeinen abzweigenden Weg erinnern, an keinen noch so kleinen Durchlass, oder Spalte. Petra war sich absolut sicher an dem richtigen Punkt zu sein, sie hatte sich noch nie in einer Höhle verlaufen.

      „Ich bin mir sehr sicher, dass wir genau da sind wo wir sein sollten“, antwortete Franz und warf dabei ebenfalls einen Blick auf die Karte. Dann richtete er den Blick nach oben und deutete auf die Decke und die Wände. „Das, was wir vor uns sehen ist noch nicht sehr alt. Hier muss es in jüngster Vergangenheit einen Einsturz gegeben haben, ganz eindeutig, wenn ihr mich fragt. Dieser Einsturz hat dann diese Kaverne frei gegeben. Seht euch das Gestein mal ganz genau an, dann erkennt ihr die unterschiedlichen Schattierungen in der Farbe. Die helleren Stellen, das sind die Bruchstellen“, erklärte er.

      Petra und Enrico richteten ihre Blicke nach oben auf die angedeuteten Stellen, die Franz meinte. „Ich sehe was du meinst“, sagte Petra. „Da oben, an dem kleinen Knick kann man es gut erkennen. Aber was hat das dann zu bedeuten?“

      „Ich denke, dass kürzlich eine Erschütterung stattgefunden haben muss, ein Erdbeben, oder eine leichte Erdkrustenverschiebung. Es muss nicht einmal ein spürbares Erdbeben gewesen sein. Diese Erschütterung hat das Gestein über uns zum Einsturz gebracht und diese Kaverne, die demnach schon immer dahinter gelegen haben muss, frei gelegt.

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