Der rote Feuerstein. Kim Scheider
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Читать онлайн книгу Der rote Feuerstein - Kim Scheider страница 8
So, jetzt war es raus.
„Du?
Königin von Atlantis?
Demnächst?”
Dazu fiel dem Jungen nun wirklich gar nichts Gehaltvolles mehr ein. Das wurde ja immer besser.
Herausfordernd stemmte die Fee die Arme in die Hüften und suchte seinen Blick. „Nun frag schon!”
„Was?”
„Warum ausgerechnet ich Königin von Atlantis werden soll natürlich!”
Das war tatsächlich genau die Frage, die Paul gerade durch den Kopf gegangen war. „Ja genau! Warum sollst ausgerechnet du Königin von Atlantis werden?”
„Das ist eine längere Geschichte”, antwortete Vicki ausweichend, aber Paul konnte spüren, dass sie förmlich darauf brannte, sie endlich loszuwerden.
„Macht nichts, erzähl schon!”
Ungeduldig rutschte Paul in seinem Bett hin und her. Zwischendurch warf er immer mal wieder nervöse Blicke in Richtung Wohnzimmer. Hoffentlich würden seine Eltern noch ein Weilchen weiterschlafen. Dem ausgiebigen Schnarchen seines Vaters nach zu urteilen war jedenfalls alles noch in bester Ordnung. Erleichtert widmete er seine Aufmerksamkeit wieder der nächtlichen Besucherin.
Die Fee atmete tief durch, als müsse sie sich für das, was nun kommen sollte, erst noch stärken. „In Atlantis leben unvorstellbar viele Wesen, manche sogar mehrmals”, begann sie schließlich und sofort braute sich ein überdimensionales Fragezeichen über Pauls Kopf zusammen. Doch Vicki ließ ihm keine Zeit, dazwischenzufragen.
„Frag nicht, es ist halt so. Den Rest muss ich dir ein andermal in Ruhe erzählen, dafür ist jetzt nicht auch noch Zeit. Also, wie gesagt, unvorstellbar viele und manche sogar mehrfach. Nur ein kleines Beispiel: Merlin läuft bei uns bestimmt dreihundertfünfzigmal herum und jeder sieht ein bisschen anders aus und hat teilweise auch andere Charaktereigenschaften.”
„Aber wie kann das sein?”, unterbrach Paul sie dann doch.
„Ein andermal, ja? Jetzt lass mich erstmal weiter erzählen!" Wieder musste sie sich erst kurz sammeln. „Jedenfalls, wo so viele unterschiedliche Wesen zusammenleben, gibt es strenge Regeln und Gebote. Und es gibt natürlich auch immer einen König oder eine Königin, die dafür zu sorgen haben, dass diese Gesetze auch eingehalten werden.”
„Und wie wird man König von Atlantis? Wird das vererbt? Bist du deshalb eine Prinzessin?”
Die Fee stöhnte, wie unter einer großen Last. „Nein, das wird ausgelost.”
„Wie bitte?” Ungläubig starrte Paul sie an. Es war für ihn unvorstellbar, dass über eine so wichtige Entscheidung der bloße Zufall entscheiden sollte. Vicki hingegen schien voll und ganz hinter dieser Praxis zu stehen.
„Das Los entscheidet“, wiederholte sie entschieden. „Das ist doch die gerechteste Sache von der Welt. Ihr mit eurer Demokratie und all dem Kram, das funktioniert doch gar nicht. Bei uns wirft einfach jeder, der König oder Königin werden möchte, einen Zettel mit seinem Foto in einen großen Kessel. Dann wird umgerührt und einer der nicht König werden möchte, lost dann den nächsten Herrscher von Atlantis aus. So einfach ist das.”
Dass Paul da ganz anderer Meinung war, lag ihm zwar schon auf der Zunge und am liebsten hätte er ihr eine kurze Einführung in die Vorzüge der Demokratie gegeben, aber selbst er wusste manchmal, wann es angebracht war, sich mit der Besserwisserei zurückzuhalten.
„Und da hält sich dann auch jeder dran?”, wagte er dennoch zu fragen.
„Naja, wie wir sehen, nicht ganz“, gestand die Fee ein. „Es wird auch direkt ein stellvertretender zukünftiger König mitgewählt. Kommt schon mal vor, dass der Zukünftige, aus welchen Gründen auch immer, verhindert ist, wenn seine Krönung dann ansteht. Deshalb werden bei jeder Krönungsfeier eines neuen Amtsinhabers immer gleich ein zukünftiger und ein stellvertretender zukünftiger König gewählt. Und es sieht ganz so aus, als möchte der Stellvertretende die Zukünftige vorzeitig aus dem Weg schaffen!”
„Der Rochusmensch ist der Stellvertretende”, fügte sie mit trauriger Stimme hinzu.
„Warum -?”
„Nun unterbrich mich nicht dauernd!”, schimpfte Vicki genervt. „Weißt du eigentlich gar nichts über Atlantis?”, fragte sie plötzlich.
Paul zuckte mit den Schultern. „Nö, nur, was man so hört.”
Er gab ihr einen kurzen Einblick in das, was er bislang hatte in Erfahrung bringen können – die Ansichten des Philosophen Plato, Atlantis als Wiege der Menschheit, außerirdische Basisstation, Menschen als Experiment, irgendwann irgendwo untergegangen...
„Oh je, nee Mann, vergiss den ganzen Quatsch mal gleich! Damit hat Atlantis nun wirklich gar nichts zu tun. In Atlantis leben -” Vicki hielt plötzlich erlöschend inne, gab Zeichen, die wohl bedeuteten, dass er sich schnell hinlegen solle und ließ sich schließlich selber hastig in eine Falte des Bettbezuges fallen.
Keine Sekunde zu früh.
Der Junge hatte sich gerade so drapiert, dass es aussah, als würde er schlafen, da kam seine Mutter schlaftrunken ins Zimmer gewankt. Sie blickte ihn kurz lächelnd an, strich ihm, wie sie es immer tat, über den Kopf und ließ sich dann ins Bett fallen, wo sie offenbar sofort weiterschlief.
Paul wartete einen Moment, dann wollte er nach Vicki suchen, doch prompt kam auch sein Vater herein geschlappt, um ihm ebenfalls kurz über den Kopf zu strubbeln.
Leider schien er nicht so leicht wieder in den Schlaf zurückzufinden. Während Paul auf gleichmäßige Atemgeräusche seines Vaters wartete, übermannte es ihn selbst und er schlummerte, zum Glück traumlos, bis weit in den Morgen.
Als er aufwachte, war weit und breit keine Fee zu finden, weder eine gute, noch eine böse.
Das Thema des Tages
Mit den hundert bis tausend Fragen, die Paul beim zugegebenermaßen sehr späten Frühstück durch den Kopf gingen, hätte er sicherlich ein ganzes Buch füllen können. Natürlich, er hatte auch einiges Neues erfahren, zum Beispiel über die Rochusmenschen. Doch was es mit ihnen und vor allem mit Atlantis nun genau auf sich hatte, wusste er noch immer nicht. Letztendlich hatten sich nur so viele neue Fragen ergeben, dass es ihm vorkam, als wäre keine einzige beantwortet worden.
Und jetzt ließ Vicki ihn einfach so sitzen.
Das war eindeutig unfair!
Sie wird sich doch nicht einfach alleine auf den Weg gemacht haben?, dachte er erschrocken und fasste sich unwillkürlich sofort an die Brust. Aber nein, der Stein war noch da und alleine hätte sie ihn ja sowieso nicht zum Tor schaffen können.
„Dieses Atlantis scheint ja ziemlich interessant zu sein”, bemerkte Pauls Vater plötzlich.
Ertappt starrte Paul ihn an.
„Woher weißt du...?”, wollte Paul gerade fragen, da fiel