BESESSENHEIT. Kiki Abers
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-Liebling, ich habe leckeren Kaffee gebracht.-
Viktor schob die Gardine an die Seite, und das ganze Zimmer füllte sich sofort mit Sonne. Sophie öffnete langsam die Augen.
-Hmmm, was für ein wunderschönes Aroma! Wie spät ist es schon?- Sie reckte sich im Bett.
-Es ist neun. Ich wollte dich nicht früher wecken. Nach der gestrigen Party war die Erholung für dich notwendig.-
Er goss den Kaffee in die Tassen, eine von ihnen reichte er seiner Frau, trank aus der anderen und setzte sich auf die Bettkante. Seit langer Zeit zelebrierten sie eine solche Sonntagssitte, dass derjenige, der als erster aufstand, den Kaffee in das Schlafzimmer brachte und wieder unter die Decke kroch. Sie genossen den Geschmack und Duft des Kaffees, verbrachten noch einige Zeit im Bett, und erst danach frühstückten sie.
-Viko, für wie viel Uhr hast du bei Frau Kristina das Frühstück bestellt?- fragte Sophie und setzte sich im Bett bequemer hin.
-Noch haben wir ein bisschen Zeit, für zehn. Ich dachte, dass sie auch länger schlafen wollte, aber ach wo, als ich um acht in die Küche kam, hantierte sie schon dort. Ich bat sie auf der Terrasse zu decken, es ist wieder ein wunderschöner Tag. Es verspricht wieder heiß zu werden.-
-Fragtest du Alexander, ob sie wenigstens heute nach unten zum Frühstück kommen? -
-Nein, Sophienchen, ich habe nicht gefragt, denn ich weiß, dass sie immer am Sonntag allein sein möchten, aber bestimmt werden sie mit uns zusammen zu Mittag essen. -
Er stellte die leere Tasse auf einem kleinen Tischchen ab und zog seinen seidenen Morgenmantel aus.
-Gehst du unter die Dusche?- fragte sie und schluckte den letzten Kaffee herunter.
-Nein, jetzt habe ich für dich eine Überraschung, komm mit mir.- Er streckte ihr beide Hände entgegen, half ihr aufzustehen und
führte sie in das Bad. Die riesig große Badewanne war voll mit Wasser, dessen Oberfläche ganz mit roten, duftenden Rosenblättern bedeckt war.
-Viko, mein Geliebter.- flüsterte sie gerührt.
-Ich dachte, dass so ein erfrischendes Bad vor dem Frühstück uns beiden gut tun wird.- Er schaute mit Vergötterung in ihre kornblumenblauen Augen und schob gleichzeitig die Träger ihres
durchsichtigen Nachthemdchens herunter.
Sie waren seit über vierzig Jahren verheiratet, aber ihre große Liebe verlor kein bisschen von ihrer Intensivität.
Sie haben sich bei einem Konzert in der Philharmonie kennengelernt. Er war damals schon Medizinstudent und sie die Schülerin des Musiklyzeums.
Sie saßen nebeneinander, und er fragte sie, ob er in das Programm schauen dürfte, das sie auf dem Schoß hielt. Er erklärte ihr, dass er es nicht schaffte, sich eines zu kaufen. Sie lächelte ihn an und sagte:
-Bitte sehr.-
Viktor schaute sie wie verzaubert an.
-O Gott! Was für eine Schönheit! Welch schöne Stimme hat sie! -
Sophie hatte lange, blonde Haare, zu einem Pferdeschwanz gebunden, Augen wie Kornblumen, ein kleines gerades Näschen, einen schön geschnittenen Mund und helle delikate Haut.
Während des Konzerts hörte er fast nichts, ständig schaute er sie verstohlen an und wusste schon, dass er verloren war. Das Orchester spielte eine Beethovensymphonie, und in seinen Ohren klang ständig nur ihre Stimme. Sie hörte so konzentriert zu, dass sie nicht bemerkte, wie er sie anglotzte. Als sie aus dem Saal gingen, begann er mit ihr ein Gespräch. Es hat sich herausgestellt, dass sie in demselben Stadtteil wohnten. Es war Mai, der Monat der Verliebten. Sie gingen zu Fuß durch die Stadt. Er brachte sie bis zu ihrem Haus.
-Das ganze Haus gehört euch?- fragte er mit Unglauben.
-Das Haus gehörte früher meinen Großeltern, aber jetzt wohnt hier
fremde Leute, und wir haben nur zwei Zimmer,- und als sie seine verwunderte Mine sah, sagte sie noch,- man hat uns Mitbewohner zugeteilt.-
-Oh je, das ist ja furchtbar!- Er war irgendwie verlegen und wollte das Thema wechseln.
-Entschuldigung, ich habe vergessen mich vorzustellen, mein Name ist Viktor.- lächelte er.
-Und ich bin Sophie.-
-Sophie, wann werde ich dich wiedersehen?-
-Viktor,- sie schaute ihn neckisch an,- morgen.-
Seit dieser Zeit waren sie unzertrennlich.
Sophie stammte aus einer aristokratischen Familie, die vor dem Krieg große Ländereien und ein Schlösschen, unweit von Warschau, besaß. Während des Krieges flohen die Einwohner des Schlösschens vor der anrückenden russischen Armee. Die Frauen beteten die ganzen Nächte, zitternd aus Angst vor dem Allerschlimmsten. Eine von ihnen, eine alte Jungfer, bat den Herrgott, dass, musste es schon geschehen, es wenigstens ein schöner junger sein sollte. Alle wussten, was die Sowjets mit den Frauen und den Leuten mit weißen Händen getrieben haben. Die Soldaten quartierten sich zuerst in dem Schlösschen ein, demolierten alles, verbrannten antike Möbel, um sich am Feuer zu wärmen und später, als sie weiter zogen, haben sie alles angesteckt. Alles war verbrannt, es blieb nur Asche und Schutt.
Zum Glück wurde ihr großes Haus in Warschau nicht zerstört. Die Eltern von Sophie hatten so ein Dach über dem Kopf. Von der ganzen Familie überlebten nur sie den Krieg.
Die Ländereien wurden ihnen vom Staat weggenommen. Der Vater von Sophie hatte eine höhere ökonomische Ausbildung. Er begann nach Arbeit zu suchen, was sich als sehr schwierig herausstellte. Überall behandelte man ihn wegen seiner großherrschaftlichen Abstammung als Volksunterdrücker, man schimpfte ihn Bourgeois. Das tat ihm außerordentlich weh, da er immer gerecht war und gut für seine Leute sorgte. Er begann in eine Depression zu verfallen, fühlte sich verantwortlich für seine Frau und das kleine Töchterchen Sophie, wollte ihnen eine Lebensgrundlage bieten und war machtlos in der neuen Realität. Er begann Familiensilber zu verkaufen, um etwas Geld zum Leben zu haben. Die Mutter von Sophie, die nie gearbeitet hatte, fing an Unterricht in der französischen Sprache zu erteilen und brachte Kindern das Klavierspielen bei. Bald bekam sie als Lehrerin eine Stelle in der Musikschule. Niemand verlangte Zeugnisse von ihr, Dokumente, die damals die Mehrheit der Leute nicht besaß. Manche mussten sich sogar neue Geburtsurkunden ausstellen lassen, da alles verbrannt war. Nach nicht langer Zeit wollte es der Zufall, dass der Vater von Sophie Arbeit als Hauptbuchhalter in einem großen Industriebetrieb bekam. Es half ihm der Direktor des Betriebes dabei, der in das benachbarte Haus eingezogen war. Die Herren sprachen oft miteinander im Garten über den Zaun, und so begann ihre Bekanntschaft.
Jetzt reichte ihnen das Geld schon zum Leben. Sie wohnten in zwei Zimmern, denn den Rest des Hauses vereinnahmten die ihnen zugeteilten Bürger. Küche und Bad wurden gemeinsam benutzt. Sie litten sehr, als sie sahen, wie die fremden Menschen schonungslos mit allem im Haus umgingen, und wie alles langsam zerstört wurde. Ihr größtes Glück war das Töchterchen, das als ungeplantes Kind während des Krieges, unter schwersten Bedingungen, auf die Welt kam. Mit der Zeit wuchs sie zu einem wunderschönen Mädchen heran, nach dem die Jungen sich umdrehten. Sie schenkte dem keine Aufmerksamkeit. In der Schule und auf der Straße wurde sie von den Gleichaltrigen, die von ihrer aristokratischen Abstammung wussten, Fräulein