Ein Pfeil ist nur frei, wenn er fliegt. Frans Diether

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Ein Pfeil ist nur frei, wenn er fliegt - Frans Diether

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Auch für ihn gab sie ihren Widerstand auf, vorläufig.

      "Ihr dachtet wohl, es merkt keiner, dachtet wohl, ihr könntet Vater hintergehen." Tammo spuckte auf den Boden, direkt neben Kaya.

      "Ihr werdet lernen, was es heißt, sich gegen den älteren Bruder aufzulehnen. Gott wird euch zeigen, dass man ihn nicht ungestraft verleugnet. Und ich bin sein Werkzeug." Tammos Augen wanderten von Kaya zu Gis und zurück. Er genoss ihre Hilflosigkeit. Was schlich sich der Sachsenbastard auch in ihr Leben. Schuldig ist der Kerl, schuldig am Tode des Vaters, schuldig an der falschen Entscheidung des Ziehvaters. Fast hätte er Tammos Erbe geraubt. Doch daraus wurde nichts. Brennende Genugtuung erfüllte Tammos Seele, wuchs beim Anblick der gedemütigten Schwester, die sich so schändlich ihm gegenüber vergangen hatte, ihn erpresste mit einem Geheimnis, das sie nie hätte erfahren dürfen. Seine Rache war noch nicht zu Ende, sie fing erst an.

      "Mach Feuer", befahl er Uugaar. Alles schien abgesprochen. Kaya verstand, ihre Brüder nutzen dies eine Mal das Fest nicht, sich zu betrinken, lauerten die ganze Zeit, ihr eine Falle zu stellen, beobachteten offenbar, wohin es sie zog. Alles ging viel zu schnell, als dass eine spontane Idee dahinter stecken konnte. Alles war zu gut vorbereitet.

      "Hast du kein Mitleid?", fragte Kaya Aalgaar, der sie noch immer im festen Griff hielt.

      "Maul halten", fauchte der Bruder sie an. Er befolgte nur Tammos Befehle, fühlte sich selbst unsicher, wollte diese Schwäche jedoch keinesfalls zeigen. Inzwischen flackerte das Feuer hell. Die züngelnden Flammen versprachen nichts Gutes. Gis konnte seinen Blick nicht von ihnen wenden. Was werden sie uns antun, fragte er sich die ganze Zeit und beschwor sich, alles auszuhalten, um zumindest Kayas Leben zu retten. Er musste nicht allzu lang in Ungewissheit verbleiben. Kaum dass Uugaar das Feuer kräftig entfacht hatte, zog Tammo ein Brandeisen hervor. Kalt und schwarz und bedrohlich sah es aus. Er hielt es direkt vor Gis Gesicht.

      "Erkennst du das Zeichen?", fragte er höhnisch. Gis erkannte es sofort. Es war das Zeichen des Odas-Hofes. Er zuckte zusammen, als Tammo das noch kalte Eisen gegen seine Brust drückte. Er wird es nicht tun, sagte Gis immer wieder zu sich selbst, sagte es auch noch, als das Eisen bereits im Feuer lag, als es bereits glühte, als Tammo es erneut nahm und ihm unter die Nase hielt.

      "Du kamst gezeichnet zu uns, gezeichnet sollst du uns verlassen."

      Ein markerschütternder Schrei folgte Tammos Worten. Er hatte es getan, hatte das glühende Eisen fest auf Gis nackte Brust gepresst. Dampf stieg auf. Es roch nach verbranntem Fleisch. Kaya stieß ihren Kopf in Aalgaars Flanke, brachte ihn fast zu Fall, aber nur fast. Er hielt sich noch eben auf den Beinen und die Schwester anschließend in noch festerem Griff.

      "Willst du auch?", fragte Tammo in Kayas Richtung. Und zum ersten Mal sah er Demut in ihren Augen, als sie langsam den Kopf schüttelnd ein "Nein" hauchte.

      "Das nenn ich Bekehrung." Tammo schien über Kayas Reaktion ziemlich erfreut.

      "Du wirst es nicht bereuen, deine Schönheit erhalten zu haben. Tahnker soll dich ja nicht verstoßen. Doch zuvor verstoßen wir den Bastard."

      Wieder schien alles abgesprochen, als Uugaar ohne weitere Worte des Bruders Gis Pferd herbeiführte.

      "Jeder wird glauben, er ist abgehauen", lachte Tammo, ging, das noch glühende Eisen in der Hand haltend, zu Alitiksok und brannte das Zeichen über das des Herzogs.

      „Sollst jedermann als gestohlen auffallen. Keiner wird dich kaufen, so sehr dein Herr auch darum bittet“, sagte er dabei. Dann wendete er sich an seine Brüder.

      "Legt ihm den Schurz an“, befahl er ihnen.

      „Soll gehen, wie er kam, fast nackt und gezeichnet. Und du", Tammo drehte sich in Kayas Richtung, "wirst über alles schweigen, wenn dir sein Leben lieb ist. Mit unserem Zeichen wird man ihn im ganzen Lande finden und als den Sachsenmörder erkennen. Ich muss nur den Herzog informieren."

      "Das wirst du nicht tun. Und gib ihm seine Kleider. Dann kannst du alles von mir verlangen."

      "Nun gut, liebes Schwesterlein, diesen Preis bin ich bereit zu zahlen", beantwortete Tammo Kayas Bitte. Er schien auch darauf vorbereitet, musste das Bündel nur aus einem Gebüsch ziehen. Alles ist durchdacht, verstanden Gis und Kaya gleichzeitig. Der Junge ist weg, sein Pferd ist weg, seine neuen Kleider sind weg. Der ist abgehauen, würde für alle feststehen. Sie würden anfangs über den Grund rätseln, sich vermutlich erinnern Gis und Kaya in trauter Einheit gesehen zu haben, verschmähte Liebe annehmen und Gis Reaktion verstehen. Und wahrscheinlich wären viele, fast alle, froh über diese Wendung, alle bis auf Frysunth. Doch auch Frysunth würde die Wahrheit nicht erfahren, von wem auch. Gis durfte nie wieder auftauchen, wollte er Kaya nicht gefährden. Kaya musste schweigen, wollte sie Gis nicht gefährden. So stieg Gis auf sein Pferd, die Hände noch immer gebunden. Vor ihm verschnürten sie seine Kleider, unter Alitiksoks Bauch seine Füße. Die festen Stricke schnitten schmerzhaft in sein Fleisch. Schmerzhafter brannte die Wunde auf seiner Brust. Er nahm das alles nicht wahr. Der Schmerz seines Herzens war so viel stärker. Tammo gab Alitiksok einen Schlag. Die Stute galoppierte los, nahm Gis mit sich und ließ Kaya verzweifelt zurück.

      "Wir sehen uns …", weiter kam sie nicht. Tammo drückte einen hölzernen Knebel in den Mund der Schwester, ließ sie nicht aussprechen, was sie Gis so gern mit auf den Weg gegeben hätte. So vieles gab es zu sagen. Sie würde ihn finden, egal wohin es ihn auch verschlüge. Sie wollte ihm das nachrufen. Doch sie konnte nur noch erstickte Töne hervorbringen, während Tammo sie vorwärts in Richtung des Dorfes stieß.

      "Wir bringen dich zu dem, dem du versprochen bist", sagte er, während er Kaya zu Tahnkers Hütte stieß.

      "Wird der kleinen Hure bestimmt Spaß machen, wenn sich ihr zukünftiger Herr bereits vor der Hochzeit mit ihr vergnügt. Doch ich will sicher sein, dass sie sich fügt", sprach er seinen Brüdern zugewandt weiter.

      Kaum in Tahnkers Hütte angekommen, warf Tammo die Schwester auf das mit Fellen bedeckte Podest, welches dem Hausherrn als Schlafstatt diente. Er rechnete dabei nicht mit Kayas Kampfeswillen. Trotz gefesselter Hände richtete sie sich wieder auf, rammte ihren Kopf in seine Weichteile, ließ schrecklichen Schmerz durch seinen Körper rasen. Doch auch Tammo war kräftig und im Kampf geübt. Sein Faustschlag, ein unkontrollierter Reflex, antrainiert in vielen Auseinandersetzungen mit anderen Halbstarken, streckte Kaya nieder. Als sie wieder erwachte, waren ihre Hände und Füße an den Bettpfosten festgebunden. Sie konnte sich mühen, wie sie wollte. Es gab kein Entrinnen, auch dann nicht, als Aalgaar und Uugaar Tahnker herbeischleppten, der viel mehr als üblich getrunken, seinen Verstand weitgehend verloren hatte. Er wusste nicht so recht, was er von der Szene halten sollte, kapierte nicht, warum Kaya nackt auf seinem Bett lag, reagierte unterbewusst, animalisch, von Kayas Brüdern bedrängt.

      "Siehst du nicht, wie sie dich will?"

      "Weißt du nicht, wie ein Mann eine läufige Frau nehmen muss?"

      "Nun zieh schon die Hose aus, bevor dein Stecken bricht."

      Aalgaar, Uugaar und Tammo sprachen nacheinander auf Tahnker ein, bis er mit heruntergelassener Hose zu Kaya stieg und den Akt vollzog, den man offensichtlich von ihm erwartete. Kaya konnte nur schluchzen, war dem schändlichen Treiben ausgeliefert, sagte sich immer wieder, dass das nicht Tahnker sei, der sie solchermaßen demütigte, dass er nicht Herr seiner Sinne, dass alles das schändliche Werk ihrer Brüder sei. Und sie wusste, es würde eines Tages Sühne geben. Sie würde warten, nicht eilen, aber auch niemals vergessen. Tahnker war in alle Ewigkeit an sie gebunden. Er hatte ihr Gewalt angetan. Sobald er wieder denken, sein begangenes Unrecht erkennen könnte, wäre er ihr Sklave. Die Brüder hingegen mochten augenblicklich frohlocken. Ihrer Strafe könnten sie nicht

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